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"Haus kaufen oder Miete zahlen - was ist günstiger?"

Geldtipp von Helma Sick - aus der Praxis der unabhängigen Finanzberaterin. Diesmal berät sie zum Thema Immobilien: kaufen oder mieten?

Bestimmt haben Sie solche Rechenbeispiele auch schon oft gelesen: Eine Familie, die für eine Wohnung monatlich 1000 Euro zahlt, wird in 30 Jahren - bei einer angenommenen Mietsteigerung von 3 % jährlich - 690 000 Euro an den Vermieter überweisen.

"BRIGITTE" Und dann folgt natürlich gleich der Rat: Zahlen Sie doch die Miete in die eigene Tasche.

"Helma Sick" Für das Geld, das Sie in 30 Jahren einem Vermieter überweisen, können Sie ein Haus mit Garten kaufen, und im Alter sind Sie schuldenfrei, haben also keine Belastungen mehr! Klingt einleuchtend, oder? Also: Auf geht's zum Immobilienkauf!? Ja, wenn das alles so einfach wäre! Richtig an dieser Beispielberechnung ist nur, dass die Familie in 30 Jahren rund 690 000 Euro an den Vermieter überweisen wird. Nicht richtig ist allerdings der Schluss, es wäre dann vernünftig und machbar, lieber gleich ein Haus mit Garten zu kaufen, auch wenn man kein Eigenkapital hat.

"BRIGITTE" Wie kann man die Mietzahlungen auf einen Hauskauf umrechnen?

"Helma Sick" Für unser Beispiel - 690 000 Euro Miete in 30 Jahren - müssten Sie jetzt ein Haus oder eine Wohnung für 355 000 Euro finden und dieses ohne Eigenkapital finanzieren. Dann haben Sie bei einem Durchschnittszinssatz von 5,5 % und 1 % Tilgung in 30 Jahren ebenfalls rund 690 000 Euro bezahlt. Aber: Die anfängliche monatliche Zins- und Tilgungsrate beträgt nicht 1000 Euro (die Summe, die Sie als Miete zahlen würden), sondern rund 1900 Euro! Und nach 30 Jahren besteht noch immer eine Immobilien-Restschuld von rund 84 000 Euro. Erst nach weiteren vier Jahren, also nach insgesamt 34 Jahren, wäre das Haus oder die Wohnung wirklich abbezahlt! Mieter haben also bei dieser Rechnung jahrelang eine geringere Belastung als Hausbesitzer. Sie können sparen, ihr Geld gut anlegen und damit Vermögen bilden. Immobilienbesitzer sind dafür nach spätestens 34 Jahren schuldenfrei. Sie "sparen" gezwungenermaßen - ihr Vermögen ist schließlich das eigene Haus.

"BRIGITTE" Welche Kosten muss man beim Kauf einer Immobilie noch berücksichtigen?

"Helma Sick" Was regelmäßig bei diesen Schönrechnereien "vergessen" wird, sind die erheblichen Nebenkosten bei einem Immobilienkauf, die sich - ohne Maklergebühren! - auf rund 5 % des Kaufpreises belaufen. Das wären bei einem Kaufpreis von 355 000 Euro in unserem Rechenbeispiel 17 750 Euro. Und wo bleiben in solchen Berechnungen die Reparatur- und Renovierungskosten für Haus oder Wohnung, die die Eigentümer ja selbst tragen müssen und für die, je nach Zustand des Hauses, teilweise erhebliche Rücklagen gebildet werden müssen? Außerdem: Nicht nur Mieten können steigen. Auch die Kreditzinsen können sich im Lauf der Jahre nach oben bewegen und damit die monatliche Belastung erhöhen.

"BRIGITTE" Kann man überhaupt ein Haus kaufen, wenn man kein Eigenkapital hat?

"Helma Sick" Es dürfte nicht einfach sein, ein Kreditinstitut zu finden, das einen Kredit dieser Höhe ohne Eigenkapital zu marktüblichen Zinsen vergibt. Möglich wäre dies nur, wenn ein krisenfester Arbeitsplatz und ein gutes Einkommen vorhanden sind. Aber: Am ruhigsten schläft man, wenn man eine Immobilie erst kauft, wenn 20 bis 30 % des Kaufpreises (plus Nebenkosten) vorhanden sind. Trotzdem sollten Sie sich nicht entmutigen lassen! Der Traum vom Haus muss nicht begraben werden, wenn Sie jetzt kein Geld haben. Ihr Traum kann durchaus Wirklichkeit werden: Sparen Sie, bilden Sie Eigenkapital, schließen Sie einen Bausparvertrag ab, um sich die zur Zeit niedrigen Zinsen zu sichern. Sprechen Sie mit Ihren Eltern oder vermögenden Verwandten, ob es nicht eine vorzeitige Schenkung oder wenigstens ein zinsloses Darlehen geben könnte. Vielleicht besitzen die Eltern auch eine Immobilie, auf die eine Grundschuld eingetragen werden könnte - zur Sicherheit für die Bank. Das erhöht Ihre Chance auf einen Kredit zu günstigen Konditionen. Dann, aber nur dann, zahlen Sie irgendwann die Miete tatsächlich in die eigene Tasche und sind eine glückliche Immobilienbesitzerin. Sie sehen schon, ich will Ihnen hier auch das Motto meines neuesten Buches ans Herz legen: Träumen ist gut, planen ist besser.

Die unabhängige Finanzexpertin Helma Sick hat ihr BRIGITTE-Buch jetzt neu überarbeitet, erweitert und aktualisiert (z. B. um das Kapitel Abgeltungssteuer). "Wenn ich einmal reich wär" - der Finanzratgeber für Frauen zeigt, dass es richtig Spaß machen kann, in Geldfragen eigene Entscheidungen zu treffen. Helma Sick erklärt mit vielen Beispielen aus ihrer Praxis, was Frauen für ihre Unabhängigkeit und sichere Zukunft wissen sollten. 254 Seiten, 8,95 Euro, Diana-Verlag.

BRIGITTE Heft 07/08

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