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Anna Cummins: Für eine Welt ohne Plastik

Ökologin Anna Cummins war fassungslos, als ihr Schiff auf einer Expedition hängen blieb - in einem Teppich aus Plastikmüll. Seitdem kämpft die Amerikanerin mit ihrem Mann gegen die Verschmutzung der Meere.
Anna Cummins, 39, ist Ökologin und lebt mit ihrer Familie in Kalifornien
Anna Cummins, 39, ist Ökologin und lebt mit ihrer Familie in Kalifornien
© Cindy Ord/Getty Images

Es gibt einen Moment, der das Leben von Anna Cummins veränderte. Es war vor elf Jahren, auf einer Forschungsreise im Pazifik. Cummins, damals 28 und Ökologie-Studentin, war mit einem Wissenschaftler-Team unterwegs, als sich ihr Boot plötzlich nicht mehr vorwärts bewegte. Sie ging an Deck, schaute über die Reling - und sah bis zum Horizont kein Wasser. Die ganze Meeresoberfläche war bedeckt mit einer schlickigen Masse aus Plastikflaschen, Tüten, Kinderspielzeug.

Cummins Ziel ist es seither, eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit, die Plastikverschmutzung der Weltmeere, zu erforschen und vor ihr zu warnen. Die abenteuerlustige Hobbyseglerin startete mehrere spektakuläre Aufklärungskampagnen. So segelte sie mit einer Crew von Wissenschaftlern von Kalifornien nach Hawaii durch die Müllteppiche. Sie nahm Gewässerproben, untersuchte Fische auf Schadstoffe, fischte tote Seevögel aus dem Wasser, die an Plastik erstickt waren. Die Etappen des Segeltörns postete sie im Internet.

Ihre Beiträge erregten Aufmerksamkeit, offizielle Stellen aber verharmlosten das Problem. Cummins machte unbeirrt weiter. Inzwischen ist bekannt, dass zehn Prozent unseres gesamten Plastikmülls im Meer endet und dass in den Weltmeeren fünf riesige Müllfelder, zum Teil so groß wie Dänemark, schwimmen. Dass sich seit diesem Jahr sogar die Unesco mit dem Thema befasst, ist durch die Basisarbeit von Frauen wie Cummins erst möglich geworden.

Die heute 39-Jährige, aufgewachsen in Los Angeles, nahm schon als Teenager an Strand-Aufräum-Aktionen teil. "Damals hätte ich nicht gedacht, dass ich mal Jahre meines Lebens dem Plastik widmen würde", sagt Cummins. Auf ihrer zweiten Expedition lernte sie ihren Mann, den Wissenschaftler Marcus Eriksen, kennen. Mitten im Müllteppich bastelte er aus einem Stück Plastik einen Ring und machte ihr einen Antrag.

Seitdem leben und arbeiten die beiden zusammen, haben ein eigenes Institut gegründet, "5 Gyres", benannt nach den fünf großen Müllfeldern. Sie führen Expeditionen und Veranstaltungen durch und verhandeln mit Konzernen wie Procter & Gamble über Verpackungslösungen ohne Plastik.

Im letzten Jahr wurde die Forscherin Mutter. In der Schwangerschaft ließ sie ihr Blut auf Plastikschadstoffe testen, weil sie wegen ihrer Arbeit zur Risikogruppe gehört. Tatsächlich war ein Wert erhöht, so dass zunächst unklar war, ob sie ihre Tochter überhaupt würde stillen können. "Ich will, dass Frauen solche Zweifel gar nicht erst haben müssen", sagt Anna Cummins. Und findet, dass es sich schon allein dafür lohnt, Plastik aus dem Meer zu fischen.

Text: Anne Otto Ein Artikel aus BRIGITTE, 14/2013

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