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Obama wird Präsident - wird jetzt alles gut?

Bym-Autor Henning, verheiratet mit einer Amerikanerin, hat für uns den Wahlkampf live verfolgt. Sein Kommentar zu Barack Obamas Sieg

Es ist tatsächlich passiert: Barack Obama hat vor ein paar Stunden die Wahl gewonnen und wird der 44. Präsident der USA. Ich kann mich nicht erinnern, dass je zuvor die Welt so geschlossen einem Präsidentschaftskandidaten die Daumen gedrückt hat und anschließend in so starken Jubel verfallen ist.

Die USA steckt in der Krise

Jubel, auf den bereits jetzt die ersten nüchternen Stimmen reagieren und Besonnenheit anmahnen. Schließlich stecken die USA gerade tief in mehreren Krisen, von denen etliche auch uns in Deutschland betreffen. Und sie haben Recht, diese "Nun mal langsam"-Pessimisten - es ist nicht zu erwarten, dass Obama im Januar in die Hände klatscht und mit einem Schlag die Probleme Amerikas, die der restlichen Welt und die der restlichen Welt mit Amerika wegzaubert.

Obama verkörpert den amerikanischen Traum

Aber das muss er auch gar nicht. Es reicht ja schon, wenn er "nur" den Schaden der letzten Jahre irgendwie reparieren kann. Und das kann Obama durchaus schaffen.

Bereits in seiner Antrittsrede nutzte er geschickt seinen neuen Status als fleischgewordener amerikanischer Traum, um gegen die innere Teilung der USA anzugehen. "Unsere Ideale funktionieren noch - also lasst uns aufhören, in Schubladen zu denken, wir sind doch alle Amerikaner", so sinngemäß seine Worte. Die Zeit der Bush-Rhetorik, die darauf ausgerichtet war, größtmöglich zu polarisieren, ist vorbei. Und wenn Obama nur einen Bruchteil seiner Rede über "neue Bescheidenheit" und "ein Ende der Maßlosigkeit" ernst meinte, kriegt er vielleicht auch den Wirtschafts-Sturzflug in den Griff.

Obama wagt den Neuanfang

Außerdem wird sich mit dem Ende der "Wer-nicht-mit-uns-ist-ist-gegen-uns"-Gebärden auch das Verhältnis zur restlichen Welt wieder ein Stück normalisieren. Es sieht gut aus für einen echten Neuanfang im Umgang miteinander. Bequem wird es außenpolitisch natürlich trotzdem nicht. Im Gegenteil: Gerade von Deutschland wird Barack Obama etwa verstärktes Engagement in Afghanistan fordern - das hat er ja bereits im Wahlkampf betont.

Klar ist, dass Obama gerade zu Beginn seiner Amtszeit auch Fehler machen wird. Gut möglich, dass wir uns dann beklagen, vom neuen Wunderpräsidenten enttäuscht sind und uns an "Der Erlöser ist entzaubert"-Leitartikeln ergötzen.

Nach Bush geht's aufwärts

Aber das wird alles nichts daran ändern, dass es nach Bush einfach nur eine Richtung geben kann: aufwärts. Auch wenn das länger dauert, als manch ein Barack-Obama-Fan das im aktuellen Freudentaumel vielleicht glauben mag. Wir können uns also guten Gewissens über den historischen Wahlsieg von Obama freuen! Es wird nicht alles gut - aber ein kleines Stück besser bestimmt.

Text Henning Hönicke

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