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Jobberatung: "Wie kriege ich mehr Kreativität in mein Leben?"

Katrin Wilkens berät Mütter beim Wiedereinstieg nach der Babypause. Jede Woche berichtet sie bei BRIGITTE.de über Fragestellungen aus ihrer Praxis.
Katrin Wilkens
Katrin Wilkens (45) studierte Rhetorik und arbeitete als Trainerin in der Weiterbildung. Seit 2000 schreibt sie als freie Journalistin u.a. für Spiegel, Zeit, FA und Nido. Worin sie wirklich gut ist: Wichtige und weniger wichtige Persönlichkeiten portraitieren, dass sie vor Glück heulen. Oder vor Wut. Kombinieren. Dinge auf den Punkt bringen. In Menschen reinschauen. Besonderheiten entdecken. Mit ihrer Agentur "i.do" (was japanisch ist und so viel bedeutet wie "Veränderung", "Reise") berät die dreifache Mutter Frauen beim Wiedereinstieg - und verspricht: "Am Ende haben Sie eine Antwort: den maßgeschneiderten Job."
© Marianne Moosherr

Gerda fragt: "Wie wird mein Berufsleben bunter?"

"Ich bin 43 Jahre alt und arbeite als verbeamtete Lehrerin in einer Blindenschule. Die Arbeit mit behinderten Kindern bereitet mir Freude und Erfüllung.

Trotzdem frage ich mich seit einiger Zeit, ob das schon alles gewesen ist. Muss ein Job nicht noch viel mehr können, als Sicherheit und Befriedigung zu bieten?

In meiner Vorstellung gehören Abwechslung, Leidenschaft und auch eine Prise Verrücktheit unbedingt dazu. Ich könnte auch sagen: Ich will mehr Kunst in meinem Leben. Zu meinen Leidenschaften gehören die Fotografie und die Seifenherstellung auf veganer Basis. Ich könnte mir übrigens auch eine Selbständigkeit vorstellen.

Ich habe zwei Kinder und bin immer noch sehr glücklich mit meinem Mann verheiratet. Er hält mir viel den Rücken frei."

Gerda aus Berlin

Liebe Gerda,

Dann halten Sie ihn gut fest, den Mann. Wenn er jetzt noch einmal als Metapher herhalten darf: Wäre Ihr Job ein Kerl, würden Sie sich mit nichts weniger zufrieden geben als mit George Clooney, oder?

In der Realität lieben Sie aber Ihren Mann und verzeihen ihm (dafür, dass er sich so großartig um die Kinder kümmert), dass er vielleicht schlecht Müll trennt, Elternabende schwänzt oder sich mit den Gedichten von Böll nicht so gut auskennt.

Mit unseren Jobs ist es manchmal ähnlich: Wir müssen nicht alle Erwartungen in ihn reinpressen. Es reicht, wenn er okay ist.

Den Rest holen Sie sich in kleinen, aber feinen Zusatzaktivitäten: Vielleicht machen Sie tatsächlich Seifen, die Sie ästhetisch ansprechend verpacken und geben sie an ortsnahe Kosmetiker oder Wellness-Oasen? (Eine ganz dumme Frage: Kann man eigentlich auch Seife mit Sehbehinderten machen? Ließe sich das in Ihren Unterricht integrieren? Und wie müssten die Gerüche sein, damit diese Arbeit zu einem Erlebnis für beide Seiten wird?)

Wenn die finanzielle Seite bei Ihnen abgeklärt ist, d.h., wenn Sie damit klarkommen, dass Sie jetzt und später in der Rente weniger Geld haben, deutlich weniger (Beamte = Pension, Freiberufler = selbst verantwortlich für die Rente), dann kann man über eine Weiterbildung zur Kunsttherapeutin nachdenken.

Wenn das immer noch nicht genug „Kunst“ ist, dann gibt es neuerdings auch die Ausbildung zum Sozialkünstler, die sogar von der Agentur für Arbeit gefördert wird. Hier wird versucht, Kunst als Arbeitsressource einzuführen. Die Ausbildung liest sich super, die Jobaussichten werden es deutlich weniger sein, was nicht heißt, dass Sie es nicht versuchen könnten. Sie könnten dann in gemeinnützigen Sozial-und-Kunst-Projekten daran arbeiten, Flüchtlinge, Langzeitarbeitslose oder Alte in ein Sozialleben zu integrieren, das nicht nur würdig, sondern auch inspirierend ist. Auch in der Wirtschafts- und Organisationsentwicklung braucht man ab und an solche Quereinsteiger, wie Sie es dann wären. Aber lange Nerven, um dahin zu kommen, braucht es eben auch.

Wenn Sie von Ihrer bisherigen Arbeit deutlich genervt sind und erst dann: Wagen Sie den Sprung! Ansonsten denken Sie lieber an den Durchschnittsmann und die Durchschnittsfrau mit einem Durchschnittsjob. Die müssen dafür nicht überdurchschnittlich besorgt sein.

Kunst ist eher eine Lebensweise als eine Jobbeschreibung, und also kann es auch Künstler im Katasteramt geben – und mancher Künstler wird es trotz großen Erfolgs nie sein. Nicht wahr, Herr Koons?

Katrin Wilkens, i.do

Weitere Infos zum Wiederseinstieg nach der Babypause unter www.i-do-hamburg.de

Hier könnt ihr Katrin Wilkens Fragen stellen!

Du bist auch gerade mit dem Wiedereinstieg in den Job beschäftigt? Dann kannst du Katrin Wilkens per Email deine persönliche Problematik schildern. Bei BRIGITTE.de wird sie ausgewählte Fragen beantworten.

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