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Die Politik der Kristina Schröder: Eine Enttäuschung

Wie auch immer die Wahl ausgehen wird - eine Person sehen wir im nächsten Kabinett wohl nicht wieder: Kristina Schröder hat bereits angekündigt, sich aus dem Familienministerium zurückzuziehen. Eine gute Nachricht, meint BRIGITTE-Redakteurin Silke Baumgarten.
Laut Medienberichten steht Kristina Schröder nach der Bundestagswahl 2013 nicht mehr für das Amt der Familienministerin zur Verfügung. Sie wolle sich mehr um ihre eigene Familie kümmern.
Laut Medienberichten steht Kristina Schröder nach der Bundestagswahl 2013 nicht mehr für das Amt der Familienministerin zur Verfügung. Sie wolle sich mehr um ihre eigene Familie kümmern.
© Imago/IPON

Erinnern Sie sich an Claudia Nolte, das "Blusenwunder" in Kohls Kabinett? Vier Jahre lang lenkte sie in den 90igern die Politik für Familie, Frauen, Jugend und Senioren. Aber mehr als die Rüschen, die aus ihrem Blazer lugten, ist von der ehemaligen Ministerin nicht im kollektiven Gedächtnis geblieben. Ich bin leider sicher: Kristina Schröder wird nach ihrem Rückzug ein ähnliches Schicksal erleiden. Selten hat mich eine Politikerin so enttäuscht.

Als Kanzlerin Merkel die 32-Jährige als Küken ins Kabinett holte, habe ich mich gefreut. Endlich eine junge Frau ganz oben, eine unverbrauchte, die nicht alle politischen Taschentricks beherrscht, Eine, die weiß, was sie will, und die die Alten mit frischen Ideen aufmischt.

Dass Kristina Köhler, wie sie damals noch hieß, sich zwecks Einarbeitung erstmal fast drei Monate zurückzog und kein einziges Wort mit der Presse wechselte – wow. Normalerweise sind Politiker (und –innen) scharf auf die Medien, selbst wenn sie nichts zu sagen haben. Dass sie bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt am 14. Januar 2010 wie ein Schulmädchen wirkte – na ja, irgendwie auch sympathisch. Und natürlich braucht eine Familienministerin keine sieben Kinder, um gute Politik für Mütter zu machen. Im Gegenteil, ich hatte Mitleid mit ihr, weil die Fußstapfen von Vorgängerin Ursula von der Leyen einfach Mammutformat hatten.

Mit diesem positiven Grundmodus habe ich Schröders Politik auf mich wirken lassen, habe nach guten Ansätzen gefahndet und konnte richtig böse werden, wenn jemand sie kritisierte. Doch irgendwann kam es zwischen mir und der Ministerin zum Bruch. Ich weiß nicht mehr genau, was der Anlass war. War es ihre unsägliche Haltung zur Quote? Ausgerechnet sie, die eindeutig auf dem Quotenticket ins Kabinett einfuhr, plädiert ja für die wachsweiche Flexi-Variante. Oder war es der Kita-Ausbau, den sie jahrelang verschlief, ihr Durchdrücken des wissenschaftlich längst als dummerhaftig eingestuften Betreuungsgeldes? Richtig gereicht hat es mir, als sie im Sommer 2012 ihre superkompetente Abteilungsleiterin Eva Maria Welskop-Deffaa kaltstellte. Da merkte ich: Schröder ist nicht etwa unsicher oder innerlich steinalt, sie ist gefährlich.

Das zeigte sich auch bei ihrem jüngsten Coup: Weil sie nicht besonders schmeichelhaft waren, deutete Kristina Schröder im Juni die Ergebnisse einer großen Studie über ihre Familienpolitik einfach um und sprach von Erfolgen, wo die Experten zum Umdenken mahnten. Dumm nur, dass die Forscher ihr öffentlich widersprachen und die Wählertäuschung offensichtlich wurde.

Ich finde es jammerschade. Kristina Schröder ging als Hoffnungsträgerin an den Start und lief als blindes Küken nie übers Ziel. Das heißt aber nicht, dass junge, unverbrauchte, zielstrebige Frauen keine Politik machen können. Claudia Nolte, die übrigens jetzt Crawford heißt, scheiterte damals an dem übermächtigen Kohl, Kristina Schröder ist ihrer eigenen Ignoranz erlegen.

Text: Silke Baumgarten

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