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Wenn Eltern alt werden: Alle Infos zum Thema Pflege

Wenn Eltern alt werden: haltende Hände
© Tyler Olson / Shutterstock
Von Elternunterhalt bis Vorsorgevollmacht: die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Pflege.

Wo gibt es Beratung?

Die erste Anlaufstelle ist der lokale Pflegestützpunkt. Adressen kann man bei seiner Pflegekasse erfragen oder online unter www.pflegestuetzpunkte-deutschlandweit.de. Privatversicherte wenden sich an die Compass-Pflegeberater unter Tel. 08 00/101 88 00.

Liegt ein Angehöriger im Krankenhaus, kann man mit dem sozialen Dienst des Krankenhauses weitere notwendige Schritte beraten. An mehr als 150 Standorten in Deutschland bieten Pflegebegleiter Unterstützung und Beratung. Sie kennen sich mit Entlastungsangeboten aus, helfen Verbindungen zu Behörden, Pflegediensten und Beratungsstellen zu knüpfen. Adressen unter www.pflegebegleiter.de

Gibt es legale Möglichkeiten für eine Pflegekraft aus dem Ausland, die mit ins Haus zieht?

Man kann mit der Pflegekraft direkt einen ambulanten Pflegevertrag schließen oder sie über ausländische Unternehmen buchen, die ihre Mitarbeiter in einen deutschen Haushalt entsenden. Dabei helfen Vermittlungsagenturen. Achte darauf, dass alle Sozialabgaben gezahlt werden und die Hilfskraft krankenversichert ist. Verbraucherzentralen können im Vorfeld beraten. Wichtig: Die Pflegekraft hat ein Anrecht auf Freizeit und einen freien Tag pro Woche. Eine Schicht dauert acht, in Ausnahmefällen zehn Stunden. Wer dagegen eine 24-Stunden-Betreuung benötigt, kann eventuell die Dienstleistung der ausländischen Pflegekraft mit einem Pflegedienst kombinieren.

Wie beantragt man Pflegegeld?

Für Leistungen aus der Pflegeversicherung braucht man einen Pflegegrad, der bei der Pflegekasse beantragt wird. Diese beauftragt für gesetzlich Versicherte ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK), für Privatversicherte bei Medicproof. Der Gutachter beurteilt die Selbstständigkeit in sechs Lebensbereichen, sogenannten Modulen. Anhand dieses Gutachtens entscheidet die Pflegekasse anschließend über Pflegebedürftigkeit und Pflegegrad.

Tipp: Schau dir im Vorfeld die Fragen zu den Modulen an, um zu wissen, was auf dich bzw. deine Angehörigen zukommt. Den Fragenkatalog findest du unter www.pflegebegutachtung.de.

Wichtig: Als Angehöriger beim Besuch des Gutachters dabei sein! Greife korrigierend ein, falls der Pflegebedürftige Fähigkeiten besser darstellt, als sie tatsächlich sind. So kann man seine Mutter z. B. bitten zu zeigen, wie sie sich anzieht (um zu demonstrieren, dass sie es doch nicht mehr allein kann). Widerspruch einlegen: Nach Eingang des Bescheids der Pflegekasse hat man vier Wochen Zeit, Widerspruch einzulegen. Daraufhin erstellt der MDK ein zweites Gutachten. Kommt das Gleiche heraus wie zuvor, kann man vor dem Sozialgericht klagen.

Wie kann ich mich vom Job freistellen lassen, um einen Angehörigen zu pflegen?

FAMILIENPFLEGEZEIT ermöglicht es Berufstätigen, sich bis zu zwei Jahre lang teilweise freistellen zu lassen - bis zu einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden. Voraussetzung: Der Arbeitgeber muss mehr als 25 Beschäftigte haben.

PFLEGEZEIT kann man bis zu sechs Monate beantragen, um sich unbezahlt ganz oder teilweise freistellen zu lassen. Voraussetzung: Der Pflegebedürftige muss einen Pflegegrad haben, der Arbeitgeber mindestens 15 Angestellte beschäftigen.

IM AKUTEN PFLEGEFALL in der engeren Familie kann man sich bis zu 10 Tage extra freinehmen, um eine Betreuung zu organisieren. Der Arbeitgeber muss den Sonderurlaub gewähren, kann aber ein Attest über die Pflegebedürftigkeit verlangen.

Was ist der Elternunterhalt?

Den kann das Sozialamt bei leiblichen Kindern einfordern. Die können sich nur in sehr seltenen Fällen, bei nachgewiesener jahrelanger Vernachlässigung oder Missbrauch, aus der Pflicht befreien lassen. Für die Berechnung gelten aber Freibeträge. Der Selbstbehalt liegt für Singles und Unverheiratete bei 1800, bei Ehepaaren bei 3240 Euro monatlich. Miete, berufsbedingte Aufwendungen, Ratenkredite, krankheitsbedingte Kosten oder Unterhaltszahlungen werden zusätzlich vom Nettoeinkommen abgezogen. Von dem verbleibenden Betrag müssen Kinder die Hälfte an Elternunterhalt zahlen. Sind mehrere Geschwister da, wird für jeden individuell berechnet. Es kann also sein, dass eine Tochter, die selbst Kinder hat und wenig verdient, nichts dazuzahlen muss und ihr gut verdienen- der Single-Bruder den Elternunterhalt allein aufbringen muss.

Tipp: Erhältst du die Aufforderung zur Zahlung von Elternunterhalt, lass diese von einem Fachanwalt prüfen.

Was mache ich, wenn mein Vater bzw. meine Mutter sich weigert, in ein Heim umzuziehen?

Man kann niemanden gegen seinen Willen zwingen, solange er noch geistig dazu in der Lage ist, selber Entscheidungen zu treffen. Versuch es mit gutem Zureden, vereinbare ein Probewohnen. Du kannst ggf. eine Entmündigung des Angehörigen und die Einsetzung einer gesetzlichen Betreuung beantragen. Es kann sein, dass das Gericht jemand anderes als den Angehörigen als Betreuer einsetzt.

Buchtipp: "Nicht mehr wie immer. Ein Wegweiser für erwachsene Kinder" von Katja Werheid (208 S., 15 Euro, Piper).

Woran erkenne ich ein gutes Heim?

Qualitätssiegel geben nur bedingt Auskunft. Mache dir deshalb selbst ein Bild. Wie riecht es? Wie sind Stimmung und Umgangston? Wie wirken die Bewohner? Werden auch deine kritischen Fragen beantwortet? Wie viele Bewohner werden von einer Pflegekraft betreut? Werden anfallende Kosten gut aufgeschlüsselt präsentiert? Besteht die Möglichkeit eines Probewohnens? Auch solltest du im Umfeld fragen, beim Bäcker oder im Café um die Ecke, was man über die Einrichtung sagt und welchen Eindruck die Bewohner machen.

Welche Möglichkeiten gibt es, wenn Eltern Hilfe brauchen?

BETREUTES WOHNEN ist eine Möglichkeit für alle, die ihren Alltag noch relativ gut bewältigen, sich aber mehr Unterstützung wünschen. Man bezieht eine seniorengerechte Wohnung mit Hausmeisterdienst und Notruf, bucht Pflege, Putzfrau sowie weitere Dienste nach Bedarf dazu.

AMBULANTE PFLEGE leistet Unterstützung in den eigenen vier Wänden. Das kann Entlastung bieten, damit man noch lange zu Hause leben kann.

TAGESPFLEGE ist eine zeitweise Betreuung außer Haus, zum Schlafen geht es ins gewohnte Umfeld. Die Nachtpflege ist eine Alternative, wenn man sich tagsüber selbst um den Angehörigen kümmern kann, aber nachts Entlastung benötigt.

PFLEGEHEIME bieten eine versierte 24-Stunden-Betreuung und Pflege und sind oft die beste Lösung, wenn man es allein nicht mehr schafft und Angehörige sich nicht kümmern können.

PFLEGE-WOHNGEMEINSCHAFTEN sind familiär geführte Wohngruppen aus vier bis acht Pflegebedürftigen. Der Alltag wird gemeinsam gestaltet. Eine Pflege-WG erfordert viel Einsatz durch Angehörige. Für die Organisation vor Ort kann man geschulte Kräfte engagieren. Es gibt spezielle Demenz- und auch Träger-geführte Pflege-WGs. Das familiäre Umfeld kommt vielen entgegen. Man muss sich aber auf die Gemeinschaft einlassen.

STATIONÄRE HAUSGEMEINSCHAFTEN ähneln einer Pflege-WG, sind aber Trägergeführt und an ein Pflegeheim angeschlossen. Die Betreuung übernehmen Präsenzkräfte, benötigte Pflege wird über das Pflegeheim organisiert. Es geht individueller zu als in einem großen Pflegeheim, der Tagesablauf ist weniger starr.

Welche Vollmachten sind wichtig?

Um sich um die Alltagsgeschäfte des Pflegebedürftigen kümmern zu können, benötigt man von ihm eine VORSORGEVOLLMACHT (VV). Darin lassen sich auch Wünsche zur möglichen späteren Unterbringung in einer pflegerischen Einrichtung und zur Verwaltung des Vermögens festlegen. Ohne Vollmacht sind Angehörigen die Hände gebunden. Wer seine VV ausstellt, sollte dafür einen Menschen aussuchen, dem er vertraut und der in seinem Sinne handeln wird.

Mit einer PATIENTENVERFÜGUNG lässt sich genau regeln, welche medizinischen Maßnahmen man für eine Lebenslage wünscht, in der man nicht mehr fähig ist, Einverständnis oder Ablehnung zu äußern.

Eine BETREUUNGSVERFÜGUNG (BV) wird benötigt, wenn von einem Gericht eine gesetzliche Betreuung angeordnet werden muss, z. B. wenn jemand wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann und keine VV vorliegt. In der BV kann man einen Wunschkandidaten für die Betreuung benennen und Vorgaben für den Betreuer machen, was wie geregelt werden soll (z. B. die Unterbringung in einem Pflegeheim). Gerichte kommen in der Regel dem Wunsch nach. Ein eingesetzter Betreuer untersteht - anders als jemand, der über eine VV eingesetzt wird - der Kontrolle des Gerichts und hat in seinen Entscheidungen weniger Freiheiten.

Tipp: Hinterlege die Dokumente im Register der Bundesnotarkammer (www.vorsorgeregister.de, Kosten ca. 13 bis 18,50 Euro). Betreuungsgerichte fragen dieses Vorsorgeregister ab.

Wie beuge ich einem Pflege-Burn-Out vor?

Man sollte die Pflege von Anfang an auf mehrere Schultern verteilen, die ganze Familie einbeziehen und Hilfsangebote wie Pflegedienste organisieren. Schaffe dir als pflegender Angehöriger Freiräume. Achte außerdem auf Warnsignale wie Schlaflosigkeit, Nervosität oder Stimmungsschwankungen und nimm diese ernst. Mach Urlaub. Dafür kannst du die Möglichkeit der Kurzzeitpflege nutzen. Ab Pflegegrad 2 kann man pflegebedürftige Angehörige nämlich bis maximal 56 Tage im Jahr vollstationär in einer Pflegeeinrichtung betreuen lassen, die Pflegekasse gewährt dafür eine pauschale Zuzahlung von 1612 Euro pro Jahr. Auch besteht ab Pflegegrad 2 Anspruch auf sogenannte Verhinderungspflege für maximal 42 Tage im Jahr. Die Pflegevertretung kommt dann ins Haus und man kann die freie Zeit nutzen, um z. B. ohne schlechtes Gewissen zum Yoga zu gehen, sich mit Freunden zu treffen oder zum Arzt zu gehen. Anfallende Kosten werden von der Pflegekasse bis zu einem Betrag von 1612 Euro pro Jahr erstattet.

Tipp: Kostenlose, anonyme psychologische Beratung für pflegende Angehörige, um Burn-out und Depressionen vorzubeugen, gibt es unter www.pflege-und-leben.de

Wann müssen Betroffene für das Pflegeheim zahlen?

Versicherte mit Pflegegrad erhalten Leistungen für die stationäre Pflege im Heim (je nach Pflegegrad sind das zwischen 125 und 2005 Euro im Monat). Diese Summen kann man von den Gesamtkosten für das Heim abziehen. Aus eigener Tasche gezahlt wird der Rest sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Manchmal fallen auch Investitionskosten an, man "kauft" sich sozusagen ein. Reicht das eigene Geld nicht aus, springt das Sozialamt ein. Es holt ggf. das Geld bei den Kindern zurück (siehe Elternunterhalt).

Mehr Infos und Beratung

Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums, Tel. 030/20 17 91 31 und per Mail: info@wege-zur-pflege.de, www.wege-zur-pflege.de

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland UPD berät kostenlos: Tel. 08 00/011 77 22 www.patientenberatung.de

Das Zentrum für Qualität in der Pflege vermittelt Pflegewissen: www.zqp.de

Der BIVA-Pflegeschutzbund

bietet u. a. Rechtsberatung bei Fragen zu Pflege und Wohnen im Alter, Tel. 02 28/90 90 48 44 oder per Mail an beratung@biva.de, www.biva.de

Kostenlose Broschüre "Länger zuhause leben" unter www.serviceportal-zuhause-im-alter.de

Formulare für Vollmachten gibt es zum Download beim Bundesjustizministerium: www. bmjv.de (Unterpunkt Themen/ Vorsorge und Patientenrechte).

BRIGITTE 05/2019

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