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Gewalt gegen Frauen Die vielen schrecklichen Gesichter sexualisierter Gewalt

Alle Acht Minuten wird ein Mensch auf der Welt Opfer von sexualisierter Gewalt
Alle Acht Minuten wird ein Mensch auf der Welt Opfer von sexualisierter Gewalt.
© Mary Long / Adobe Stock
Sexualisierte Gewalt gibt es in vielen Facetten – das Schlimmste daran ist, dass sie für viele Menschen trauriger Alltag ist.

Inhaltsverzeichnis

Vergewaltigungen, sexueller Missbrauch, Beschneidungen, häusliche Gewalt, Zwangsheirat – das alles sind nicht nur Worte, die fürchterliche Bilder im Kopf hervorrufen oder, schlimmer noch, eigene Erinnerungen und Traumata antriggern: Diese und andere Formen der (sexuellen) Gewalt sind für viele Menschen trauriger Bestandteil ihrer Existenz. Allein in Deutschland wird alle acht Minuten ein Mensch Opfer von sexualisierter Gewalt, so der "Weiße Ring", doch die Dunkelziffer könnte weitaus höher sein.

Wenn wir von sexueller Gewalt sprechen, denken viele von uns vor allem an die Vergewaltigung einer Frau – durchgeführt von einem Mann. Und ja, dabei handelt es sich um ein schreckliches, menschenverachtendes Gesicht von sexueller Gewalt. Fürchterlicherweise ist es aber nicht das einzige. Gewalt wird von Menschen jeden Alters und Geschlechts an anderen Menschen verübt. 

Heute, am 25. November, ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen – und wir möchten, nein, wir müssen die Facetten zeigen, unter denen Mädchen, Frauen und so viele andere Menschen tagtäglich zu leiden haben. Denn wer weiß, dass ihm:ihr oder einer nahestehenden Person gerade Gewalt angetan wird, der:die kann handeln, Hilfe suchen, aufklären – und damit vielleicht sogar Leben retten.

Was meint sexualisierte Gewalt?

Wovon sprechen wir eigentlich beim Thema sexuelle Gewalt?
Wovon sprechen wir eigentlich beim Thema sexuelle Gewalt?
© alfa / Adobe Stock

Wann spricht man von sexueller bzw. sexualisierter Gewalt? Laut der Bundeszentrale für politische Bildung gibt es für den Begriff keine einheitliche Definition. "Nach weitem Verständnis, das häufig der Arbeit spezialisierter Fachberatungsstellen zugrunde liegt, ist sexualisierte Gewalt dann gegeben, wenn ein Mensch an einem anderen Menschen gegen dessen Willen mit sexuellen Handlungen eigene Bedürfnisse befriedigt." Dies, so die Bundeszentrale weiter, reiche von einer verbalen sexuellen Belästigung bis hin zur Vergewaltigung. 

In einer Studie zum Thema sexuelle Gewalt wird sie definiert als "jede Verletzung der körperlichen oder seelischen Integrität einer Person, welche mit dem Geschlecht des Opfers und Täters zusammenhängt". Hierzu zählt die Studie auch verbale und/oder schriftliche Handlungen wie Übergriffe im Internet. In der Studie wird der Begriff "sexuelle Gewalt" verwendet, um zu betonen, dass nicht etwa Sexualität das Problem in diesem Kontext sei, sondern das "gewaltförmige Handeln".

Nicht nur von unterschiedlichen Institutionen, auch in der Forschung und im Strafrecht wird der Begriff nach unterschiedlichen Logiken weiter ausdifferenziert und in verschiedene Begriffe unterteilt.

Die vielen unterschiedlichen Formen von sexualisierter Gewalt

Sexualisierte Gewalt hat viele Formen
Sexualisierte Gewalt hat viele Formen
© Truncus / Adobe Stock

Sexuelle Gewalt hat viele Facetten. Wichtig dabei: Die Reihenfolge der aufgezählten Formen soll keine Skala darstellen – von "nicht so schlimm" bis "besonders furchtbar". Bei der Diskussion um sexualisierte Gewalt sollte es nicht darum gehen, welchem Opfer besonders schreckliche Gewalt angetan wurde, oder dass eine Form von Gewalt schlimmer sei als die andere. 

Debatten mit dieser Prämisse lenken allzu schnell vom eigentlichen Problem ab: dass überhaupt Gewalt angetan wird. Ebenfalls besteht so die Gefahr, dass gewisse Formen von Gewalt im Vergleich zu anderen relativiert werden (nach dem Motto: "Das war doch nur ein Kuss, stell dich mal nicht so an"). Es muss darum gehen, solche Vorfälle klar als Gewalt zu benennen, präventiv zu verhindern oder im Mindesten aufzuarbeiten, wenn sie vorkommen. 

- Stalking -

Unter "Stalking" wird die wiederholte Verfolgung bzw. Belästigung einer Person, die Bedrohung, Nachstellung und/oder Terrorisierung gegen deren Willen bis hin zur körperlichen oder psychischen Gewalt verstanden. Betroffen sind Menschen jeden Alters, Geschlechts, Berufs, Religion und Nationalität, wobei laut Polizeiberatung überdurchschnittlich viele Frauen betroffen sind und in 75 Prozent der Fälle die Betroffenen die stalkende Person kennen.

Es wird geraten, sich in einem solchen Fall an die Polizei zu wenden und Anzeige zu erstatten, sollte die stalkende Person einen Straftatbestand erfüllen oder eine Gefahr für das Opfer darstellen. Außerdem gibt es Fachberatungsstellen, an die sich Stalking-Opfer wenden können.

- Sexuelle Ausbeutung in (professionellen) Abhängigkeitsbeziehungen -

Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR definiert sexuelle Ausbeutung als den versuchten oder tatsächlichen Missbrauch der Situation von vulnerablen Menschen. Das können beispielsweise Personen sein, die von den Täter:innen in irgendeiner Form abhängig sind. "Macht- und Vertrauensverhältnisse werden missbraucht, um sexuelle Gefälligkeiten zu erhalten, einschließlich, aber nicht nur, indem man Geld oder andere soziale, wirtschaftliche oder politische Vorteile anbietet", so das UNHCR. Menschenhandel und Prostitution fallen ebenfalls darunter.

- Sexuelle Belästigung (am Arbeitsplatz) -

Abgegrenzt wird der Begriff der sexuellen Ausbeutung von der sexuellen Belästigung, mit dem laut UNHCR Folgendes gemeint ist:

  • jeder unerwünschte sexuelle Annährungsversuch 
  • jede Bitte um sexuelle Gefallen
  • verbale oder körperliche Handlungen
  • Gesten sexueller Natur
  • jedes andere Verhalten sexueller Art, das zu einer Beleidigung oder Erniedrigung der anderen Person führt

- Sexuelle Gewalt in Partnerschaft und Ehe -

Während Männer in Paarbeziehungen überwiegend psychischer Gewalt ausgesetzt sind, erfahren Frauen eher körperliche (32 Prozent) und sexuelle (13 Prozent) Gewalt, so die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Gewalt in der Sexualität werde zum Problem, wenn die "Grenzen der Freiwilligkeit verletzt, wenn Menschen sexuell missbraucht werden", schreibt der Bundesverband "Pro Familia".

- Vergewaltigung und sexuelle Nötigung -

Eine Vergewaltigung wird von der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt in Bonn definiert als "jegliches Eindringen in den Körper oder der Versuch des Eindringens in den Körper einer Person ohne deren Einverständnis". Sexualität werde bei dieser Tat als "Mittel zur Machtdemonstration, Demütigung und Unterwerfung von Menschen eingesetzt".

Das Bundeskriminalamt erfasste im Jahr 2021 9.903 Fälle von Vergewaltigungen, sexuelle Nötigung und sexuellen Übergriffen, wovon 85,4 Prozent aufgeklärt werden konnten – hierbei handelt es sich allerdings nur um die Fälle, die an die Polizei herangetragen wurden. "Nicht einmal jede 15. Tat wird bei der Polizei angezeigt", heißt es in einer Pressemitteilung von "Weißer Ring" mit Verweis auf kriminologische Studien.

An wen können Betroffene sich wenden?

Je nach Form der sexuellen Gewalt, gibt es viele Anlaufstellen, an die sich Opfer, Nahestehende und auch Täter:innen wenden können. Dazu zählen unter anderem:

  • Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist ein bundesweites Beratungsangebot. Unter der Nummer 08000 116 016 und unter www.hilfetelefon.de können sie sich anonym und kostenlos beraten lassen.
  • Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch (bundesweit, kostenfrei und anonym) unter Tel. 0800 22 55 530, www.hilfe-telefon-missbrauch.online
  • Nummer gegen Kummer, kostenlose Hotline für Kinder und Jugendliche (bundesweit, kostenfrei und anonym), Tel. 116 111, www.nummergegenkummer.de
  • Hilfe bei sexuellen Übergriffen gibt es auch auf der Website trau-dich.de

Verwendete Quellen: bmfsfj.de, frauenberatung.ch, weisser-ring-stiftung.de, frauen-gegen-gewalt.de, beltz.de, bpb.de, polzei-beratung.de, unhcr.org, lpb-bw.de, profamilia.de, ndr.de, beratung-bonn.de, bka.de, fra-europa.eu

csc Brigitte

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