Anzeige

Work hard – work harder?! Welche Gewohnheit darauf hindeuten kann, dass du arbeitssüchtig bist

Zwei Arbeitende mit brennenden Köpfen im Büro
© deagreez / Adobe Stock
Laut einer Studie ist jede:r zehnte Erwerbstätige arbeitssüchtig. Welche Hinweise darauf hindeuten können.

Es ist 20 Uhr, die meisten Mitarbeitenden haben das Gebäude schon längst verlassen, in den Gängen ist das Licht ausgeschaltet. Nur in einem Büro flackert noch ein Computerbildschirm, vor dem ein Mensch mit tiefschwarzen Augenschatten sitzt. Um acht Uhr betrat er pünktlich das Gebäude, lehnte einen morgendlichen Kaffee mit den Kolleg:innen dankend ab, weil er "noch schnell etwas fertigmachen" wolle. Das Mittagessen ließ er auch ausfallen, er "hat was dabei" gehabt. Doch nicht wirklich. Zwölf Stunden Arbeit liegen hinter ihm und ein Ende scheint nicht in Sicht. 

Der beschriebene Fall mag fiktiv sein – das Phänomen dahinter ist es allerdings nicht. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (bibb) und die Technische Universität Braunschweig haben eine Studie durchgeführt, die zeigt, dass in etwa zehn Prozent der Beschäftigten in Deutschland "exzessiv und zwanghaft" arbeiten. Diese Menschen würden deutlich häufiger an körperlichen oder psychosomatischen Beschwerden leiden, heißt es in der Pressemitteilung des bibb. Doch wann spricht man von einer Arbeitssucht und welche Anzeichen deuten darauf hin? Wir haben alle wichtigen Informationen in diesem Artikel zusammengestellt.

Was "Arbeitssucht" bedeutet

"In unserer Studie definieren wir Arbeitssucht als das gemeinsame Auftreten von exzessivem und zwanghaftem Arbeiten", erklärt Beatrice van Berk, eine Mitautorin der Studie, im Interview mit der Tagesschau. "Exzessiv" meine hierbei, dass man beispielsweise häufig im Wettlauf mit der Zeit sei oder mehrere Dinge gleichzeitig mache, so die Wissenschaftlerin. Das kann der Fall sein, wenn man – ständig – "noch eben schnell" etwas fertigmachen möchte oder parallel mehrere Brandherde bearbeitet. Ein schlechtes Gewissen in der Freizeit und die Unfähigkeit, sich von der Arbeit zu trennen, sei ein Hinweis auf ein "zwanghaftes" Arbeiten, so van Berk. Dem entgegen stünde das "work engagement", das sich dadurch auszeichne, dass jemand viel Spaß an der Arbeit und Leidenschaft für den Beruf empfinde.

In der Studie wurden über 8.000 Erwerbstätige aus Deutschland im Zeitraum Oktober 2017 bis Mai 2018 befragt und die Ergebnisse zeigen, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen suchthaftem Arbeiten und einer schlechteren Gesundheit gibt. Besonders problematisch: Die subjektive Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands und die Zahl der berichteten psychosomatischen Beschwerden machen den Zusammenhang empirisch wohl klar – dem entgegen steht aber die Tatsache, dass suchthaft Arbeitende der medizinischen Behandlung und Genesung wenig Beachtung schenken. Warum Menschen zu suchthaftem Arbeiten neigen, wurde in der Studie nicht näher untersucht.

Woran man erkennt, dass man gefährdet ist

Ein mögliches Indiz dafür, arbeitssüchtig zu sein, könne laut der Wissenschaftlerin van Berk zum Beispiel sein, dass man sich im Urlaub oder auch in der Freizeit sehr schwer damit tue, abzuschalten und eben nicht in die Arbeits-Mails zu schauen. Auch ein schlechtes Gewissen, wenn man nicht arbeitet (aufgrund von Urlaub oder Krankheit), kann darauf hindeuten, dass man unter Arbeitssucht leidet.

Auch dauerhafte körperliche wie psychische Beschwerden können ein Hinweis sein. So würden psychosomatische Beschwerden auf ein ungesundes Verhältnis zur Arbeit hindeuten, erklärt van Berk. Darunter zählen unter anderem:

  • Müdigkeit
  • Niedergeschlagenheit
  • emotionale wie körperliche Erschöpfung

Diese Beschwerden haben, wie Ergebnisse anderer Studien zeigen, einen starken Zusammenhang mit Burnout und Depressionen, so van Berk weiter. Und diese Erkrankungen würden mit langen Arbeitsausfällen zusammenhängen, weswegen Prävention geboten sei.

Wie die Befunde der Untersuchung zeigen, schenken Arbeitssüchtige ihren Krankheitssymptomen wenig Beachtung. Psychologin Kimberly Breuer erklärt gegenüber dem "Handelsblatt", dass Betroffene meist keinen Zusammenhang zwischen ihren Beschwerden (wie Hörstürzen, Herz-Kreislauf-Problemen oder Rückenschmerzen) und ihrer eigenen Arbeitshaltung sehen: "Betroffenen ist oft gar nicht bewusst, dass die Ursache für diese physischen Symptome psychischer Natur sein kann. Sie versuchen dann, nur die Symptome statt die Ursache zu bekämpfen."

Auch das Sozialleben – beziehungsweise das Fehlen hiervon – kann ein Hinweis auf eine Arbeitssucht sein, so die Psychologin weiter. "Arbeitssüchtige finden außerhalb des Jobs – also in Freizeitaktivitäten oder mit sozialen Kontakten – oft weniger Erfüllung." 

Wo Arbeitssucht häufiger vorkommt

Es bestünde ein "statistisch höchst signifikanter Zusammenhang zwischen suchthaftem Arbeiten und Führungsverantwortung", heißt es in der Studie. Unter Führungskräften ist Arbeitssucht stärker verbreitet als unter anderen Erwerbstätigen (12,4 Prozent gegenüber 8,7 Prozent) – je höher die Führungsebene ist, desto stärker ist tendenziell auch das suchthafte Arbeiten ausgeprägt. In der oberen Führungsebene weist mit 16,6 Prozent ein hoher Anteil arbeitssüchtiges Verhalten auf.

Auch Selbstständige arbeiten laut Studienergebnissen häufiger suchthaft, was für die Forschenden insofern nachvollziehbar erscheint, als dass es bei Selbstständigen an "betrieblicher Regelung" fehle, die suchthafter Arbeit entgegenwirken könne. Tendenziell trete suchthaftes Arbeiten in kleinen Betrieben häufiger auf, worin die Wissenschaftler:innen ein Indiz für einen Zusammenhang zwischen betrieblicher Regulierung und suchthaftem Arbeiten sehen.

Verwendete Quellen: bibb.de, tagesschau.de, degruyter.com, handelsblatt.com

csc Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel