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Lebenserwartung Warum Menschen in Deutschland früher sterben als woanders

Alte Frau hat Herzschmerzen und fässt sich an die Brust
© Dragana Gordic / Adobe Stock
Beim Thema Lebenserwartung landet Deutschland laut einer Studie trotz gutem Gesundheitssystem auf den hinteren Plätzen. Vor allem eine Krankheit – und der Umgang damit – ist ein Grund hierfür.

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und das Max-Planck-Institut haben in einer gemeinsamen Forschung die Lebenserwartung von Menschen in 16 westeuropäischen Ländern untersucht. Deutschland erreichte hierbei bei den Männern den 15. und bei Frauen den 14. Platz. Die vergleichsweise kurze Lebenserwartung wird vor allem auf eine Krankheit zurückgeführt, wie das BiB am Mittwoch in Wiesbaden erklärte: "Wesentliche Ursache für den Rückstand ist eine erhöhte Zahl von Todesfällen aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen."

Am ältesten werden die Menschen in Spanien, Frankreich und der Schweiz

Auf den ersten drei Plätzen in puncto Lebenserwartung landen Spanien, Frankreich und die Schweiz. Männer in Spanien haben eine Lebenserwartung von durchschnittlich 80,8 Jahren – bei Männern in Deutschland liegt sie hingegen bei 78,7 Jahren. Noch größer ist der Abstand bei den Frauen: Die werden im westeuropäischen Land im Durchschnitt 86,2 Jahre alt – in Deutschland 83,5 Jahre. 

Für die Studie habe man die Sterbefälle in Deutschland nach Todesursache mit sechs ausgewählten Ländern verglichen, erklärte BiB-Wissenschaftler Pavel Grigoriev in Wiesbaden. Gerade in der Kategorie der Herz-Kreislauf-Erkrankungen habe Deutschland schlecht abgeschnitten: Bereits ab 50+ gebe es bei den Männern große Rückstände, Frauen hätten dagegen eine erhöhte Sterblichkeit im Alter von über 65 Jahren. 

Das deckt sich auch mit Zahlen des Statistischen Bundesamts, nachdem unter den zehn häufigsten Todesursachen allein fünf Herzerkrankungen liegen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen insgesamt für mehr als ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich sind, wie es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung heißt. Das Robert-Koch-Institut sieht hierbei vor allem die koronare Herzkrankheit, also Verkalkungen der Herzgefäße, Herzinfarkte und Schlaganfälle als besonders bedeutsam für das Gesundheitswesen an.

"Dass Deutschland bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich zurückliegt, ist Anlass zur Sorge, da diese heutzutage als weitgehend vermeidbar gelten", so Grigoriev weiter. "Große wirtschaftliche Stärke und ein für den Großteil der Bevölkerung gut zugängliches und leistungsfähiges Gesundheitssystem stehen in Kontrast zu einer westeuropäischen Schlusslichtposition bei der Lebenserwartung." Dies sei – in Verbindung mit den hohen Investitionen – ein Warnsignal für die Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems. 

Behandlungen kommen zu spät

Anders als man jetzt vielleicht denken könnte, gibt es aber keinen plötzlichen Abfall der Lebenserwartung – Deutschland würde schon seit Jahren mit einer vergleichsweise geringen Lebenserwartung auffallen, was bisher allerdings "verblüffend wenig Aufmerksamkeit" erregt habe, wie Max-Planck-Demograf und Populations-Health-Forscher Domantas Jasilions im Gespräch mit "Zeit Online" erklärt. Er war einer der Forscher:innen, die sich in der Studie mit der Frage auseinandersetzten, warum Deutschland eine so vergleichsweise niedrige Lebenserwartung hat. Was vor allem auffällt: In Deutschland kümmert man sich vorrangig um Menschen, die bereits krank sind, doch präventive Maßnahmen rücken in den Hintergrund. 

Wie es in der Studie heißt, scheint eine "ungünstige Kombination aus schwacher Präventionspolitik und niedriger Früherkennungsrate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen dafür verantwortlich, dass in Deutschland Hospitalisierungs- und Sterblichkeitsraten wesentlich höher sind als in vielen anderen Ländern mit hohem Einkommen". Kurzum: Die Behandlungen kommen zu spät, da nützen auch gut ausgestattete Krankenhäuser, moderne Geräte und hochqualifiziertes Personal nur noch wenig.

Wie wir Erkrankungen vorbeugen können

Letztlich ist niemand für die eigene Gesundheit verantwortlicher als wir selbst – und so gilt es, eigens präventiv zu handeln, um das Risiko auf etwaige Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Laut dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. gibt es hierbei vier besonders wichtige Schutz-Faktoren:

1. Nicht-Rauchen

Das dürfte die wenigsten überraschen, doch Rauchen ist und bleibt ein nachweislich starker Risikofaktor bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

2. Ausgewogene, gesunde Ernährung

Vollkornprodukte, Obst, Gemüse, möglichst wenig Fleisch und mehr pflanzliche als tierische Fette: Wer sich an eine Ernährung hält, die möglichst abwechslungsreich und gesund ist, der:die erkrankt weniger wahrscheinlich an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.

3. Bewegung

Es muss nicht gleich ein Marathonlauf sein, ein kurzer täglicher Spaziergang bewirkt auch schon einiges. Hauptsache ist, dass man sich bewegt.

4. Stress-Management

Zeit- und Leistungsdruck auf der Arbeit, Probleme im Privatleben … es gibt sehr viele Gründe, die dafür sorgen, dass der Blutdruck steigt und unser Herz rast – was die Gefahr auf Herzerkrankungen erhöht, wenn wir dauerhaft solchen Stressoren ausgesetzt sind. Ein gutes Stress-Management kann helfen, sich den Herausforderungen des Alltags nicht ausgeliefert zu fühlen.

Verwendete Quellen: focus.de, zeit.de, link.springer.com, gesundheitsforschung-bmbf.de, dzhk.de

csc Brigitte

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