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Menstruations-Film "Wir kommen alle aus einer blutenden Vagina"

Menstruation - Film "Red Cunt"
Filmemacherin Toti Baches (49)
© Toti Baches
Die Hamburgerin Toti Baches (49) hat einen Film über die Menstruation gedreht – um sie aus der dunklen Ecke in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Ein Gespräch über Blut und Binden.

BRIGITTE.de: Ihr Film über die Menstruation heißt "Red Cunt". Rot ist klar, aber Cunt, also Fotze - warum das Schimpfwort?

Toti Baches: Das ist eine Provokation, die dazu beitragen soll, das Wort wieder in einen positiven Kontext zu rücken. Cunt kommt ursprünglich von "Kunti", einer Hindu-Göttin, die für Liebe, Mutterschaft und die Schönheit des weiblichen Körpers steht. Das Wort wurde früher feministisch verwendet, durch die patriarchalen Gesellschaftsstrukturen wurde es nach und nach zum Schimpfwort. 

Die Menstruation wird im Film als etwas Großartiges dargestellt, das man feiern sollte. Was ist so toll an Blutflecken und Bauchkrämpfen? 

Daran ist natürlich gar nichts toll. Aber die Menstruation darauf zu reduzieren, ist einfach ungerecht. Ich finde es ja auch bescheuert, dass die Periode zwischen dem zwölften und dem 55. Lebensjahr jeden Monat kommt, einmal im Jahr würde mir reichen. Ich habe sie selbst mein Leben lang als etwas Lästiges betrachtet. Aber im Nachhinein ärgert mich das, denn ich hätte sie viel positiver durchleben können. 

Wie das?

Mit mehr Aufklärung, mehr Dialog, mehr Produkten. Ich habe die ganzen Jahre über gar nicht gecheckt, dass die Periode ein Zeichen von Gesundheit und Fruchtbarkeit ist. Und darum geht es mir: Wenn die Menstruation nicht so ein Tabu wäre, könnten Mädchen sich viel früher damit anfreunden. Als Mutter war ich selbst damit überfordert, meiner Tochter die Periode als etwas Positives zu vermitteln. Das fand ich so schade für sie. 

Die Monatsblutung braucht Fürsprecherinnen.

Genau, weil es noch so viele Tabus gibt, weil Mädchen immer noch ihre Binden verstecken, weil die Menstruation als etwas Schmutziges gilt. Ich bin sicher, wenn Männer menstruieren würden, hätten wir einen ganz anderen Umgang damit. Die Forschung wäre weiter, und Endometriose wäre eine Krankheit, die Ärzt:innen sofort erkennen würden. Menstruieren ist ja nicht wie Pipi machen. Das habe ich übrigens oft zu hören bekommen: "Ich zeige ja auch nicht, wie ich Pipi mache." Aber ich bitte Sie, das kann man nicht gleichsetzen, das ist beleidigend.

Was ist denn das Besondere an der Menstruation?

Die Menstruation ist der Anfang des Lebens. Der Mann stammt nicht aus einer Rippe, wir kommen alle aus einer blutenden Muschi. Die Hälfte der Menschheit beschäftigt sich einmal im Monat damit, also gehört die Menstruation in die Mitte der Gesellschaft – bei Gesundheit, Wissenschaft und bei der Erforschung von Krankheiten, die damit verbunden sind. Dass wir eine vollgeblutete Binde nicht in die Fußgängerzone legen, ist klar, aber alles andere muss in die Mitte.

Auch das weibliche Genital? Im Film gibt es einen hochemotionalen Moment: Eine Frau schaut beim "Vulva-Watching" einer anderen zwischen die Beine, sie beginnt zu weinen und sagt: "Mir fehlen die Worte."

Die Situation ist extrem. Die beiden kannten sich nicht, und als Heterofrauen sind wir es nicht gewohnt, Vulven zu sehen. In meiner Generation hat man die weiblichen Geschlechtsteile gar nicht benannt, das war immer nur "da unten" – ich glaube, das ist immer noch ein bisschen so. Und wenn du noch nicht mal eine klare Bezeichnung dafür hast, wie willst du darüber sprechen? Auch das muss sich ändern.

Welche Bezeichnung finden Sie denn schön? 

Ich liebe das Wort Muschi, sage aber meistens Vulva. Möse hört sich ein bisschen veraltet an, aber das ist auch sehr schön.

Sie haben die Doku in Ihrer Freizeit gestemmt und ohne Verleih in die Kinos gebracht. Warum ist Ihnen das Thema derart wichtig? 

Die Enttabuisierung der Menstruation ist absolut überfällig. Ich habe eine gute Freundin, die sich vor ihrem eigenen Mensblut ekelt. Eine andere sagte mir, dass ihr Mann nicht zur Filmpremiere kommt, weil er "ein Problem" mit dem Thema hat. Ein Kollege von mir geht nicht hin, weil er sich "wie ein Perverser" vorkäme. Das alles zeigt doch, dass es noch ganz viele Berührungsängste gibt und dass der Film absolut notwendig ist. Er ist solange notwendig, wie wir Frauen unsere Binden und Tampons verstecken.

Der Film

"Red Cunt – Reconsidering Periods" von Toti Baches feiert am 4. November im Hamburger "3001 Kino" Premiere. Alle weiteren Termine und Infos unter www.red-cunt-film.com

Brigitte

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