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Pinkstinks-Kampagne wirbt für ein starkes Frauenbild

Sexismus in der Werbung begegnet uns an jeder Litfaßsäule. Die Organisation Pinkstinks wehrt sich dagegen - mit Werbemotiven, die zeigen, wie es besser geht.

Eine Frau in Dessous, die sexy ist UND schlau aussieht. Ein schönes Frauenbein, das Haare zeigt. Und selbstbewusste Frauen jenseits von Size-Zero, die echte Vorbilder sind. Mit diesen Motiven wirbt die Initiative Pinkstinks für stärkere Frauenbilder in der Werbung. Die Motive, die von ehrenamtlichen Mitarbeitern gestaltet wurden, sind seit dieser Woche in fünf deutschen Städten auf Edgar-Postkarten zu sehen. Auch auf Leuchtlitfaßsäulen will Pinkstinks die Plakate im nächsten Jahr zeigen und sammelt aktuell Spenden dafür. Wir haben mit Pinkstinks-Gründerin Stevie Schmiedel darüber gesprochen, warum sie Sexismus in der Werbung per Gesetz verbieten will.

Stevie Schmiedel
... ist promovierte Dozentin für Genderforschung. Die Deutsch-Britin hat zwei Töchter und ist Vorstandsvorsitzende von Pinkstinks, einer Kampagne gegen Produkte, Werbeinhalte und Marketingstrategien, die Mädchen eine limitierende Geschlechterrolle zuweisen. Mehr dazu auf pinkstinks.de
© Alicia Kassebohm

Frau Schmiedel, Sie kämpfen mit Pinkstinks seit zwei Jahren gegen Sexismus in der Werbung. Welches Werbemotiv hat Sie persönlich bislang am meisten aufgeregt?

Ich habe mich besonders über die Werbung des Handball-Vereins "Füchse Berlin" geärgert. Die begegnete mir als Mitglied der Jury für den Negativ-Preis "Der Zornige Kaktus", den Terre des Femmes dieses Jahr zum ersten Mal für sexistische Werbung verleiht. Das Motiv zeigt vier Mädchen im Bikini, die am Wannsee sitzen, und einen geifernden Fuchs, der die Mädchen gleich angreifen will. Darüber steht 'Hier ist unser Revier'. Mich stört dabei nicht, dass die Mädchen einen Bikini tragen, sondern dass sie quasi als Freiwild dargestellt werden, als etwas, was dem Fuchs in seinem Revier zusteht. Das ist besonders traurig, weil ja eigentlich versucht wird, junge Mädchen für Sport und Verein zu begeistern.

Ist das nicht ein Fall für den Deutschen Werberat, der für solche Fälle ja auch Rügen ausspricht?

Ja, eigentlich schon. Aufgrund unseres Drucks rügt der Werberat inzwischen Werbung, in der sexualisierte Frauen mit Produkten in Zusammenhang gebracht werden, die nichts mit ihnen zu tun haben. Also zum Beispiel eine halbnackte Frau auf einem Abschleppwagen. Auch im Fall der 'Füchse' haben die Mädchen ja nichts mit Handball zu tun. Aber hier kann der Werberat nichts machen, weil er nur für Wirtschaftswerbung zuständig ist, nicht für Vereine. Darum müssen Vereine besonders verantwortlich mit Werbung umgehen, weil sie von niemandem belangt werden können.

Als Antwort auf Sexismus in der Werbung hat Pinkstinks nun eigene Plakate entworfen. Was wollen Sie uns mit den Motiven sagen?

Wir wollen zeigen, dass man schon mit kleinen Brüchen in der Werbung Frauen mehr Raum bieten kann. Das Bild mit den Frauenbeinen zum Beispiel hat viele junge Mädchen begeistert. Die Haare auf den Beinen sieht man erst auf den zweiten Blick, aber dann hat dieser Tabubruch etwas sehr Befreiendes für die Frauen. Denn wer sagt eigentlich, dass nur unbehaarte Beine schön sind? Liegt das nicht nur daran, dass wir es gewöhnt sind, ausschließlich solche Bilder zu sehen? Die Fragen wirft das Motiv auf.

Sie zeigen auch eine Frau in Unterwäsche ...

Ja, aber die ist erstens nicht superdünn und zweitens räkelt sie sich nicht auf einem Bett und wartet auf ihren Mann. Denn das ist das Bild, das wir normalerweise sehen, wenn in Zeitschriften Unterwäsche vorgestellt wird. Auf unserem Motiv ist es der Mann, der auf die Frau wartet, während sie noch arbeitet und lässig über den Laptop schaut. Wir zeigen damit: Auch so kann man für Dessous werben, ohne dass die Frau in ein Klischee gedrängt oder dem Mann untergeordnet wird.

"Es ist kein überzogener Moralismus, den wir hier fordern."

Pinkstinks hat auch eine Petition gestartet, in der Sie fordern, dass Sexismus in der Werbung per Gesetz reguliert wird. Glauben Sie, dass das wirklich Erfolg haben kann?

Auf jeden Fall. Wir bekommen sehr viel Unterstützung für unser Vorhaben, von Frauenrechtsverbänden, Journalistinnen, dem Deutschen Juristinnenbund, aber auch aus der Politik. Es ist ja kein überzogener Moralismus, den wir hier fordern. Wir wollen nicht die H&M-Dessous-Werbung verbieten. Es geht darum, eine Grenze zu ziehen, um Diskriminierung zu vermeiden. Realistisch rechnen wir damit, dass das Thema in der nächsten Legislaturperiode angegangen wird. Mit unserer Kampagne bereiten wir jetzt den Boden vor.

Werbeagenturen sind vermutlich nicht besonders scharf auf eine solche Norm. Was ist die häufigste Reaktion, die Sie aus der Branche zu hören bekommen?

Als ich mal einen Vortrag vor Werbestrategen hielt, kamen danach viele Frauen zu mir, die mir sagten 'Weiter so!' Aber es gibt natürlich auch viel Kritik. Die häufigsten Argumente, die ich von WerberInnen höre, sind: 'Wir sind nicht schuld, sondern die Kunden.' Da ist natürlich etwas dran, die Unternehmen haben großen Einfluss auf ihre Werbekampagnen. Die zweite Antwort der Agenturen ist: 'Wir sind ja nur der Spiegel der Gesellschaft. Diese Werbung wird von den Menschen gewünscht.' Eine solche Argumentation ist natürlich sehr vorteilhaft für die Wirtschaft, weil das Frauenbild so dauerhaft schwach und unrealistisch gehalten wird. Uns wird weiter suggeriert, dass wir 'falsch' sind, weil wir nicht diesen dünnen, verführerischen Frauen in der Werbung entsprechen. Und die Wirtschaft verspricht uns, dass sie uns mit ihren Produkten helfen kann, so zu werden wie die sexy Frau, die in Unterwäsche auf dem Sofa Schokolade isst. So funktioniert Gendermarketing, welches Mädchen und Frauen stark in ihrer Freiheit einschränkt. Dagegen kämpfen wir.

Sie stören sich auch an Sexismus in der Werbung? Hier können Sie die Petition von Pinkstinks unterschreiben: https://werbung.pinkstinks.de

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