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Wie gefährlich sind Nanoprodukte?

Immer mehr Textilien, Lebensmittel oder Kosmetika enthalten winzigen Nanoteilchen. Jetzt warnt das Umweltbundesamt: Nanoprodukte seien in ihrer Wirkung noch nicht genug erforscht.

Was ist überhaupt Nano?

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Nanoteilchen sind industriell hergestellte winzige Partikel z.B. aus Edelmetallen, Kunst- oder Kohlenstoffen. Ihre Fähigkeiten sind so revolutionär, dass immer mehr Hersteller auf Nano setzen. Ein- und derselbe Stoff kann, auf Nanogröße zerhackt, plötzlich völlig neue Eigenschaften aufweisen – zum Beispiel leitfähig werden, die Farbe ändern, sich verflüssigen oder als Katalysator wirken. Je kleiner die Teilchen, desto mehr Oberfläche hat ein Stoff, und desto reaktionsfähiger, womöglich aber auch giftiger ist er.

Wo ist überall "Nano" drin?

Wie viele Produkte heute bereits Nanoteilchen enthalten, weiß niemand genau. Wahrscheinlich sind es schon Tausende, denn allein in Deutschland arbeiten 800 Unternehmen mit Nanotechnik: Darunter Hersteller von Lebensmitteln (zum Beispiel Schokoriegeln), Kosmetik (zum Beispiel Sonnenmilch) Textilien (zum Beispiel Outdoor-Jacken) und Putzmitteln (zum Beispiel Parkettpflegemittel). Auch viele technische Geräte gibt es schon in Nano-Ausführung: Zum Beispiel Bügeleisen, Grillschalen oder Autoreifen. Und die Medizin benutzt Nanotechnik für immer mehr neue Heilmethoden.

Woran erkennt man, dass ein Produkt Nanotechnik enthält?

Leider gibt es bis jetzt keine Kennzeichnungspflicht für Nano-Produkte – das Umweltbundesamt hat diese jetzt gefordert. Bisher sind deshalb nur diejenigen Produkte klar zu erkennen, die direkt damit Werbung machen, dass sie Nanotechnologie verwenden.

Ab 2012 sollen Nano-Kosmetika eindeutig gekennzeichnet werden. Bei Sonnenpflegeprodukten kann man das schon heute erkennen: Wenn auf der Liste mit den Inhaltsstoffen "Titandioxid" oder das englische "Zincoxid" verzeichnet ist, enthalten sie Nanopartikel.

Welche Risiken haben Nanoprodukte?

Die Risiken der Nanotechnologie sind noch nicht ausreichend erforscht, aber eine Reihe von Problemen sind inzwischen bekannt: Nanopartikel aus Metallen, Kohlenstoff oder organischen Verbindungen sind so klein, dass sie beim Einatmen bis in kleinste Lungenbläschen vordringen und dort zu Entzündungen führen können. In verschiedenen Tier- und Zellversuchen haben Nanopartikel schädigende Wirkungen für das Erbgut gezeigt. In einem anderen Versuch drangen die Teilchen bis in das Gehirn von Versuchstieren vor und schädigten es. Und so genannte Fullerene, kugelförmige Kohlenstoffmoleküle, die in Großbritannien Kosmetika beigemischt werden, verursachten im Reagenzglastest das Absterben von Hautzellen.

Wie kann man sich vor diesen Risiken schützen?

Auf jeden Fall sollte man vermeiden, Sprays einzuatmen, die Nanos enthalten, denn die winzigen Partikel sind lungengängig.

Für Kosmetika gilt: Solange die Haut gesund ist, gelangen z.B. Sonnenpflegmittel nicht in den Körper. Das fand Nanoderm heraus, ein von der Europäischen Kommission finanziertes internationales Forschungsprojekt.

Wo die winzigen Partikel fest in Materialien eingebunden sind, etwa in Lacken, ist das Risiko von Gesundheitsschäden eher gering – allerdings schädigen sie möglicherweise die Gesundheit der Arbeiter während der Produktion.

Ein weiteres Problem ist, dass aus vielen Produkten Nanoteilchen z.B. ins Abwasser gelangen, und damit die gesamte Umwelt und damit auch die Nahrungskette belasten. Deshalb schlägt das Umweltbundesamt auch vor, vor allem auf Produkte mit hohem Abrieb zu verzichten: Mit Nanos präparierte Socken, die alle paar Tage in der Waschmaschine landen, sind z.B. bedenklicher als Wetterjacken, die nur selten gewaschen werden.

Sollte man nicht lieber die ganze Nanotechnik verbieten?

Nein, denn die Nanotechnik kann der Umwelt auch nützen, das bestreiten selbst überzeugte Ökologen nicht. Als Zusatz in Dieselkraftstoff könnten Nanopartikel den Verbrauch senken. Neuartige Energiespeicher verhelfen womöglich der Brennstoffzelle zum Durchbruch. In Photovoltaikmodulen helfen Nanoschichten, Sonnenlicht wirksamer und kostengünstiger in Strom zu verwandeln. Schon seit langem verringern winzige Russteilchen in Reifen Abrieb und Kraftstoffverbrauch.

Text: Martina Keller/Irene Stratenwerth

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