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Tristane Banon: Bringt sie Strauss-Kahn zu Fall?

Die französische Autorin Tristane Banon hat in Paris Anklage gegen Dominique Strauss-Kahn eingereicht. Der Ex-IWF-Chef, gegen den in New York wegen des Verdachts auf Vergewaltigung ermittelt wird, habe sie vor neun Jahren ebenfalls versucht zu vergewaltigen.

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Manchmal dreht sich der Wind ganz schnell. Noch vor wenigen Tagen feierte Dominique Strauss-Kahn mit einem 700-Dollar-Menü seine wieder gewonnene Freiheit. Der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds hatte wochenlang in New York unter Hausarrest gestanden, weil er verdächtigt wird, eine Hotelangestellte zum Sex gezwungen zu haben. Am 1. Juli hob die Staatsanwaltschaft seinen Hausarrest auf, weil sie die Zeugin für nicht besonders glaubwürdig hielt. Doch Strauss-Kahns Triumph währte nur kurz: Vier Tage später klagte die französische Autorin Tristane Banon den mächtigen Mann ebenfalls an. Er habe sie bereits vor neun Jahren versucht zu vergewaltigen. Jetzt, kurz vor Ende der Verjährungsfrist von zehn Jahren, will sie ihn vor Gericht bringen.

Dominique Strauss-Kahn, der am Wochenende noch als möglicher Präsidentschaftskandidat gehandelt wurde, gerät damit nun auch in der eigenen Heimat unter Druck. Kommt Banon mit ihrer Klage durch, dürfte die politische Karriere des Sozialisten beendet sein.

Doch was genau ist vor acht Jahren geschehen? Und warum geht Banon erst jetzt vor Gericht?

Das Opfer

Tristane Banon ist 32, hübsch, selbstbewusst und erfolgreich. Sie hat Jura studiert und war auf einer renommierten Journalistenschule in Paris. Sie hat für die bekannten französischen Zeitungen "Paris Match" und "Le Figaro" geschrieben und arbeitet heute als freie Journalistin und Buchautorin. Als sie Strauss-Kahn zum ersten Mal begegnete, war sie gerade mal 22 und am Anfang ihrer Karriere. Im Februar 2003 interviewte sie den damaligen Parteivorsitzenden der Sozialisten im französischen Parlament. Kurz darauf habe er sich noch mal mit einer SMS bei ihr gemeldet und sie um ein weiteres Treffen gebeten, da er mit dem Interview unzufrieden gewesen sei. Er schickte Banon die Adresse einer Wohnung, wo sich die beiden erneut trafen. Dort sei er schnell zudringlich geworden, wie Banon bereits 2007 in einem TV-Interview beschrieb, ohne den Namen ihres Angreifers zu nennen. "Er war wie ein brünftiger Schimpanse. Erst wollte er meine Hand halten. (...) Dann griff er meinen Arm – und dann immer weiter. Es endete sehr schlimm, sehr, sehr brutal. Wir rangen auf dem Boden." Der jungen Frau gelang die Flucht. In einer SMS habe Strauss-Kahn sie noch gefragt: "Habe ich dir Angst gemacht?"

Die Mutter

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Nachdem sie aus der Wohnung geflohen war, rief Banon sofort ihre Mutter, die sozialistische Politikerin Anne Mansouret, an. "Ich bekam einen panischen Anruf, sie weinte und hat mir erzählt, was passiert ist. Er sei - so berichtete sie mir damals - über sie hergefallen", wird Mansouret auf Tagesschau.de zitiert. Sie holte ihre Tochter ab, die immer noch verstört in ihrem verschlossenen Auto saß. Doch trotz ihres desolaten Zustands rät Anne Mansouret Tristane ab, Dominique Strauss-Kahn anzuzeigen. Sie wollte keinen Ärger mit dem mächtigen Parteigenossen. Außerdem gab es enge Verbindungen zu seiner Familie: Tristane war das Patenkind von Strauss-Kahns zweiter Ehefrau und mit seiner Tochter Camille befreundet. "Es wäre aus familiären Gründen zu heikel gewesen", so Tristanes Mutter gegenüber der Zeitung "Paris Normandie". Heute bereut Mansouret ihre Entscheidung. "Ich trage eine schwere Verantwortung. Ich bedaure, dass ich meine Tochter überredet habe, keine Anzeige zu erstatten." Als Mansouret Strauss-Kahn vor Jahren auf den Vorfall ansprach, habe er sich zwar entschuldigt – ihm sei eine Sicherung durchgebrannt. Doch das reicht Mutter und Tochter heute nicht mehr.

Der Anwalt

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David Koubbi ist Tristane Banons Anwalt. Er wird sie in dem Fall vertreten, falls es zur Anklage kommt. Koubbi glaubt nicht, dass Banon eine Chance gehabt hätte, wenn sie Strauss-Kahn schon damals vor Gericht gebracht hätte. "Es ist doch allgemein bekannt, dass in solchen Verfahren das Wort der Frau nichts gegen das eines Mannes zählt. Es gibt diese Statistik, wonach nur eine von zehn Frauen es wagt, nach einer Vergewaltigung Anzeige zu erstatten." Und wenn der Mann auch noch mächtig sei, sehe es noch schlechter für die Frauen aus. Doch angesichts des Verfahrens in New York riet er Banon nun, die Chance zu ergreifen und ihren mutmaßlichen Peiniger vor Gericht zu stellen. "Den Mut von Tristane Banon müssen wir begrüßen!"

miro

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