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BRIGITTE-Interview: Michelle Obama über ihre Kämpfe als berufstätige Mutter

Michelle Obama erzählt im BRIGITTE-Interview, wie sie Kinder und Karriere unter einen Hut bekam - und wie gefangen sie sich fühlte.

"Ich war unbeirrbar auf Leistung fokussiert"

Michelle LaVaughn Robinson wurde 1964 in Chicago geboren. Vater Fraser arbeitete bei den Stadtwerken, sie nennt ihn sanft und optimistisch, die Mutter Marian, Hausfrau, später Bankangestellte, resolut im Kampf für ihre Kinder. Sie wohnten im Stadtteil Southshore in Chicago, die Familie lebte sparsam, die Mutter nähte Puppen aus Socken, der Vater fuhr die Kinder – Michelle und ihren zwei Jahre älteren Bruder Craig – in seinem Buick in die reicheren Viertel, um ihnen eine Idee von Wohlstand zu geben.

„Unbeirrbar auf Leistung fokussiert“, wie sie sagt, machte sie ihren Jura-Abschluss in Harvard, stieg aber später aus ihrem Job als Anwältin aus, weil er ihr nicht sinnhaft genug war. Sie wechselte in die Stadtplanung, später in die Leitung der Uniklinik von Chicago. Darüber schreibt sie in ihrer Autobiografie "Becoming - Meine Geschichte", die am 13. November 2018 erschienen ist. BRIGITTE hat sie zum Interview getroffen.

BRIGITTE: Sie haben versucht, als Mutter und Karrierefrau perfekt zu sein, sind kurz nach fünf Uhr früh zum Krafttraining gefahren, danach ins Büro. Glauben Sie, dass Sie damit ein Vorbild sind?

Michelle Obama: Nun, Sie haben das Wort „perfekt“ benutzt. Wo haben Sie das in meinem Buch gelesen?

Es ist das Bild, das viele Menschen von Ihnen haben.

Aber wenn die Menschen das Buch lesen, werden sie verstehen, dass es keine Perfektion auf meinem Weg gab. Perfektion ist ein Mythos und ein Wort, das Leute anderen Leuten zuschreiben.

Sie haben auch als Mutter Vollzeit gearbeitet. Es gibt in Deutschland eine große Diskussion darüber, ob das wirklich der Weg ist oder eine Überforderung.

Ich habe es mit Teilzeit versucht, aber gemerkt, dass das nur heißt, dass ich nur zum Teil bezahlt werde und dabei immer noch voll arbeite. Also, für mich war Teilzeit ein Betrug (lacht). Was sollte ich tun? Mich von meiner Karriere verabschieden, weil mein Mann so beschäftigt war, ich meine Kinder liebte, mein Babysitter gerade gekündigt hatte und ich den neuen Babysitter nicht mochte? Ich fühlte mich gefangen. Kurz nach Sashas Geburt wurde ich zu einem Bewerbungsgespräch für einen Vorstandsposition der Universitätsklinik von Chicago gebeten und ich brachte Sasha mit zu dem Gespräch. Ich ging einfach dahin und verlangte alles, was ich wollte, weil ich dachte, sie würden sowieso Nein sagen.

Was forderten Sie?

Mehr Geld und mehr Flexibilität. Das ist, was Frauen verlangen müssen. Ich habe 100 Prozent für meinen Job gegeben – warum sollte ich dafür nur halb bezahlt werden? Das sage ich jungen Frauen: Es gibt nicht den einen Weg, eine Mutter zu sein, eine Familie zu haben. Bei meinen Freundinnen sah ich ganz verschiedene Modelle – einige arbeiteten, einige blieben zu Hause, einige arbeiteten Teilzeit, einige waren alleinerziehend. Es funktioniert alles. Es gibt dieses Ideal von Familie. Aber niemand kann das erfüllen, es existiert in Wirklichkeit nicht. Auch wenn Leute mich jetzt als diese perfekte Figur sehen, was immer das für sie ist – ich will zeigen, was hinter dem Vorhang vor sich geht. Diese Leute kannten Michelle Obama nicht, als sie kämpfte, als sie alles versuchte zusammenzuhalten.

Frauen müssen mehr Geld und mehr Flexibilität verlangen

Sie haben Ihr Buch „Becoming“ genannt und schreiben, dass niemand jemals damit fertig ist, sich zu entwickeln. Was oder wie möchten Sie selbst noch werden?

Ich denke immer noch darüber nach. Ich bin noch dabei, eine bessere Mutter zu werden, ein besserer Mensch. Und ich hoffe, dass ich weiter die Welt beeinflussen kann. Wir haben gerade die Global Girls Alliance gegründet, mit der wir dafür werben, alle Mädchen dieser Welt auszubilden und zur Schule gehen zu lassen. Dann habe ich in den USA vor den Wahlen vor vielen Leuten gesprochen, um ihnen klarzumachen, wie wichtig es ist, wählen zu gehen.

Und Michelle Obama als Präsidentschaftskandidatin?

Ich interessiere mich nicht für Politik und würde niemals selber antreten – aber ich weiß, dass wir in unserem Land mehr Menschen brauchen, die sich für unsere Demokratie engagieren, wenn wir wollen, dass diese funktioniert. Wir müssen vor allem junge Menschen informieren und sie einbeziehen. Das werde ich immer tun. Aber ich möchte auch jemand sein, der ausgeglichen ist. Und die Momente hat, in denen er atmen kann.

VIDEOTIPP: 5 Highlights aus dem BRIGITTE-Interview mit Michelle Obama

Fallback-Bild

TIPP: Das sehr persönliche Gespräch mit Michelle Obama über ihre Ehekrisen, Muttergefühle und ihren Einsatz für Frauenrechte weltweit lest ihr in der BRIGITTE 25/18, ab 21. November 2018 am Kiosk.

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