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Arbeiten im Ausland: Vorsicht, Fettnäpfchen!

Wann schenken sich Amerikaner Gummibäume? Wie spricht man mit einem Italiener über Tom Cruise? Wie bewirtet man indische Kollegen? Wer im Ausland lebt und arbeitet, muss eine Menge Fettnäpfchen umschiffen.

BRIGITTE-Bloggerinnen erzählen hier die skurrilsten und peinlichsten Momente, die sie bei der Arbeit in ihren neuen Heimatländern rund um den Globus erlebt haben - oder Marotten der Einheimischen, an die sie sich erst gewöhnen mussten.

USA: Ein Gummibaum für eine besondere Gelegenheit

Eines Tages kam ich zum Beispiel von der Mittagspause zurück ins Büro und sah einen riesigen Gummibaum mit roter Schleife auf dem Schreibtisch meiner Vorgesetzten. Wir betreuten zusammen die Teilzeit-Mitarbeiter im Korrektorat, und während ich weg gewesen war, hatte die Nachmittagsschicht angefangen. "Was machst du mit dem Gummibaum, A.?" fragte ich meine Vorgesetzte amüsiert, und sie zeigte auf eine der Korrektorinnen und erklärte flüsternd: "Er ist für P." - "Oh, wie schön," freute ich mich. "Was ist der Anlass, P.? Hast du Geburtstag?" - "Nein," flüsterte A., während P. zu meinem Schreck anfing zu weinen, "P.s Mutter ist gestern gestorben." So erfuhr ich, dass Zimmerpflanzen in den USA oft bei Traueranlässen verschenkt werden...was ich so schnell sicher nicht mehr vergessen werde.

Eine zweite Geschichte stammt noch von meiner ersten Stelle in den USA im Büro einer Stahlgießerei. Mein Büro war in einer der Fertigungshallen, und außer mir saßen dort meine Vorgesetzte und der erste Schichtleiter. Manchmal bekamen wir Anrufe für einzelne Arbeiter, und dann mussten wir Helm und Schutzbrille aufsetzen und in die Fertigung stiefeln, um sie zu holen. Eine Zeitlang gab es zwei Arbeiter in der ersten Schicht, deren Frauen oft anriefen und die genau den gleichen Namen hatten - sagen wir Jim Johnson. Jemanden in der riesigen Halle zu finden konnte 10 Minuten dauern, also mussten wir fragen, welcher Jim gemeint war. Das hätte man eigentlich sehr schnell klären können - einer war nämlich schwarz und der andere weiß. Doch der Haken bei der Sache: Wir durften ihre Hautfarbe nicht erwähnen. Rasse ist in den USA immer noch ein schwieriges Thema, also hielt unsere Firma es für die beste Lösung, so zu tun, als ob wir den Unterschied gar nicht bemerkten.

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Das führte zu einigen absurden Situationen, in denen wir z.B. fragten: "Jim der Kranführer oder Jim am Fertigungsband?" oder "Der große Jim oder der mittelgroße Jim?" (Dabei war der eine nur unwesentlich größer als der andere, und ihre Frauen hatten vermutlich nicht die geringste Ahnung, wo genau sie arbeiteten...) Zum Glück kamen sie schnell dahinter, was unser Problem war, und halfen uns ab dann, indem sie uns unterbrachen: "Der schwarze Jim."

Daniela Bone (30) bloggt aus Kansas City im Mittleren Westen der USA. Was sie dort erlebt, lesen Sie hier.

Korea: Der richtige Umgang mit Visitenkarten

In Korea ist der Austausch von Visitenkarten ein wichtiger Teil der Arbeitskultur. Eigentlich nicht nur der Arbeitskultur - denn fast jeder Koreaner scheint Visitenkarten zu besitzen. Selbst Studenten lassen sich oft Visitenkarten mit dem Emblem ihrer Universität drucken und schreiben dann "Student der Geologie" oder "Doktorandin der Anglistik" unter ihre Namen. Für Ausländer sind Visitenkarten durchaus praktisch. In Korea sind die Familiennamen Kim, Park oder Lee so häufig, dass man manchmal die zahlreichen Miss Kims oder Mr. Parks, die man kennt, einfach durcheinander bringt. In diesen Fällen können Visitenkarten als Gedankenstützen dienen.

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Für das Annehmen der Visitenkarten gibt es bestimmte Regeln. Bekommt man eine Visitenkarten überreicht, wenn man an einem Tisch sitzt, sollte man die Visitenkarte neben sich auf den Tisch legen, interessiert studieren und erst später, wenn man auch alle anderen Papiere wegpackt, in die Tasche stecken. Bekommt man eine Visitenkarte im Stehen überreicht, sollte man sie eingehend betrachten und dann in die Akten- oder Handtasche stecken. Am besten schafft man sich einen Visitenkartenhalter an. So behält man die Übersicht und signalisiert seinem Gegenüber: "Ich hebe alle Visitenkarten auf und werde Sie bei Bedarf kontaktieren."

Keinesfalls sollte man eine Visitenkarte behandeln wie ich es kurz nach meiner Ankunft in Korea tat. Ein älterer Herr überreichte mir seine Visitenkarte. Meine Handtasche war gerade außer Reichweite. Also steckte ich die Visitenkarte leger in die Gesäßtasche meiner Jeans. Der ältere Herr sah mich etwas pikiert an und mir dämmerte schon, dass mir gerade offenbar ein Fauxpas unterlaufen war. Später wurde mir erklärt, wie mein Verhalten vermutlich interpretiert wurde. Wenn man eine Visitenkarte in die Gesäßtasche steckt, bedeutet das: "Ich scheiß auf Dich."

Ich hoffe, der ältere Herr hat mir inzwischen vergeben...

Vera Hohleiter (28) lebt in Seoul. Über ihren Alltag in Südkorea berichtet sie hier.

Indien: Mäkelige Kollegen

Das gemeinsame Essen ist auch im Büro ein wichtiger Bestandteil des Tages. Gerade in Zeiten von Festivals bringt ständig jemand etwas mit, natürlich "home-made", was gerne und oft betont wird.

Ich wollte mich gerne beteiligen - also brachte ich Gummibärchen und Lakritze mit aus meinem Deutschland-Vorrat. Ich hatte ehrlich gesagt nicht mit dem Misstrauen gerechnet. Ist das "veg" oder "non-veg"? Was ist genau drin? Resultat: Keiner hat es gegessen. Zusätzlich habe ich zwei Jains im Team, die sowieso kaum was essen, was normal Sterbliche essen. Dann brachte ich Bananenchips mit, denn die hatte ich zufällig gesehen und auch schon einen Kollegen essen sehen. Als ich diese beim ersten Snack gegen 10:30 Uhr anbot, sagte man mir, Chips esse man erst ab 16:00 Uhr. Also zog ich wieder ab. Bis 16:00 Uhr hatte ich dann alle selbst gegessen. Das nächste Mal hatte ich Obst dabei - da hieß es, Äpfel und Bananen essen wir nur, wenn wir krank sind. Mittlerweile habe ich meinen Platz auf der Speisekarte gefunden. Nach dem Mittagessen gegen 13:30 Uhr bin ich offizielle und bekannte Anlaufstelle für Kaugummis (ohne Zucker versteht sich).

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Bis ich wirklich etwas in der Buchhaltung zu tun hatte, dauerte es. Schliesslich allerdings wurde ich in einem Affenzahn in die Computersysteme eingewiesen. Ich bin mir zu 300 Prozent sicher, dass es so auch oder gerade kein Inder verstanden hätte. Trotzdem habe ich mir, wie ich finde, gute Notizen gemacht, und wartete auf die ersten Aufträge. Als ich dann eine Frage hatte, haben sich alle lustig gemacht und der, der es mir gezeigt hat, hat ständig bemerkt: "I have told you!". Danke! Man darf das nicht zu sehr an sich heran lassen. Schließlich ist man ja nicht bescheuert. Auch untereinander wird gerne auf Fehlern von und vor anderen rumgehackt. Ich bin immer wieder erstaunt, wie sich Kollegen so behandeln lassen und dann weiter arbeiten, als wäre nichts gewesen. Es hilft auch übrigens niemand, wenn mal wieder jemand lautstark zur Schnecke gemacht wird. Ich werde das weiter beobachten.

Alexandra Asche (28) verbringt sechs Monate in Bombay. Hier lesen Sie, was sie dort erlebt.

Italien: Wer ist Tom Kruus?

In Italien ist es ja noch immer so, dass viele, auch junge und studierte Menschen, nicht wirklich gut Englisch können und vor allen Dingen, selbst wenn sie die Sprache irgendwie beherrschen, haben sie meist einen sehr italienisch klingenden Akzent. In den ersten Jahren (und eigentlich immer noch!) passierte es mir immer wieder, dass ich irgendwelche englischen Wörter oder Namen sagte und mich die Leute nicht verstanden.

Ein sehr klassisches Beispiel ist da Tom Cruise. Das Wort, was ich sage, klingt etwa so: Kruus (ich meine, ich spreche es einfach korrekt englisch aus). Was der Durchschnittsitaliener sagt, klingt eher so: Krrruiise (also gerolltes "r", das "i" wird betont). Und von diesen Beispielen gibt es noch einen Haufen mehr. Der Gipfel ist, dass sie es nicht bloß falsch aussprechen, mich nicht verstehen, sondern sie lachen mich dann auch noch aus!

Man stelle sich vor, ich habe einige englische und amerikanische Freunde hier, die allesamt sofort dazu übergegangen sind, ihre Namen und eben alles, was sie eigentlich perfekt englisch aussprechen könnten, auf die italienische Art sagen, weil sie keine Lust mehr haben, nicht verstanden oder eben ausgelacht zu werden.

Mir ist das egal, ich bringe es einfach nicht über die Lippen, Krrruise oder anstatt "Wurst" dieses Antiwort "Wuster" zu sagen.

Tania Concialdi ist zwar selbst Italienerin. In ihrem Blog aus Mailand wundert sie sich trotzdem manchmal über die Eigenarten ihrer Landsleute.

Spanien: Behördenpost? Nicht wichtig!

Ein Brief vom Ministerium für Arbeit kommt ins Haus geflattert. Eine Frage zu meiner Gewerbeanmeldung mit einem Rücksendeumschlag "Porto zahlt Empfänger".

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Der junge Postbeamte sieht mich verwundert an, als ich mit diesem Brief einen Tag später im Postamt stehe. Er möchte mir gerne eine Briefmarke dafür verkaufen. Nachdem ich ihn aufkläre, wie ich das sehe, schlägt er mir vor, den Brief SELBST beim Ministerium für Arbeit einzuwerfen. Seine zweite Idee, nachdem ich die erste nicht annehmen möchte, ist, den Brief zu entsorgen, da das Schreiben ja eh nicht wichtig sei.

Nachdem ich weiterhin auf den Versand bestehe, fragt er sein Kollegin, die bestätigt, dass der Brief so ok ist, nichts kostet und von der Post befördert werden kann - allerdings können die Beamten ihn nicht im Postamt entgegennehmen, ich müsse ihn von außen in den Briefkasten werfen, dessen Inhalt einige Meter hinter ihnen in einen Korb fällt. Gesagt, getan und immer in bester Hoffnung, dass auch dieses Mal alles gut geht, bevorzuge ich ab heute gleich den Postkasten. Der hält so schön die Klappe.

Karin Tauer lebt als freie Illustratorin auf Teneriffa. Über ihren Alltag schreibt sie regelmäßig in ihrem Blog.

China: Deutschprüfung auf Englisch

Fettnäpfchen begegnen einem Ausländer in China an jeder Straßenecke. Auch haben sie immer etwas mit Gesichtsverlust zu tun. Ein Tipp diesbezüglich: Gewöhnen Sie sich lieber gleich an, ohne Gesicht auszukommen. Allein durch das Bemühen, es zu behalten, verlieren Sie es schon.

Einmal tappte ich so richtig schön mitten rein, meinend, doch alles richtig gemacht zu haben. Es begann so: Einer meiner Studenten trat zur mündlichen Deutschprüfung an. Ich unterrichtete an einer Universität, die durchaus stolz war auf ihr hohes Niveau. Diese Prüfung war mitentscheidend über das Weiterkommen der Studenten, die ein Jahr kompakt Deutsch studierten, um sich dann um ein Studium in Deutschland zu bewerben.

Besagter Student betrat also den Prüfungsraum und setzte sich mir gegenüber. Es war ein Anfängerkurs, so dass die Fragen in der Regel als banal zu bezeichnen sind. Wie heißen Sie? Wie alt sind Sie? Woher kommen Sie? Erzählen Sie mir von Ihrer Familie? Was sehen Sie auf diesem Bild? Nach der ersten Frage bekam ich jedoch eine Gegenfrage: "Can we do the test in English? – German is so difficult."

Sie können sich vorstellen, dass mir erst einmal die Kinnlade runterklappte. Meine knappe Antwort "Nein" schien den Studenten ziemlich zu erschüttern. Nach ein paar Fragen gab ich dann auch auf und schickte ihn raus. Durchgefallen. Mit Pauken und Trompeten. Im Anschluss an dem Prüfungstag fragte mich die Lehrstuhlbeauftragte nach den Ergebnissen und meinen Eindrücken. Und da habe ich dann meine Fassungslosigkeit ob dieses Studenten und der schlechten Leistung einiger anderer ohne Zögern und mit einiger Empörung von mir gegeben. Mir fiel erst später auf, dass mein Gegenüber kaum etwas erwiderte und ständig entschuldigende Gesten machte.

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Sie hatte nun nämlich, wie ich in der Retrospektive sah, zwei Probleme. Zum einen zahlen die Eltern der Studenten sehr hohe Studiengebühren, von denen man scheinbar auch erwartet, dass diese garantieren, dass der Spross durch die Uni kommt (egal ob er lernt oder nicht). Wie also erklärt die Uni das Scheitern? Und zum anderen war es für den Lehrstuhl sehr peinlich, dass man mir so einen schlechten Studenten zugemutet hatte. Dieser - beziehungsweise mein offenes Ansprechen seines Tuns - hatte dem Ansehen des Lehrstuhls, der Uni, ja dem ganzen chinesischen Volk einen Gesichtsverlust beigebracht. Eine höchstpeinliche Situation – die ich erst einmal als solche nicht erkannte.

Ich hätte vermutlich anders reagieren müssen. In China gibt es immer einen Weg – doch bei mir ging gar nichts. Ich hatte meine westlich geprägten Normen im Kopf und damit basta.

Wenn Sie mich fragen, wie ich es heute machen würde - ganz ehrlich: Ich vermute, genau so wieder. Es gibt Dinge, da sind die Fettnäpfchen einfach eine Frage der Wertestruktur. Und an manchen Werten kann man einfach nicht rütteln, auch wenn man damit einmal mehr aus dem Rahmen fällt.

Heike Schubeck (39) hat drei Jahre in Shanghai gelebt. Derzeit wohnt sie in München, plant aber für 2009 den Umzug nach Singapur. In ihrem Blog berichtet sie über ihr Leben zwischen Asien und Deutschland.

Frankreich: Wie viele Küsschen sind korrekt?

Am meisten reibe ich mich bei all meinen Arbeitssituationen am Umgang mit Zeit und Verbindlichkeit. Pünktlich ist hier niemand, wenn ihnen jemand verspricht, sie freitags mittags um drei anzurufen, kann das heißen, er ruft vielleicht gegen drei an, oder gegen vier, oder auch gar nicht. Verlassen kann ich mich darauf nicht. Wenn ich etwas bestelle, wird mir großartig der Liefertermin zugesichert, aber dann kommt es doch nicht, sondern es wird ohne Begründung am Tag darauf nachmittags geliefert, obwohl ich ausdrücklich gesagt habe, dass wir dann geschlossen haben. Dann gibt es die Möglichkeit, dass der Lieferant das Paket einfach ungesichert vor die Tür stellt, es irgendwo abgibt, aber keine Nachricht hinterlässt wo, oder er nimmt es wieder mit und liefert es, wenn er das nächste Mal in der Gegend ist. Im Paket ist nicht unbedingt das, was ich bestellt habe, oder es fehlt ein Teil oder es nicht die richtige Anzahl oder Größe... Ich habe gelernt, das hinzunehmen. Verstehen kann ich es nicht immer.

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Es gab auch öfters Missverständnisse, weil ich manchmal zu viel und manchmal zu wenig "bisous" verteilte. Mancher Mann klebte mir lang und hartnäckig an den Hacken, weil er meine Küsse missverstand. Einmal küsste ich eine völlig fremde Familie durch, weil ich dachte, sie gehörte zur Familie des Hofes, den wir besuchten. Danach hab ich eine Weile niemanden mehr geküsst, das war dann aber auch unhöflich.

Christiane Dreher betreibt mit ihrem Mann einen Gasthof in Südfrankreich. Von ihrem Alltag berichtet sie hier.

Singapur: Respekt vor dem Alter

Was ich in Singapur sehr interessant finde, ist die Tatsache, dass älteren Menschen generell sehr viel Respekt entgegengebracht wird. Das ist im Grunde natürlich eine schöne Haltung, im Geschäftsleben kann sie allerdings dazu führen, dass kein wirklicher Meinungsaustausch stattfindet.

Neulich habe ich an einem Meeting teilgenommen, bei dem hauptsächlich hochrangige Vertreter von mehr oder weniger staatlich geführten Unternehmen anwesend waren. Es ging darum, eine PR-Strategie für einen großen Event zu entwickeln. Eigentlich sollte diese diskutiert werden und anfangs wurden auch durchaus einige Vorschläge gemacht. Sobald sich aber herauskristallisiert hatte, was die beiden ältesten Teilnehmer für Vorstellungen hatten, hat niemand mehr gewagt, wirklich zu widersprechen.

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Besonders jüngere Angestellte haben ohne Wenn und Aber den Vorstellungen der Älteren zugestimmt und eine Diskussion fand höchstens unter den Ältesten und Hochrangigsten statt. Diese waren aber eigentlich nicht die PR-Spezialisten, und habe ich mich die ganze Zeit über gefragt, warum überhaupt eine PR-Agentur engagiert wurde. Für mich war das wirklich interessant zu beobachten, ich muss allerdings zugeben, dass diese klaren Hierarchien für mich manchmal schwierig einzuhalten sind.

Antje Wiechern wohnt in Singapur.Hier bloggt sie für die BRIGITTE.

Ist Ihnen im Ausland schon mal etwas Peinliches passiert? Haben Sie sich schon mal über die Gepflogenheiten in einem fremden Land gewundert? Schreiben Sie einen Kommentar!

Foto: punchstock

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