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Sophie Slater macht Mode politisch

Sophie Slater
© Claudia Janke
Sophie Slater gründete den Onlineshop birdsong.london, eine Website für Mode, die nach feministischen Richtlinien produziert und vermarktet wird. Damit will sie einen Ort schaffen, an dem Mode fair zu Frauen ist.

Kann Mode feministisch sein? Also bei der Herstellung Frauenrechte achten, bei der Vermarktung auf Klischees verzichten? Gewollt wird das seit Jahren. Es gibt Initiativen für bessere Arbeitsbedingungen in Textilfabriken, Kampagnen gegen dünne Models und sexistische Werbung. Es sind viele kleine Schritte, sie führen alle in die richtige Richtung.

Sophie Slater will das Frauenbild der Modeindustrie revolutionieren

Doch Sophie Slater dauerte das alles viel zu lang. 2014 gründete die britische Studentin daher mit zwei Kommilitoninnen Birdsong: einen Internetshop, der ausschließlich Kleider und Accessoires verkauft, die von Frauen in Hilfsprojekten auf der ganzen Welt hergestellt werden.

Wir wollten einen Ort schaffen, an dem Mode fair zu Frauen ist", sagt sie.

Kleider und Stil faszinierten Slater schon immer. Als Kind verkleidete sie sich vor dem Spiegel. Während ihrer Schulzeit im Nordosten Englands arbeitete sie als Verkäuferin und Model für die US-Firma "American Apparel". Die warb zwar damit, keine Kleidung in Ausbeuterbetrieben produzieren zu lassen; das Frauenbild des Firmengründers Dov Charney war trotzdem erschreckend einseitig, erinnert sich Slater. "Bei meiner Arbeit war ich ständig umgeben von Postern, die Frauenhintern zeigten." Als dann bekannt wurde, dass Charney Mitarbeiterinnen jahrelang sexuell belästigt haben soll, wurde ihr klar: Der Blick vieler Modebetriebe auf die Frauen stimmt nicht.

Slater gründete einen Webshop, der Mode aus Londoner Frauenprojekten anbietet

Slater begann, in Manchester Geschichte zu studieren - und sich für Frauenrechte zu engagieren. Sie arbeitete für eine Notrufhotline für Vergewaltigungsopfer, betreute Frauen in einer Obdachloseneinrichtung. Und sah, wie schwer es Frauenprojekte haben, wenn Fördergelder gekürzt werden.

Als sie bei dem Aufbaustudiengang "Social Innovation" in London schließlich Sarah Beckett und Ruba Huleihel traf, zwei junge Frauen mit ähnlichen Interessen und Erfahrungen, konnten sich die drei schnell auf ein Studienprojekt einigen: Sie entwickelten einen Internetshop, der die selbst gemachte Mode einiger Londoner Frauenprojekte anbot. Die Kleider fotografierten sie in einem Park, eine Freundin war Model. Als sie online gingen, waren im Shop knapp 30 Produkte zu finden.Tags darauf waren fast alle verkauft.

"No sweatshops, no photoshop" - keine Ausbeutung, keine digital veränderten Models

Heute arbeitet Birdsong mit 16 Frauenprojekten zusammen, dazu gehören neben sechs Organisationen in England auch eine Nähgruppe von israelischen und palästinensischen Frauen, ein Sozialunternehmen in Südafrika, das Ketten und Ringe aus recycelten Magazinen herstellt, und ehemalige Prostituierte in Thailand, die ihr Geld mit selbst gemachtem Schmuck verdienen.

Bis zu 80 Prozent des Erlöses fließen zurück an die Produzentinnen, doch die Idee von Birdsong geht über den Vertrieb hinaus.

"Wir wollen den männlichen Blick aus der Mode entfernen", sagt Slater.

Deshalb lautet das Motto auf der Website "No sweatshops, no photoshop" - keine Ausbeuterbetriebe, keine digital veränderten Models. Slater engagiert ausschließlich Fotografinnen, die Models haben unterschiedlichste kulturelle Hintergründe, einige tragen Achselhaar, manche sind 86 Jahre alt oder Transfrauen.

Slater wird bei Investoren oft für die Praktikantin gehalten

Schwarze Zahlenschreibt Birdsong noch nicht, die Firma wird von privaten Investoren und staatlichen Fördergeldern unterstützt. Slater braucht daher neben ihrer Arbeit für Birdsong drei weitere Jobs - an einer Schule, in der Frauenberatungsstelle für Vergewaltigungsopfer und als Journalistin -, um ihre Miete zu zahlen.

Doch das bremst sie nicht. Schließlich merkt sie bei Gesprächen mit potenziellen Investoren immer wieder, wie chauvinistisch nicht nur die Modebranche, sondern auch die Szene der Sozialunternehmen ist: Wenn sie bei möglichen Geldgebern vorspricht, wird sie oft für die Praktikantin gehalten. "Es spielt immer ein bisschen Sexismus mit. Die wenigsten Investoren trauen einer jungen Frau zu, ein Unternehmen zu gründen. Jedes Kleid, das wir verkaufen, trägt dazu bei, dass sich das ändert."

BRIGITTE

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