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Umfrage zu Paragraf 218 Mehrheit findet: Abtreibungen sollen Straftat bleiben

Frau demonstriert mit Schild für Recht auf Abtreibung
© CameraCraft / Adobe Stock
Schwangerschaftsabbrüche gelten als Straftat. Die Mehrheit der Deutschen findet das gut. Vor allem Frauen unter 30 positionieren sich dagegen.

Manche Frauen dürfte es überraschen: Abtreibungen sind in Deutschland für alle Beteiligten strafbar. Das regelt der Abtreibungs-Paragraf 218 des Strafgesetzbuches (StGB). Aber was ist mit den vielen Tausend Frauen, die jedes Jahr Schwangerschaftsabbrüche durchführen lassen? Mit 100.000 Eingriffen jährlich handelt es sich nämlich um einen der häufigsten gynäkologischen Eingriffe in Deutschland.

Kritiker:innen verweisen darauf, dass Paragraf 218 diese Eingriffe zu einem Risiko für Ärzt:innen und Schwangere mache. In der Bundesregierung gibt es deshalb Überlegungen – vor allem von den Grünen und der SPD ­– den Paragrafen abzuschaffen. Die FDP ist dagegen.

Die Mehrheit will den Paragraf 218 beibehalten

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Auch die Mehrheit der Deutschen will Schwangerschaftsabbrüche nicht völlig legalisieren. Bei einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag von "ZDF frontal" sprachen sich nur 36 Prozent der Befragten dafür aus, den Strafrechts-Paragrafen abzuschaffen, 54 Prozent waren dafür, dass ein Schwangerschaftsabbruch weiter als Straftat gilt, die unter gewissen Bedingungen nicht geahndet wird.

Straffrei sind Abtreibungen nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Schwangere muss vorher einen Termin bei einer staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle wahrgenommen haben. Und der Abbruch darf nur innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis stattfinden. Auch aus medizinischen Gründen oder wenn die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung erfolgte, kann straffrei abgetrieben werden.

Junge Frauen wünschen sich eine Legalisierung von Abtreibungen

Interessant sind einige Details der Umfrage. Eine Abschaffung des Paragrafen 218 wünschen sich überwiegend junge Menschen unter 30, vor allem Frauen. Also diejenigen, die das Thema wirklich am häufigsten betrifft. Je älter die Teilnehmer:innen sind, desto eher sprechen sie sich dafür aus, Abtreibungen grundsätzlich weiter als Straftat zu betrachtet.

Irgendwie ironisch, denn je älter die Menschen sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie selbst sich in der Situation befinden, ungewollt schwanger zu sein.

Ob sie sich Gedanken darüber gemacht haben, wie es psychologisch auf Frauen wirkt, dass sie zumindest grundsätzlich eine Straftat begehen, wenn sie abtreiben – und sich nur mit der Beratungsbescheinigung von einer Strafe befreien?

Kommission prüft Alternativen zum Straftat-Paragrafen

Natürlich ist es gut, dass eine verpflichtende Beratung vorausgesetzt wird und nicht leichtfertig mit dem entstehenden Leben umgegangen wird. Es braucht einen regulierenden Rahmen.

Deshalb hat die Bundesregierung eine Kommission mit Vertreter:innen aus Medizin, Medizinethik und Jura eingesetzt, um Möglichkeiten zu prüfen, Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzbuches zu regulieren. In ihrem Namen trägt die Kommission das Schlagwort "reproduktive Selbstbestimmung". Ihre Ideen und Vorschläge stehen noch aus.

Anhänger:innen von Christdemokraten und AFD für Paragraf 218

Bei der repräsentativen "Frontal"-Umfrage fallen auch die Unterschiede in der Parteizugehörigkeit auf. Die größten Befürworter:innen des Paragrafen 218 sind die Wähler:innen von CDU/CSU mit 67 Prozent, gefolgt von den AFD-Anhänger:innen mit 57 Prozent. Auch die Anhänger:innen der FDP (55 Prozent) und sogar der SPD (52 Prozent) wollen Abtreibungen weiter als Straftat führen. Nur bei den Grünen (46 Prozent) und den Linken (31 Prozent) spricht sich die Mehrheit dafür aus, den Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

Immerhin forderten nur drei Prozent der Befragten, Schwangerschaftsabbrüche ohne Ausnahme zu verbieten – wie es mittlerweile in den meisten Bundesstaaten der USA der Fall ist. Seit dort das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung fast überall aufgehoben wurde, tobt ein wahrer Kulturkampf, den sogar einflussreiche TV-Formate wie die Kult-Krankenhaus-Serie "Grey’s Anatomy" thematisieren – indem sie die schwerwiegenden Folgen für Frauen aufzeigen. Auch die Vereinten Nationen kritisierten nun, die Abtreibungsverbote in den USA "gefährdeten Millionen von Frauen und Mädchen".

Übrigens: Fast zeitgleich zu der Verschärfung in den USA, gab es hierzulande eine gegenteilige Entwicklung. Das Werbeverbot für Abtreibungen wurde im Sommer 2022 aufgehoben – und der zugrundeliegende Paragraf 219a des Strafgesetzbuches gestrichen. Ärzt:innen dürfen also über Abtreibungen informieren, ohne eine Strafverfolgung fürchten zu müssen. Mal sehen, wie es mit Paragraf 218 weitergeht.

Verwendete Quellen: zdf.de, news.un.org, bmfsfj.de

jwe Brigitte

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