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FDP-Politikerinnen fordern: "Die Partei muss weiblicher werden"

Führende FDP-Politikerinnen machen sich für mehr Frauen in ihrer Partei stark. Was sie fordern, erklären zwei aktive Politikerinnen und eine ehemalige FDP-Frau.

Doris Buchholz, Vorsitzende der "Liberalen Frauen": "Die FDP ist festgefahren in alten Strukturen"

Doris Buchholz
Doris Buchholz
© Frank Offenbrink

"Nach außen erscheinen Dinge meist anders, als sie wirklich sind. Die Sexismus-Debatte hat letztlich wenig mit der FDP zu tun gehabt, und auch die Äußerungen von Jörg-Uwe Hahn (Der Landesvorsitzende der hessischen FDP hatte sich über Philipp Rösler gesagt, er frage sich ob Deutschland schon weit genug für einen asiatisch aussehenden Vizekanzler sei. Anm. der Redaktion) sind unglücklich, aber nicht rassistisch gewesen. Das eigentliche Problem der FDP sind doch die wenigen weiblichen Parteimitglieder. Die FDP braucht eine Quote, und das darf keine kleine Quote sein, sondern muss mindestens 30 bis 40 Prozent sein, um sicherzustellen, dass auch genügend Frauen reinkommen. Wer denkt, dass sich von selbst etwas bewegt, der liegt schlechtweg falsch. Die Partei versucht es seit 25 Jahren mit freiwilliger Selbstverpflichtung – und man sieht ja: Da bewegt sich gar nichts! In den letzten beiden Jahren ist der Frauenanteil in der Partei nur um 0,2 Prozent gestiegen. Aber mit unerwartet guten Wahlergebnissen wie in Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen sehen dann wieder viele nicht die Notwenigkeit, irgendetwas zu ändern. Manche Dinge, die seit 50 oder 60 Jahren laufen, sollte man aber einfach mal überdenken. Die FDP ist einfach festgefahren in alten, überholten Strukturen - und das zu ändern, tut sich die Partei derzeit noch schwer.

Die "Liberalen Frauen" werden zum Teil auch als Konkurrenz wahrgenommen, wir haben ein sehr schwieriges Standing, das kann man nicht von der Hand weisen. Aber ich bin damals FDP-Mitglied geworden, weil die Partei immer für Grundrechte gekämpft hat. Und ich glaube, wenn mehr Frauen in der Partei wären, könnten wir diese Kompetenzen wieder erweitern. Vielleicht ist das ist jetzt also auch die Zeit für einen Neuanfang. Vielleicht kriegt die FDP dann mal mit, dass sie mit mehr Frauen auch mehr Wählerstimmen bekommt."

Dagmar Döring, Landesvorsitzende der "Liberalen Frauen" in Hessen: "Wir stehen ziemlich im Fokus einiger FDP-Männer"

Dagmar Döring
Dagmar Döring
© privat

"Die Sexismus-Vorwürfe gegen Rainer Brüderle und auch die Äußerungen von Jörg-Uwe Hahn über Philipp Rösler haben überhaupt nichts mit dem Zustand der FDP zu tun. Sexismus ist leider Alltag in unserer Gesellschaft, trotzdem haben die Medien im Fall Brüderle etwas überreagiert. Und Jörg-Uwe Hahn ist über jeden Vorwurf des Rassismus erhaben, auch wenn die Formulierung nicht ganz glücklich war. Die Partei muss sich nun nur der Zukunft stellen. Und das tut sie jetzt. Alles ist im Wandel, es dauert aber einfach eine Zeit, bis Gleichstellung tatsächlich erreicht ist. Wir waren als Liberale lange eine Partei, in der Leistung immer stark im Vordergrund stand, und Frauen hatten in der Vergangenheit einfach nicht die besten Rahmenbedingungen, sich einzubringen.

Jetzt muss die FDP weiblicher werden. Deshalb fordern wir drei Frauen unter den ersten zehn Listenplätzen für Bund und Land. Aber wegen unserer Forderung nach einer parteiinternen Frauenquote stehen wir ziemlich im Fokus einiger FDP-Männer. Es wird genau hingeschaut, oft mit dem Gefühl: Da muss man aufpassen. Aufpassen auf die eigene Position, auf seine eigenen Machtinteressen. Aber ein größerer Frauenanteil in der FDP stellt die Partei breiter auf, dann werden wir auch attraktiver. Mehr Frauen werden die FDP zukunftsfest machen."

Brigitte Susanne Pöpel, Ex-Vorsitzende der "Liberalen Frauen" in Hessen, trat aus der FDP aus, weil sie sich gemobbt fühlte

Brigitte Pöpel
Brigitte Pöpel
© Sonja Thomas

"Ich glaube, dass es der FDP besser ginge, wenn sie sich dem Thema Frauenförderung früher geöffnet hätte. Bei der Wahl in Rheinland-Pfalz 2012 zum Beispiel, bei der die FDP aus dem Landtag geflogen ist, haben nur drei Prozent der Frauen FDP gewählt. Da entgehen der Partei wichtige Wählerstimmen, die entscheiden können, ob man Politik mitgestalten kann oder nicht. Das haben die FDP-Männer entweder verschlafen oder sie sind es bewusst nicht angegangen, weil sie in jeder geförderten Frau eine Konkurrentin sehen.

Offen würde sich natürlich nie einer der jungen FDP-Männer gegen Gleichberechtigung aussprechen. Aber meiner Erfahrung nach ist das viel Gerede. Wenn es wirklich hart auf hart kommt, wenn es den Männern um Macht und Einkommen geht, dann denkt doch jeder nur an sich selbst. Ich habe es selbst erlebt: Mir wurde in Hessen ein Amt versprochen, das dann in letzter Minute mit einem Mann besetzt wurde. Man sagte mir, ich könne als berufstätige Mutter mit zwei Kindern den Posten gar nicht ausfüllen. Aber auch das war wieder nur eine vorgeschobene Begründung. In Wirklichkeit ging es den beteiligten Männern nur um persönliche Interessen.

Letztlich kommen ja auch die Männer nicht nur wegen ihres Könnens nach oben. Auch sie brauchen die richtigen Netzwerke und Förderung von anderen. Und da können die Frauen noch so gut und qualifiziert sein - so lange an den wichtigen Positionen nur Männer sitzen, die wiederum andere Männer fördern, haben die Frauen keine Chance. Um dieses System aufzubrechen, braucht auch die FDP endlich eine Frauenquote."

Protokoll: Alexander Tieg, Michèle Rothenberg

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