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Oklahoma Zwei Frauen wurden als Babys vertauscht – und müssen mehr als 50 Jahre danach ihr Leben neu denken

Zwei Frauen werden als Babys vertauscht: Babyfüße von Zwillingen
Unter welchen Umständen genau die Frauen als Neugeborene vertauscht wurden, kann wohl nicht mehr geklärt werden (Symbolbild)
© Avril Morgan / Shutterstock
Als Tina Ennis mit einem DNA-Test entdeckte, dass sie mit ihrer Mutter gar nicht verwandt ist, war das ein Schock. Später fand sie die leibliche Tochter ihrer Mutter – die Geschichte erschüttert alle drei Frauen.

Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ich in einer anderen Familie aufgewachsen wäre? Und wie wichtig sind eigentlich die biologischen Eltern? Diese Fragen stellen sich Tina Ennis und Jill Lopez. Sie mussten feststellen, dass große Teile ihres Lebens auf einem Fehler basieren, der kurz nach ihrer Geburt passiert ist – sie wurden als Babys vertauscht. Bemerkt haben sie das erst mehr als 50 Jahre später.

Beide wurden am 18. Mai 1964 in einem Krankenhaus im US-Bundesstaat Oklahoma geboren. Was dort passiert ist, wissen sie nicht genau, sie können es sich nur zusammenreimen. Doch beide Frauen, mittlerweile 57 Jahre alt, haben den genetischen Beweis: Ihre leiblichen Eltern sind jeweils die der anderen.

Verwirrende Ergebnisse beim DNA-Test

Alles begann mit einem DNA-Test, berichtet das US-Portal "Daily Beast": Tina Ennis wollte mit Hilfe der auf Ahnenforschung spezialisierten Online-Plattform ancestry.com versuchen, ihren Großvater ausfindig zu machen, der die Familie verlassen hatte, als ihre Mutter noch ein Kind gewesen war. Doch in dem Stammbaum, den die Seite auf Grundlage ihrer genetischen Daten erzeugte, waren keine Personen zu finden, die sie kannte. Stattdessen tauchten viele Menschen mit dem Nachnamen Brister auf – ein Name, der weder ihr noch ihrer Mutter etwas sagte. Noch verwunderlicher: Auch die DNA ihrer Mutter wurde nicht in den Stammbaum von Ennis eingeordnet. Ein klares Zeichen dafür, dass beide nicht biologisch miteinander verwandt sind.

Langsam dämmerte Ennis, was passiert sein könnte – auch wenn sie dieses Szenario zunächst nicht wahrhaben wollte. Nach einiger Suche fand ihre Tochter über das Internet eine Frau aus der Gegend, die am gleichen Tag wie Ennis geboren war, und der Tochter ähnlich sah. Es war Jill Lopez, die Tochter von Joyce and John Brister. Zumindest dachte sie das ihr ganzes Leben lang.

Die Suche nach der biologischen Tochter

Ennis kontaktierte Lopez über Facebook und erzählte ihr von ihrem Verdacht. Auch Lopez machte einen DNA-Test, musste Ennis aber gar nicht erst von ihrem Ergebnis erzählen: Ennis' Mutter hatte bereits eine E-Mail erhalten, dass eine Verwandte von ihr sich auf der Plattform angemeldet hatte. "Mein Herz ist mir in die Hose gerutscht", sagte Tina Ennis "The Daily Beast" über jenen Moment im Jahr 2019. Ihrer Mutter fiel es schwer, die Wahrheit zu akzeptieren, doch als sie Kinderfotos von Jill Lopez – ihrer leiblichen Tochter – sah, war die Sache klar: "Sie sah genauso aus wie ich. Das hat mich fertig gemacht."

Alle drei Frauen müssen ihr Leben jetzt komplett neu denken, auch noch drei Jahre nach der Entdeckung. Wer gehört wirklich zu wem? Zwar hat sich Tina Ennis immer wohl gefühlt bei ihrer Familie: "Ich hatte nie das Gefühl, nicht dazuzugehören." Dennoch macht es sie traurig, ihre leiblichen Eltern nie kennengelernt zu haben – beide sind bereits verstorben. Ihre Mutter ist hin- und hergerissen zwischen Schuldgefühlen, weil sie ihr leibliches Kind verloren hat, und der Angst, ihre Familie könnte auseinanderbrechen: "Ich hatte das Gefühl, meine Tochter und auch meine Enkelkinder zu verlieren."

Frauen verklagen Krankenhaus

Jill Lopez hat ihre biologische Mutter mittlerweile kennengelernt, doch auch sie belastet die Situation. "Ich musste meine Gefühle erst einmal ordnen, denn es ist eine ganze Menge, was man verarbeiten muss", sagte sie "The Daily Beast". "Sie hatte eine Mutter und ich hatte eine Mutter, und jetzt habe ich eine andere Mutter." Von außen sehe alles in Ordnung aus, fasst Ennis zusammen, "aber meiner Meinung nach ist das etwas, was ich niemandem wünschen würde".

Lopez, Ennis und die noch lebende Mutter haben nun eine Klage gegen das Krankenhaus wegen Fahrlässigkeit und fahrlässige Zufügung von seelischem Leid eingereicht. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass geklärt werden kann, was damals wirklich passierte: Alle beteiligten Ärzte sind bereits tot.

Quelle: "The Daily Beast"

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf stern.de.

epp/stern

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