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Leila Janah: Mit Mikroarbeit gegen Armut

Leila Janah hatte eine simple Idee - warum sollte es in unserer vernetzten Welt nicht möglich sein, auch den Ärmsten der Armen ein sicheres Einkommen per Computer zu ermöglichen?
Leila Janah
Leila Janah
© Ved Chirayath

Die Idee, mit der Leila Janah, 30, den globalen Arbeitsmarkt revolutioniert, ist so einfach und gut, dass man sich fragt, warum nicht längst jemand darauf gekommen ist. Und dann fällt es einem wieder ein: Weil bislang nicht allzu viele Frauen überhaupt in Positionen gelangen konnten, um mit ihren Ideen die Welt zu verändern.

Aber jetzt schlägt ihre Stunde, auch die Stunde der Leila Janah: Mit 16 gewann sie ein Stipendium und ging damit statt aufs College nach Ghana und unterrichtete Kinder. Später studierte sie in Harvard und arbeitete bei der Weltbank; jeder Mainstream-Karrierist wäre mit dieser Vita ins große Politik- oder Finanzbusiness eingestiegen, aber Leila interessierte einzig das Thema soziale Gerechtigkeit.

Ihre Idee: Mikroarbeit. Die geht so: Technologie-Riesen geben Jobs, die man mit einfachen PCs erledigen kann, an Leilas Firma "Samasource" im Silicon Valley. Dort werden die Aufträge mit SpezialSoftware in kleine digitale Einheiten zerlegt und um den Globus geschickt, nach Afrika, Indien, in die Flüchtlingscamps in Kenia und in die Notunterkünfte der Erdbebenopfer von Haiti. Überall dort hat Leila Trainingscenter eingerichtet, die Jugendliche und Frauen fit am Computer machen. Fünf Dollar bekommt eine Inderin am Tag, wenn sie Daten für eBay oder Google Maps eingibt, damit kann sie ihre Familie ernähren und Kurse zur Weiterbildung bezahlen. Bislang kamen so mehr als 3200 Menschen zu einem neuen Job.

Durch Leila Janah sind die Armen der Welt jetzt Mitarbeiter von Google, X-Box und Linked-In. Das ist das Revolutionäre an ihrer Idee: Sie verbindet den Arbeitsmarkt der Dritten Welt mit der Technologie der Ersten - nicht als Teil der globalen Ausbeutung, sondern als Teil der globalen Solidarität. Und wenn jemand sagt, die in Afrika nehmen uns die Jobs weg, dann erwidert sie: "Wir haben nicht mehr Recht auf Arbeit als jemand, der arm ist."

Charity, findet sie, ist ein Wort von gestern. Lieber mag sie das Wort Würde.

Inzwischen erklärt sie ihre Mikroarbeit-Idee auf nahezu jeder wichtigen Nachhaltigkeits-Konferenz, stets im Designerkleid, mit leicht angezogenen Schultern und einem Blick, in dem noch das Erstaunen liegt, wie weit man es bringen kann, wenn man sein Ziel kennt. Ihre Eleganz war anfangs ein Problem, weil sie so gar nicht zum Look im Silicon Valley passt, wo gerade mal fünf Prozent der Firmenbosse Frauen sind. "Die Männer dort denken, wenn du dich gut anziehst, kannst du nicht schlau sein", sagt sie. Sie hat es mit Jeans und Adidas probiert, aber gemerkt, "das bin ich nicht", und jetzt trägt sie wieder Kleider und den Schmuck ihrer indischen Großmutter. Wer es schafft, den Armen Jobs bei Microsoft zu verschaffen, der wird an den Blicken der IT-Männer nicht scheitern.

Leila Janah

, 30, vermittelt Mikro-Computerjobs an Menschen in der Dritten Welt. Die Tochter indischer Einwanderer wuchs in Los Angeles auf und gründete mit 25 ihre Firma Samasource. Sie nennt ihr Modell "Fließband des 21. Jahrhunderts"

Text: Meike Dinklage BRIGITTE 07/2013

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