Auch Kommentare über den Körper oder das Aussehen blieben nicht aus. Familienfeiern, Ostern, Geburtstage, das alles kann unangenehm werden, wenn man solche Dinge zu hören bekommt. Glücklicherweise setzten meine Eltern diesen Bemerkungen immer schnell ein Ende. Eine Sache ist aber geblieben: Ein Bewusstsein dafür, dass Menschen Frauen und Männer nach unterschiedlichen Standards bewerten.
Doppelmoral im Alltag
Auch im Alltag begegnet uns dieses Problem häufig. Frauen werden für Dinge verurteilt, die bei Männern als egal, wenn nicht sogar lobenswert, erachtet werden. Dabei gibt es mehrere Spannungsfelder, in denen die Doppelmoral besonders deutlich wird: Das Elternsein, Sexualität und die Arbeitswelt. Die Ursachen dafür sind tief im Patriarchart verwurzelt. Eine Pause bekommen Frauen von der Verurteilung leider nur in seltenen Fällen.
Es beginnt morgens bei der Wahl des Outfits. Natürlich ist so gut wie jede:r von uns daran interessiert, dass unsere äußere Erscheinung keinen falschen Eindruck hinterlässt. Frauen werden von unserer Gesellschaft aber eine Menge Extra-Regeln auferlegt, die für Männer schlichtweg nicht zu gelten scheinen.
Ist ein adäquates Auftreten vorhanden, geht es weiter, zur Arbeit, die Kinder zur Schule bringen, etc. Besonders bei der Betreuung der Kinder, zeigt sich wieder eine große Doppelmoral. Mütter werden schnell verurteilt. „Rabenmutter“ heißt es da, wenn keine Lust besteht, zu kochen. Ein Vater, der ausnahmsweise mal Fastfood statt selbstgekochter Küche anbietet, wird hingegen als locker und cool angesehen. Für solche unfairen Standards lassen sich noch zahlreiche weitere Beispiele finden:
10 Beispiele, bei denen unterschiedliche Standards herrschen
Oftmals wird es vorausgesetzt, dass eine Frau Kinder bekommen möchte. Damit geht auch einher, dass auf den Wunsch einer Frau nach Sterilisation häufig mit Ungläubigkeit und fehlendem Verständnis reagiert wird. Zu unrecht!
Forschung zeigt, dass Frauen häufig schlechter in Gesprächen über Gehalt abschneiden als Männer. Außerdem verdienen sie im Schnitt weniger, wie der Gender Pay Gap verdeutlicht. Auch, wenn es darum geht, die Arbeit von Frauen und Männern zu entlohnen, scheinen also unterschiedliche Standards vorzuliegen.
Hat eine Frau eine kritische, unabhängige Meinung zu einem Thema, wird diese häufig als feministisch deklariert. Eine ähnliche Ansicht eines Mannes hingegen ist ein kritischer, unabhängiger Gedanke. Dabei können auch Frauen, unabhängig von feministischem Gedankengut, kritische Meinungen pflegen.
Spricht eine Frau beispielsweise bei einem Vortrag über Erfahrungen, die sie in ihrer persönlichen und emotionalen Entwicklung gesammelt hat, wird das häufig als zu intim und emotional abgetan. Bei Männern hingegen, macht es sie oft zum Vorbild und Held.
Das Frauen und Männer biologische Unterschiede haben ist offensichtlich. Obwohl an anderer Stelle verschiedene Standards angesetzt werden, wird die Sportwelt der Frauen aber häufig mit der männlichen Gegenseite verglichen. Das Ergebnis für viele: Frauensport sei häufig "schlechter".
Hat eine Frau mal schlechte Laune, wird es von Außenstehenden häufig auf ihre Hormone oder ihren Zyklus zurückgeführt. Verständnis dafür, dass ein valider Grund dahinter steckt, bleibt oft ein männliches Privileg.
Stellt ein Mann eine klare Forderung, wird er als selbstbewusst bis sogar dominant und sexy angesehen. Bei Frauen hingegen wird unfairerweise häufig herrisches Verhalten unterstellt, wenn sie bestimmt sind.
Frauen wird häufig suggeriert, sie bräuchten Produkte, die ihre Aussehen verbessern. Auch den Make-up- und Skincare-Hersteller:innen ist das bewusst. Produkte, die für eine weibliche Zielgruppe ausgelegt sind, sind häufig teurer als solche, die auf Männer abzielen. Die Inhaltsstoffe unterscheiden sich dabei meistens nur geringfüfig.
Frauen in Führungspositionen wird oftmals nachgesagt, dass sie emotionslos oder manipulativ seien. Außerdem wird auch das Argument der "Quoten-Frau" vorgeschoben, was in diesem Kontext bedeutet, dass die hohe Anstellung nicht auf Kompetenzen, sondern das Geschlecht und Außenbild der entsprechenden Firma zurückzuführen sei.
Abgesehen von einer Vasektomie oder dem Kondom, ist Verhüten in vielen Fällen die Sache der Frau. Dabei gab es in der Vergangenheit viele vielversprechende Ansätze für hormonelle, männliche Verhütung. Diese verliefen sich allerdings, da man der Ansicht war, Männer würden so etwas nicht machen.
Eins ist klar, solche Vorstellungen sind unfair und veraltet. Es wird Zeit, dass wir endlich mit ihnen abschließen. Das geht aber nur, wenn wir alle mitziehen und nicht müde werden, immer wieder zu sensibilisieren und sexistische Doppelmoral zu kritisieren. Schließlich musste auch in meiner Familie jemand etwas sagen, bevor sich etwas verändert hat.
Verwendete Quellen: bmfjsj.de, deutschlandfunk.de, zeichensetzen.jetzt