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Musste Shylan sterben, weil sie sich gegen eine Zwangsheirat wehrte?

Bei einer kurdischen Hochzeit in Hannover wurde die 21-jährige Shylan mit mehreren Schüssen getötet. Sie hatte sich einer Zwangsgheirat verweigert, sagt ihr Vater.

Die 21-jährige Shylan aus Hannover hatte ihr Leben noch vor sich, sie studierte Architektur und hatte das Glück, von ihren liberalen Eltern auf ihrem Weg unterstützt zu werden - obwohl sie noch nicht verheiratet ist. Am vergangenen Wochenende nahm sie als Gast an einer kurdischen Hochzeit teil - und wurde dort am späten Abend von einem Mann niedergeschossen. Sie starb kurz darauf in einer Klinik.

Nach Angaben des NDR hat die Polizei einen Haftbefehl gegen einen 22-jährigen Kurden aus dem Irak erlassen, der sich derzeit noch auf der Flucht befindet. Die Tatwaffe sei zwar sichergestellt, doch die Fahndung laufe noch, wie ein Sprecher bestätigte.

Über die Beziehung des Verdächtigen zum Opfer schweigen Polizei und Staatsanwaltschaft bisher. Informationen der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung zufolge handelt es sich bei dem Flüchtigen um einen Cousin namens Sefin. Shylans Vater veröffentlichte inzwischen bei Facebook einen Nachruf, in dem er seine tiefe Trauer und seinen Schmerz zum Ausdruck bringt und auch auf die Hintergründe der Tat eingeht.

Shylans Vater war ebenfalls gegen eine Zwangsheirat

Demnach musste seine Tochter sterben, weil sie sich gegen eine Zwangsheirat mit ihrem Cousin wehrte. Shylan sei ein "Opfer von veralteten Bräuchen und Traditionen" geworden, schreibt ihr Vater. Seine Brüder hatten die Zwangshochzeit in die Wege leiten wollen, als er selbst gerade im Ausland war. Nachdem Shylan ihm davon erzählte und sagte, dass sie diese Hochzeit nicht wolle, weigerte sich auch ihr Vater, dem Arrangement zuzustimmen.

Doch dieses klare Nein akzeptierte der gekränkte Cousin anscheinend nicht - er könnte die Hochzeit am Wochenende, bei der Shylan und er als Gäste eingeladen waren, genutzt haben, um Rache zu nehmen.

Bei dem Tötungsdelikt an Shylan könnte es sich um einen so genannten Ehrenmord handeln. Zumeist männliche Täter töten, weil sie die Familienehre verletzt sehen. Mit der Tat wollen sie die angebliche Schande, die zumeist Frauen über die Familie gebracht haben, sühnen. Derlei Verbrechen sind kein religiöses Phänomen, wie Amnesty International betont. Sie geschehen vor allem in patriarchalischen Gesellschaften, "in denen Frauen als Besitztum ihrer männlichen Angehörigen angesehen und als Ware ausgetauscht werden können". Damit soll die Vormachtstellung des Mannes aufrechterhalten und die Sexualität der Frau kontrolliert werden.

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