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Woran erkennt man eine gute Schule?

Woran erkennt man eine gute Schule?
© 68/altrendo images/Ocean/Corbis
Was macht eine gute Schule wirklich aus - Lehrmethoden, Standort, finanzielle Mittel? Für Roman Rösch vom "Deutschen Schulpreis" ist etwas anderes viel wichtiger.

Mit dem "Deutschen Schulpreis" zeichnet die Robert Bosch Stiftung besonders gute Schulen aus. Wir haben mit dem Bildungsexperten der Robert Bosch Stiftung, Dr. Roman Rösch, darüber gesprochen, was eine gute Schule eigentlich ausmacht.

Herr Rösch, Sie und Ihr Team bewerten Schulen aus ganz Deutschland. Was macht denn eine gute Schule aus?

Wir haben dafür verschiedene Kriterien erarbeitet. Da gibt es zum einen die Leistungsseite, also: Wie gut schließen die Schüler an dieser Schule ab, gibt es besondere Projekte, herausragende Leistungen bei Wettbewerben und so weiter. Aber daneben gibt es andere Faktoren, die ebenso wichtig sind: Wie mit kultureller Vielfalt umgegangen wird, ob es die Schule schafft, soziale Benachteiligung auszugleichen. Ob sie selbstverantwortliches Lernen und einen respektvollen Umgang fördert. Und ob sie es wagt, neue Wege zu gehen.

Was ist Ihrer Meinung nach der wichtigste Faktor?

Am wichtigsten sind eine gute Schulleitung und Lehrer, die als Team zusammenarbeiten. Wenn die Belegschaft nicht stur vor sich hinarbeitet, sondern offen ist für Neues, sich regelmäßig austauscht und Veränderungsprozesse wirklich gemeinsam durchführt, dann kann jede Schule Überdurchschnittliches leisten - unabhängig davon, wie viel Geld zur Verfügung steht oder wie das soziale Umfeld aussieht.

Als Mutter, die eine Schule wählen muss, habe ich nur einen kleinen Einblick in die Arbeit der Schule - wie kann ich trotzdem eine gute Wahl treffen?

Eltern können durch Fragen einiges darüber herausfinden, wie die Schule arbeitet. Wie viel lassen die Lehrer die Schüler mitbestimmen? Gibt es Wochenpläne für die Schüler? Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Eltern aus? Was tun die Lehrer, um ihren Unterricht zu verbessern? Auch der Gang durch die Schule ist aufschlussreich: Wie sind die Klassenzimmer gestaltet? Sieht jedes anders aus oder gibt es ein einheitliches Konzept? Welche Angebote gibt es für außerschulisches Lernen? Eltern sollten hier auch ruhig auf ihr Bauchgefühl vertrauen und immer mit bedenken: Die Schule muss auch zu ihrem Kind und seinen Bedürfnissen passen.

Wie viel Freiheit hat eine Schule überhaupt zur Gestaltung zwischen Lehrplänen und Schulsystemen?

Insgesamt ist die Schullandschaft viel bunter, als man denkt. Natürlich haben die Schulen einen Rahmen, in dem sie sich bewegen müssen, aber es wird ihnen auch viel Freiraum gelassen. Jede Schulleitung hat die Chance, das Heft selbst in die Hand zu nehmen, sich an neue Lernkonzepte zu wagen und sich weiterzuentwickeln. Manchmal ist es auch gut, die Grenzen zu überschreiten. So hatten wir gerade Kontakt zu einer Schule, die die Schüler selbst entscheiden lassen will, ob sie Abitur nach acht oder neun Jahren machen wollen. Solche Vorstöße regen schulpolitische Diskussionen an und helfen insgesamt, unsere Schulsysteme weiterzuentwickeln. Leider trauen sich viele Schulen das aber nicht.

Was können Eltern zu einer guten Schule beitragen?

Das kommt immer auf die individuelle Situation an. In Brennpunkt-Regionen etwa brauchen die Eltern selbst Unterstützung von den Schulen, hier spielen die Lehrer eine wichtige soziale Rolle. Aber natürlich können Eltern auch selbst an der Schulentwicklung mitwirken und Veränderungsprozesse aktiv begleiten. Jede Schule hat Gremien, an denen sich Eltern beteiligen können. Insgesamt ist es wichtig, dass wirklich alle mithelfen, die Schule voranzubringen und sie nicht blockieren, seien es Lehrer, Eltern, Gemeinden oder Behörden.

Aber führen neue Wege denn zwangsläufig immer zum Besseren? Es gibt ja auch hochumstrittene Reformen.

Ich kann gut verstehen, dass Eltern einigen neuen Konzepten skeptisch gegenüber sind. Und natürlich müssen sie genau hinschauen, wie sie umgesetzt werden. Aber wichtig ist auch: Wenn die Schule etwas Neues wagt, dann sollte man sie dabei unterstützen und nicht beim ersten Problem alles in Frage stellen. Reformen muss man auch Zeit lassen und allen Beteiligten die Möglichkeit geben, sich daran zu gewöhnen. Umgekehrt gilt das natürlich auch: Wenn die Schule ständig etwas Neues einführt, und dann wieder zurückrudert, heute G8 will und morgen G9 - dann sollten Eltern natürlich ihre Bedenken äußern. Kontinuität und eine klare Linie sind wichtig für einen erfolgreichen Schulbetrieb.

Die Deutschen jammern viel über ihre Schulen - wie schätzen Sie den Zustand denn ein?

Grundsätzlich sind die Schulen in Deutschland besser als ihr Ruf. Es wurden in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Aber die individuellen Unterschiede sind sehr groß. Wir können an einem Ort eine großartige Schule haben und direkt daneben steht eine, bei der es nicht so gut läuft. Hier müssen wir noch besser darin werden zu erkennen, was die Probleme dieser Schulen sind und ihnen bei der Lösung helfen. Das gilt besonders für Schulen in sozialen Brennpunkten, die schnell in eine fatale Abwärtsspirale geraten. Aber vor allen Dingen brauchen wir mehr Austausch zwischen den Schulen sowie Lehrer, die interessiert sind an den Projekten der Anderen. Wenn etwa eine Schule Inklusion eingeführt hat, dann können andere Schulen von den Erfahrungen lernen und sich erfolgreiche Strategien abschauen. Wir fördern diesen Austausch mit der "Akademie des Deutschen Schulpreises". Hier informieren unsere Preisträger interessierte Schulen über ihre Arbeit. Das kommt sehr gut an bei den Lehrern.

Unser Experte
Dr. Roman Rösch ist stellvertretender Bereichsleiter "Bildung, Gesellschaft und Kultur" der Robert Bosch Stiftung und begleitet den "Deutschen Schulpreis" seit vielen Jahren.
© Robert Bosch Stiftung

Was können wir vom Ausland lernen?

Es gibt viele Länder, die interessante Wege gehen und von denen man sich inspirieren lassen kann. In Asien tut sich gerade sehr viel. Hier hat man etwa in Singapur Schulreformen angestoßen, die weit über unsere Vorstellungen einer Drill- und Paukschule hinausgehen. Neue Medien spielen in der Schule eine große Rolle. Lehrerfortbildung und die kontinuierliche Verbesserung von Unterricht sind zentrale Bestandteile der Schulreform. Spannend ist auch das Prinzip der Lehrer-Auswahl in Skandinavien. Dort hat der Lehrer-Beruf ein sehr hohes Ansehen in der Gesellschaft, und wer Lehrer werden will, muss harte Prüfungen bestehen. Darüber sollte man auch in Deutschland offen diskutieren. Denn auch wir brauchen die Besten für diesen wichtigen Beruf.

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