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Studie Was wir erleben, wenn wir sterben

Studie Nahtod-Erfahrungen: Licht
© Jasper W / Adobe Stock
Wie fühlt es sich an, zu sterben? Was passiert mit uns nach dem Tod? Fragen, die sich die meisten Menschen im Leben mehr als nur einmal stellen, auf die es bis jetzt jedoch keine zufriedenstellende Antwort gab. Doch eine neue Studie zu Nahtoderfahrungen könnte zumindest ein wenig Aufschluss geben.

Was erwartet uns nach dem Tod? Das ist eine der ältesten, ungelösten Fragen der Menschheit. So ziemlich jede:r fragt sich im Laufe seines Lebens, was eigentlich danach kommt. Gibt es ein Leben nach dem Tod oder verschwinden wir einfach? Die Faszination daran teilen Menschen, die gerade am Beginn ihres Lebens stehen ebenso wie Menschen am Lebensende – und vor allem die Wissenschaft. Antworten auf diese Fragen gab es bisher nicht, lediglich die Erinnerungen derer, deren Leben bereits einmal am seidenen Faden hing und die dem Tod nur ganz knapp von der Schippe gesprungen sind. 

Menschen, die eine Nahtoderfahrung erlebt und überlebt haben, berichten immer wieder von einem Tunnel, mit einem hellen Licht am Ende, einer außerkörperlichen Erfahrung, bei der sie sich selbst beobachten konnten, oder auch davon, ihr Leben nochmal an sich vorbeiziehen gesehen zu haben, während ihr Herz bereits aufgehört hatte zu schlagen.

Eine Studie hat nun einige erstaunliche Erkenntnisse hervorgebracht. So fanden Forschende des medizinischen Ausbildungszentrums der New Yorker Universität Langone Health heraus, dass das Hirn viel länger aktiv bleibt, auch wenn das Herz stehen geblieben ist und das Gehirn dementsprechend nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wird.

Gehirnaktivität steigt bei sterbenden Patient:innen rapide an

Vor einigen Monaten wiesen US-Forschende nach, dass die Gehirnaktivität stark ansteigt, wenn ein:e sterbende:r Patient:in von lebenserhaltenden Geräten getrennt wird. Außerdem stellten sie durch Tierversuche fest, dass sich die Nervenzellen nach einem Nahtoderlebnis deutlich länger erholten, als bisher angenommen. 

Eine aktuelle Studie, die im Juli 2023 vorgelegt wurde, bestätigte nun diese Thesen. Das Forscherteam der New York University unter der Leitung des Kardiologen Sam Parnia analysierte zwischen Mai 2017 und März 2020 insgesamt 567 Patientendaten nachdem sie einen Herzstillstand erlitten hatten. Mittels eines Elektroenzephalogramm (EEG) wurde ihre Gehirnaktivität gemessen. Gleichzeitig wurden die Patienten reanimiert. Von den 567 Patienten überlebten lediglich 10 Prozent. 28 von ihnen konnten später zu ihren Erinnerungen und Erfahrungen während dieses Nahtoderlebnisses befragt werden. Des weiteren wurden 126 zusätzliche Probanden befragt, die außerhalb einer Klinik einen Herzstillstand überlebt hatten. 

Bemerkenswerterweise konnten sich 40 Prozent der Befragten an den Moment des Herzstillstandes und an die daraufhin eingeleiteten Wiederbelebungsmaßnahmen erinnern und erklärten, auch den körperlichen Schmerz der Herzdruckmassage gespürt zu haben. Während einige diese Erinnerungen als traumähnlich beschrieben, gaben andere an, diese Erfahrung als sehr real wahrgenommen zu haben. 

Allerdings räumte das Forscherteam auch ein, die Zahl der Probanden in der Studie sei zu gering gewesen, um fundierte Ergebnisse präsentieren zu können – vielmehr sollten die Untersuchungsergebnisse zunächst einen Einblick in Nahtoderfahrungen geben.

Subjektive Berichte schwer zu verfizieren

Oft gleichen sich die Berichte: Das Licht am Ende des Tunnels oder das Leben, das vor dem inneren Auge vorbeizieht, gehören zu den klassischen Erzählungen von Menschen, die dem Tod nur knapp entkommen sind. Berichte, die schwer bis gar nicht wissenschaftlich verifizierbar sind. Was jedoch messbar ist, ist die Hirnaktivität. 

So zeigten die Untersuchungen im Krankenhaus, dass bei 40 Prozent der Patienten, die vorübergehend keine messbaren Gehirnaktivitäten aufwiesen, diese nach einer gewissen Zeit zurückkehrte, wodurch auf ein funktionierendes Bewusstsein geschlossen werden könne, so die Forschenden. Teilweise dauerte diese sogar bis zu 60 Minuten nach Aufnahme der Reanimationsmaßnahmen.

Gehirn kommt möglicherweise deutlich länger ohne Sauerstoff aus, als bislang angenommen

Ob diese Hirnaktivitäten tatsächlich ein funktionierendes Bewusstsein darstellen, ist allerdings umstritten. Allerdings könnten die Erkenntnisse über die Wiederaufnahme der Hirnaktivität für die zukünftige Behandlung von möglichen Hirnschäden sehr relevant sein. Bislang ist man davon ausgegangen, dass das Hirn bereits nach zehn Minuten ohne Sauerstoffversorgung irreversible Schäden davonträgt, die aktuelle Studie zeige aber, dass das Gehirn seine elektrische Aktivität auch sehr viel später wieder aufnehmen könne, erklärt Parnia.

Warum so viele Betroffene von den sich sehr stark ähnelnden Erfahrungen berichten, ist noch noch unklar. Ein möglicher Erklärungsansatz sei, dass die Barrieren, die normalerweise im Gehirn installiert sind, um nicht ununterbrochen Erinnerungen und Gedanken fließen zu lassen, sich während des Sterbeprozess auflösen. Möglicherweise würden Sterbende auf eine Bewusstseinsebene gelangen, die bei allen Menschen gleich, aber nur kurz vor dem Tod zugänglich ist, so die Forscher. 

Gegenüber "Medical News Today" sagte Dr. Sam Parnia zu den Erkenntnissen: "Unsere Ergebnisse belegen, dass Menschen, die kurz vor dem Tod und im Koma sind, eine einzigartige bewusste innere Erfahrung machen." Und weiter: "Das sind keine Halluzinationen, keine Illusionen, keine Wahnvorstellungen, das sind reale Erfahrungen, die man macht, wenn man stirbt." 

Quelle: Stern.de, scientificamerican.com, medicalnewstoday.com

jba Brigitte

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