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Lupita Nyong´o Gefeiert für ihre Schauspielkunst – und für ihr Engagement

Lupita Nyong´o im Rahmen der 74. Internationale Filmfestspiele Berlinale
Lupita Nyong’o wurde 1983 in Mexiko-Stadt geboren, wuchs aber in Kenia auf. In den USA studierte sie Film- und Theaterwissenschaften. Nach Jobs hinter der Kamera wechselte sie auf die andere Seite und ging an die Yale-Schauspielschule. Heute gehört sie zu Hollywoods A-Liga, will in Zukunft aber auch selbst Filme produzieren.
© APress International / imago images
Lupita Nyong’o ist der Schwarze Vorzeigestar Hollywoods. Und wenn schon. Sie nutzt ihre Popularität, um die Welt ein bisschen gerechter zu machen.

Mit 74 Jahren mag die Berlinale eine alte Dame sein, aber sie ist durchaus noch für Überraschungen gut. Zum Beispiel, als sie für ihre diesjährige Ausgabe die Schauspielerin Lupita Nyong’o zur Jurypräsidentin berief, als erste Afrikanerin und erste Schwarze Frau auf diesem Posten. Man darf sich fragen, warum das eigentlich so verdammt lange gedauert hat, andererseits: besser spät als nie. Im hellgrauen Anzug und mit einem leuchtend weißen Kopfschmuck aus echten Kaurischnecken, entworfen von einer Designerin von der Elfenbeinküste, kam Lupita Nyong’o also im Februar 2024 nach Berlin. Und brachte eine dringend benötigte Weltläufigkeit in die Stadt – zu einer Zeit, als Hunderttausende in der Republik auf die Straße gingen, um gegen die menschenverachtenden "Alle raus, die nicht biodeutsch und weiß sind"-Pläne der AFD zu protestieren, die kurz zuvor aufgedeckt worden waren. Es war nicht ihr Kampf – Lupita Nyong’o ist eine in Mexiko-Stadt geborene Kenianerin, ausgebildet in den USA und nicht mit den Details der deutschen Politik vertraut, wie sie bei der Eröffnungspressekonferenz zu bedenken gab, als sie zu dem Thema befragt wurde. Dennoch war ihre Anwesenheit in der Berliner Festivalwoche das richtige Symbol im richtigen Moment: dafür, dass die Zeiten sich geändert haben und dass eine Weltsicht, die sich vor allem, was anders aussieht, in den eigenen vier Wänden verbarrikadiert, keinen Bestand hat.

Jurypräsidentin der 74. Berlinale
Als Jurypräsidentin der 74. Berlinale mit der Gewinnerin des Goldenen Bären, Mati Diop.
© NADJA WOHLLEBEN / Getty Images

Für etwas Größeres zu stehen als nur für die eigene Person, damit ist Lupita Nyong’o schon länger vertraut. Vor elf Jahren schlug sie in Hollywood ein wie ein Komet, der vorher von keinem Radar erfasst worden war: Gleich für ihre allererste Filmrolle in dem Historiendrama "12 Years a Slave" gewann sie 2014 den Oscar als beste Nebendarstellerin für ihre intensive Darstellung der Sklavin Patsey, die auf einer Plantage in Louisiana mehr Baumwolle pflückt als jeder Mann, was sie aber nicht vor der hemmungslosen Grausamkeit des Plantagenbesitzers schützt. Die Trophäe nahm Lupita Nyong’o dann aber nicht nur als talentierte 30-Jährige entgegen, die gerade erst ihre Schauspielausbildung in Yale abgeschlossen hatte und der sich nun quasi über Nacht die goldenen Tore von Hollywood öffneten – sondern auch als erste Schwarze Afrikanerin. Als eine mit so dunkler Hautfarbe, dass sie "eine Herausforderung" darstelle für die Filmbranche, "die auf Helligkeit eingestellt" sei – so zynisch schrieb es das US-Magazin "The Hollywood Reporter" nach ihrem Gewinn. Und unkte, dass Lupitas Karriere genauso schnell wieder vorbei sein könnte, wie sie begonnen hatte, weil sich weniger Menschen mit ihrem Antlitz identifizieren würden können als zum Beispiel bei einer hellhäutigeren Frau wie Beyoncé. "Ich kann nicht davor weglaufen, wer ich bin und wie ich aussehe, oder davor, wie die Gesellschaft das sieht", antwortete Lupita Nyong’o damals auf den Artikel.

Kinderbuch "Sulwe"
Im Kinderbuch "Sulwe" verarbeitet Nyong’o ihr Hadern mit ihrer Hautfarbe.
© RW / MediaPunch / imago images

Es war nicht das erste Mal, dass ihr suggeriert wurde, ihr Aussehen sei nicht fürs Rampenlicht geeignet. "Das europäische Schönheitsideal betrifft uns alle", sagt sie. In ihrer Jugend in Nairobi sei sie als "Black Mamba" bezeichnet worden – kein machtvoller Kampfname, sondern eine Beleidigung, denn auch in afrikanischen Ländern werden Menschen mit helleren Hauttönen oft bevorzugt. In ihrer Kindheit habe es sogar eine Phase gegeben, in der sie jede Nacht gebetet habe, am nächsten Morgen hellhäutig aufzuwachen: "Ich versuchte, mit Gott zu verhandeln, ich sagte ihm, ich würde nachts keine Zuckerwürfel mehr stehlen, würde auf jedes Wort meiner Mutter hören und nie wieder meinen Schulpulli verlieren, wenn er mich nur ein bisschen heller machen würde."

Andere Schauspielerinnen gaben Lupita Nyong’o Mut

Dass Lupita Nyong’o sich trotz dieser Erfahrungen irgendwann entschloss, nicht zu Hautaufhellern und Haarglättern zu greifen, sondern sich so zu lieben, wie sie ist, hat auch mit dem Kino zu tun. Als Jugendliche sah sie "Die Farbe Lila" von Steven Spielberg, mit Whoopie Goldberg in der Hauptrolle: "Whoopie sah aus wie ich, sie hatte dieselben Haare und denselben dunklen Hautton. Da dachte ich zum ersten Mal, dass ich das mit der Schauspielerei vielleicht auch beruflich machen könnte."

"12 Years a Slave"
Für ihre erste Filmrolle in "12 Years a Slave" bekam sie 2014 den Oscar.
© Fox Searchlight/ Courtesy Everett Collection / imago images

Heute sorgt Lupita Nyong’o selber für diese Sichtbarkeit, um anderen People of Color Selbstbewusstsein zu vermitteln und das Schönheitsideal der Welt zu erweitern. Gleich nach dem Oscar-Gewinn wurde sie die erste Schwarze Botschafterin der Kosmetikmarke Lancôme, das "People"-Magazine kürte sie zur schönsten Frau der Welt, kurze Zeit später lächelte sie von ihrem ersten "Vogue"-Cover. Ihre Filme wurden auch nicht kleiner: Sie spielte in "Star Wars", dem "Dschungelbuch"-Remake und den beiden "Black Panther"-Filmen aus dem Marvel-Comic-Universum, ein weiterer Meilenstein für die Black Community. Die Blockbuster, die in einem fiktiven afrikanischen Wunderland namens Wakanda spielen, brachen sämtliche Einspielrekorde und damit auch das Vorurteil, dass Filme mit einem beinah komplett Schwarzen Schauspieler:innen-Ensemble keine Kasse machen können.

"Black Panther"
Dass sie auch Blockbuster kann, bewies sie als Nakia in der "Black Panther"-Reihe.
© Everett Collection / imago images

Anders als vom "Hollywood Reporter" einst prophezeit ist Lupita Nyong’o also gekommen, um zu bleiben. Und um weiterhin Pionierarbeit zu leisten für Schwarze Frauen in Afrika und überall sonst. "Ich möchte für People of Color mehr Gelegenheiten schaffen, weil ich in der glücklichen Position bin, eine Plattform dafür zu haben", sagt sie. Und schreckt auch nicht davor zurück, deutlich zu machen, dass sie nicht für ein "Blackwashing" der immer noch sehr weiß dominierten Filmbranche herhalten will und es eben nicht reicht, wenn immer nur sie und eine Handvoll andere als Beispiel dafür angeführt werden, dass Hollywood das mit der Diversität doch echt gut im Griff hat. Lupita Nyong’o will nicht die strahlende Ausnahme sein, sondern höchstens diejenige, die den Weg zu einer neuen Norm ebnet. "Kunst ist immer auch politisch", sagt sie.

Dass Lupita Nyong’o heute zu den einflussreichsten Hollywoodstars gehört, macht Hoffnung

Dass es sich lohnt, für seine Überzeugungen einzustehen, ist eine Haltung, mit der sie aufgewachsen ist. Ihr Vater, ein Uniprofessor, der heute im kenianischen Parlament sitzt, kämpfte in den 1970er-Jahren für die Demokratisierung seines Heimatlandes, das unter seinem Langzeitpräsidenten Daniel arap Moi faktisch einer Diktatur glich. 1981 flüchtete die Familie vor dem Regime nach Mexiko (daher auch der Geburtsort in Lupitas Pass und ihr spanischer Vorname), kehrte aber bald wieder nach Nairobi zurück. Sich nicht beugen lassen, nicht wegsehen, Ungerechtigkeiten bekämpfen: Das sind die Werte, die Lupitas Eltern ihr und ihren fünf Geschwistern mitgegeben haben.

"Queen of Katwe"
In "Queen of Katwe" spielt Lupita die Mutter eines Schachgenies.
© Edward Echwalu/ Disney / Picture Alliance

Als Schauspielerin will Lupita Nyong’o nicht nur Mut machen, sondern auch Zuversicht und Freude vermitteln. Das darf hemmungsloses Popcorn-Kino sein, wie ihr neuester Film "A Quiet Place: Tag Eins", in dem sie die Hauptrolle spielt. Oder die wahre Geschichte der "Queen of Katwe", in der sie die Mutter eines Mädchen aus einem Slum in Uganda verkörpert, das zur Profi-Schachspielerin wird (auf Disney+).

Am Ende der Berlinale konnte Lupita Nyong’o einen Film mit dem Goldenen Bären auszeichnen, der eines ihrer eigenen Herzensprojekte hätte sein können: den Dokumentarfilm "Dahomey" der französischen Regisseurin Mati Diop, der 26 Raubkunstwerken aus der Kolonialzeit eigene Stimmen verleiht.

Jede Zeit hat ihre Stars, die wiederum die Gesellschaft widerspiegeln, von der sie verehrt werden. Dass Lupita Nyong’o heute zu den einflussreichsten Hollywoodstars gehört, macht Hoffnung.

"A Quiet Place: Tag Eins"
In der Horrorfilmreihe "A Quiet Place" ist die Welt nach einer Alien-Invasion in Stille versunken: Die fiesen Wesen werden vom kleinsten Geräusch angelockt. In diesem Prequel erleben Sam (Lupita Nyong’o, mit Joseph Quinn) und ihre Katze den Beginn des Schreckens – im lauten New York (ab 27. Juni im Kino). BBBBB
© UMAPRESS.com | Paramount Pictures / Picture Alliance

Hollywood und die Diversität

Im Gegensatz zu Streaming-Riesen wie Netflix tun sich Hollywoodstudios oft noch schwer damit, Menschen zu zeigen, die nicht weiß und heteronormativ sind. Eine Studie von 2023 ergab, dass die ethnische und geschlechtsspezifische Vielfalt in Filmen wieder auf Vor-Pandemie-Niveau gefallen ist. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten haben es inklusive Erzählungen offensichtlich schwerer.

Brigitte

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