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In Deutschlands erstem Reste-Restaurant wird richtig lecker gekocht!

Lebensmittelverschwendung: So landet weniger Essen im Müll: Pommes auf dem Boden
© baranq / Shutterstock
Pro Jahr landen bei uns 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Das Reste-Restaurant macht das Beste daraus.

Anette hat das erste Reste-Restaurant Deutschlands gegründet

Jede Woche dienstags und freitags steigt Anette Keuchel auf ihr Lastenfahrrad und holt ihre Kinder ab. Dann radeln sie zum Supermarkt und suchen nach braunen Bananen, Äpfeln mit Druckstellen oder Milch, die bald abläuft. Für ihre Töchter ist das ein Spiel. Für Keuchel geht es um mehr.

Die 40-jährige Berlinerin kämpft nicht nur beim privaten Einkauf gegen Lebensmittelverschwendung: Sie eröffnete mit fünf Gleichgesinnten Deutschlands erstes Reste-Restaurant, das "Restlos glücklich" in Berlin-Neukölln.

Gekocht wird dort mit Nahrungsmitteln, die Supermärkte und Bauern aussortieren und dem Restaurant spenden. Essbares also, das sonst im Müll landen würde: krumme Karotten, Bananen, die nicht mehr an der Staude hängen. Manchmal ist das Mindesthaltbarkeitsdatum nah oder eine Verpackung geknickt.

18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen jährlich im Müll

Wenn sie den Ausdruck "Lebensmittel aus dem Müll" hört, verzieht Keuchel das Gesicht. "Unsere Partnerbetriebe wollen die Lebensmittel ja gerade nicht wegwerfen und suchen deshalb auch von sich aus nach Lösungen", sagt sie.

Diese Unterscheidung sei wichtig, um das Konzept ihres Restaurants zu verstehen. Keuchel und ihr Team wollen nicht nur Lebensmittel retten. Sie wollen ein Umdenken. In Deutschland landen jährlich rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, 7,2 Tonnen davon aus privaten Haushalten.

Das "Restlos glücklich" sieht aus wie ein typisches Berliner In-Restaurant: abgeschlagene Wände, Tische im Retrolook. In feiner Schrift schreibt Anette Keuchel auf eine schwarze Schiefertafel, was Koch Daniel gerade in der Küche zubereitet: Rote-Bete-Suppe, hausgemachte Gnocchi in Pastinaken-Möhren-Soße, Avocado- Schoko-Brownies mit Bananen-Soja-Mayo. "Die Gäste erleben bei uns, wie aus zufälligen Zutaten leckere Menüs werden", sagt Keuchel. Die Hoffnung: Beim nächsten Einkauf oder beim Blick in den Kühlschrank werden sie bewusster entscheiden. Das Restaurant als Bildungsarbeit; bald soll es auch Kochkurse geben.

Schon bei ihren Eltern wanderten Essensreste in Tupperschüsseln und dann in den Topf

Aufgewachsen ist Keuchel in einem Dorf im Schwarzwald, sie hat einen jüngeren Bruder, die Eltern sind in der Kirche engagiert. Daheim wanderten Essensreste in Tupperschüsseln und dann in den Topf. "Da gab es auch mal Bolognese mit Pfannkuchenresten", erinnert sie sich.

Die Idee für das "Restlos glücklich" hatte Keuchel vor zwei Jahren im Dänemark-Urlaub; in Kopenhagen bringt das Lokal "Rub & Stub" auf den Tisch, was sonst in der Tonne landen würde. Keuchel war davon so begeistert, dass sie mit Freunden und Aktivisten aus der Foodsharing-Szene, in der sie damals noch nicht selbst aktiv war, einen Businessplan aufstellte und eine Crowdfunding-Kampagne startete. Dabei kamen nicht nur 27 000 Euro zusammen, sondern auch immer mehr Menschen, die mitmachen wollten. „Restlos glücklich" ist als Verein organisiert, die Mitarbeit ehrenamtlich, die Preise der Gerichte decken die Kosten, Gewinne gehen in Bildungsprojekte.

Die Reste werden an Mitarbeiter und Gäste verteilt

Ideengeberin Keuchel arbeitet weiterhin halbtags als Fremdsprachenkorrespondentin. Nur Koch Daniel, die Geschäftsführerin und der Veranstaltungsleiter sind angestellt. Für die Ehrenamtlichen bedeutet das, dass sie alles machen, was anfällt: mit Daniel in der Küche Gemüse schnippeln, bedienen, putzen.

Anette Keuchel greift nach einer Papiertüte, die übervoll ist mit Brotresten. Bleibt im "Restlos glücklich" etwas übrig, wird es an Mitarbeiter und Gäste verteilt. Bei Familie Keuchel wird es morgen einen toskanischen Brotsalat geben. 

Anette Keuchel, 40, eröffnete in Berlin-Neukölln das erste Reste-Restaurant Deutschlands, das "Restlos glücklich" (Kienitzer Str. 22, restlos-gluecklich.berlin). Dort arbeitet die Mutter zweier Töchter (vier und acht) neben ihrem Halbtagsjob als Fremdsprachenkorrespondentin ehrenamtlich. Am liebsten mag sie die Schichten im Service, weil sie dann mit den Gästen plaudern kann.

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