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Banu Güven: Kämpferin gegen das Regime Erdogan

Banu Güven ist in der Türkei eine angesehene Journalistin und wendete sich schon früh gegen das Regime Erdogan. Nun ist sie eine Heldin im Protest.
Banu Güven: Kämpferin gegen das Regime Erdogan
© Agata Skowronek

Sie sah es kommen. Aus Protest gegen die Selbstzensur der türkischen Medien kündigte Banu Güven, 44, schon vor zwei Jahren ihren Job als Star-Moderatorin beim führenden Nachrichtensender des Landes - und erntete kopfschüttelndes Unverständnis. Seitdem warnte sie vor der wachsenden Verflechtung von Medien, Banken, Konzernen und der Politik, die der Wahrheit das Wasser abgräbt. "Die Medien sind immer mehr zur Stimme von Erdogan geworden", sagt sie. Doch ihre Stimme verhallte lange ungehört.

Das änderte sich schlagartig, als Ende Mai Proteste gegen die Regierung ausbrachen und die türkischen Medien darüber schwiegen. Wie Schuppen fiel es da den Türken von den Augen, die auf dem Taksim-Platz in Istanbul demonstrierten und kaum ein Wort davon in den Zeitungen erwähnt fanden. Den Nachrichtensendern, die statt über die Proteste lieber über Pinguine in der Antarktis berichteten, glaubt nun keiner mehr; ihre Ü-Wagen wurden von Demonstranten angegriffen, als sie endlich auftauchten. Auf mindestens ein Wrack sprühten die Protestierer den Namen "Banu Güven".

Ihre Nachrichten beziehen die Türken inzwischen von Twitter, Facebook und Youtube. Den Twitter-Feed von Banu Güven haben eine halbe Million Menschen abonniert. Banu Güven gehört zu den beliebtesten Journalisten der Türkei. Nach einem Studium der Internationalen Beziehungen arbeitete sie für das UN-Flüchtlingshilfswerk in Ankara, berichtete dann als Reporterin für die Tageszeitung "Milliyet" aus Israel, Palästina, Syrien und Ägypten. 1997 ging sie zum damals neuen Nachrichtensender NTV. Zur besten Sendezeit interviewte sie die mächtigsten Politiker des Landes und der Welt mit hartnäckiger Strenge. Sie nickte während des Gesprächs nicht zustimmend und fragte weiter, wenn der Interviewte ausweichen wollte. Das jähe Ende dieser Karriere kam kurz vor den Parlamentswahlen im Sommer 2011.

Banu Güven hatte Leyla Zana eingeladen: eine Kurdenpolitikerin, die in den 90er Jahren aus dem Parlament heraus verhaftet worden war, zehn Jahre hinter Gittern gesessen hatte und nun wieder kandidierte. Eine hochinteressante Interviewpartnerin - und gefährliche Rivalin für die Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Das Interview sei unerwünscht, ließ der Sender seine Moderatorin wissen. Banu Güven zog die Konsequenzen und ging. Bei einem alternativen Sender, den es erst seit wenigen Wochen gibt, ist die Journalistin inzwischen wieder zu sehen. "Es wird nicht einfach für die etablierten Medien, das Vertrauen der Zuschauer zurückzugewinnen", sagt sie. "Auch wenn sie sich entschuldigen."

Text: Susanne Güsten BRIGITTE 15/2013

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