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Christina Vogt und Nanette Sommer Hier finden sich Alleinerziehende, die nicht alleine wohnen wollen

Nanette Sommer und Christina Vogt
Zu zweit ist vieles einfacher, finden Nanette Sommer (l.) und Christina Vogt. Ganz besonders der Alltag mit Kindern.

© Svenja Dornseiffer
Was sie wollen: Wohnraum für Single-Eltern
Ihr Motto: Zusammen ist besser
Ihr Vorbild: madagassische Halbaffen

Es begann mit einem normalen Spielplatzbesuch: Zwei Kinder im Sandkasten, zwei Mütter, die versuchen, neben Burgenbauen ein Gespräch zu führen. Was daraus folgte, war allerdings lebensverändernd, zumindest für Christina Vogt. Die war damals, Ende 2019, 39 Jahre alt, frisch getrennt und stand vor der Aufgabe, auf dem hart umkämpften Wohnungsmarkt in Hamburg eine bezahlbare Bleibe zu finden – möglichst im selben Stadtteil, damit ihr vierjähriger Sohn nicht auch noch einen Wechsel des gewohnten Umfeldes verkraften musste.

Auf dem Spielplatz überlegte sie mit ihrer Freundin Nanette Sommer, was helfen könnte. "Wir haben uns gefragt: Muss es unbedingt ein Partner sein, mit dem man sich Miete, Organisation und die Sorgen im Alltag teilt? Warum nicht eine Person in der gleichen Situation, mit der man eine Alleinerziehenden-WG mit Kindern gründet?" Doch: Wie sollten sich Gleichgesinnte finden? Für Studierende oder ältere Menschen gibt es WG-Zimmer-Börsen. Für Alleinerziehende, die meist mehr als nur ein Zimmer brauchen, nicht.

Dabei ist der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gerade bei ihnen groß: Mehr als jede dritte der 1,5 Millionen Einelternfamilien in Deutschland ist auf Sozialtransfers angewiesen. Vogt und Sommer war daher schnell klar: Auch für diese Zielgruppe bräuchte es dringend eine Vermittlungsplattform. Und als sie einige Monate später mit ihren Kindern gemeinsam Urlaub machten, fanden sie auch gleich den passenden Namen: Lemulike sollte ihr Projekt heißen. Ein Fantasiename, der auf die Lebensweise der Lemuren anspielt: Die Muttertiere der madagassischen Primaten gründen Baby-Nester und kümmern sich gemeinsam um den Nachwuchs, um allein auf Nahrungssuche gehen zu können.

Mehr Gesellschaft und Unterstützung

2020 gründeten Vogt und Sommer zusammen mit Tommy Ahrens, einem befreundeten IT-Experten, ihr WG-Suchportal für Alleinerziehende – zunächst als ehrenamtliches Projekt neben ihren Jobs: Claudia Vogt ist Mathe- und Sportlehrerin, Nanette Sommer Programm-Managerin bei Tesa.

Seither lässt sich auf lemulike.com eingeben, in welcher Stadt man Wohnraum sucht oder anbietet. Zudem gibt es die Möglichkeit, zuerst eine:n Mitbewohner:in und dann gemeinsam eine passende Wohnung zu suchen. Registrierte können Fotos von Zimmern sehen, mit anderen chatten und weitere Angaben machen, etwa zu Mietkosten, Anzahl und Alter der Kinder oder wie man sich das Zusammenleben vorstellt. Aktuell stehen auf der Seite 600 Anzeigen für ganz Deutschland. 77 Prozent sind Gesuche.

Christina Vogt (l.), Tommy Ahrens (auf dem Tablet) und Nanette Sommer
Christina Vogt (l.), Tommy Ahrens (auf dem Tablet) und Nanette Sommer managen ihr Portal Lemulike ehrenamtlich.
© Svenja Dornseiffer

Die Beweggründe der Suchenden sind unterschiedlich. Oft sind es finanzielle, etwa weil die Miete der Wohnung, in der man derzeit lebt, für ein Gehalt zu teuer ist. Schließlich arbeiten viele Alleinerziehende in Teilzeit, oft weil die Öffnungszeiten von Kitas oder Horten nichts anderes zulassen. Viele wünschen sich aber auch einfach Gesellschaft und Unterstützung. Eine Anbieterin schreibt: "Die Kinder sind zum Teil bei ihrem Vater, und ich möchte nicht ganz allein sein. Zudem habe ich mir immer eine große Familie gewünscht und glaube, dass noch ein weiteres Kind im Haus der Geschwisterbeziehung nur guttun wird."

Vieles wäre alleine nicht möglich

Vogt hat über Lemulike mittlerweile selbst eine Mitbewohnerin mit Kind gefunden, ihr Alltag, findet sie, ist nun viel einfacher geworden. So kann sie zum Beispiel zweimal die Woche abends zum Handball-Training: "Das wäre mir nicht möglich, wenn ich immer jemanden bezahlen müsste, der so lange bei meinem Kind bleibt." In ihrer WG haben sich die Frauen die Wochentage aufgeteilt. "So können wir unkompliziert unsere Nachmittage und Abende verplanen, ohne bei jedem Termin vorher nachfragen und organisieren zu müssen, denn es ist immer jemand zu Hause."

Wie viele weitere WG-Matches sich über Lemulike ergeben haben, wissen Vogt und Sommer nicht. 97 der Anzeigen wurden jedoch wieder gelöscht – die beiden gehen davon aus, dass die, die sie geschaltet haben, über die Plattform Mitbewohner:innen gefunden haben. Was sie hoffen: "Je bekannter wir werden und je mehr Anzeigen wir auf der Seite haben, desto einfacher wird es, auch mit speziellen Suchanfragen fündig zu werden", sagt Sommer. Künftig wollen sie das Portal auf Österreich und die Schweiz ausweiten – und damit auch Geld verdienen, etwa durch Sponsoren. Für die Alleinerziehenden soll der Service aber kostenlos bleiben.

Brigitte

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