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Knigge für Dschihadistinnen Was will uns der IS mit seinem "Manifest über die Frau" sagen?

Gehorsam und unsichtbar: Der "Islamische Staat" hat klare Vorstellungen davon, wie eine Frau zu sein hat - und liefert mit seinem "Manifest über die Frau" eine Anleitung zum Nachleben.

Ein "Manifest über die Frau" - klingt doch eigentlich ganz positiv.

Ist es aber nicht. Denn es ist kein Loblied auf die Fähigkeiten von Frauen, sondern eine Anleitung zum "richtigen" Leben - richtig bedeutet vor allem moralisch und sittlich einwandfrei.

Wer hat diese Anleitung verfasst?

Der Propagandaflügel der Khanssaa-Brigade, einer rein weiblichen Einheit der Terrororganisation, die sich "Islamischer Staat" nennt. Sie richtet sich an Mädchen und Frauen im Herrschaftsgebiet des IS, aber auch außerhalb. Das bereits im Januar veröffentlichte Schriftstück wurde nun von der britischen Quilliam-Stiftung übersetzt; einer Organisation, die sich für Religionsfreiheit, Gleichheit, Menschenrechte und Demokratie stark macht.

Und was steht da nun drin?

Allerhand Abenteuerliches. Der erste von drei Teilen drischt mit voller Wucht auf die westliche Welt ein: "Verstädterung, Modernität und Mode wurden vom Bösen geschaffen - in Modeläden und Schönheitssalons", heißt es dort. Und weiter: "Das von Ungläubigen im Westen bevorzugte Modell versagte in dem Moment, in dem Frauen aus ihrer Zelle im Haus 'befreit' wurden. Ein Problem nach dem anderen tauchte auf, nachdem sie korrupte und schäbige Ideen an Stelle von Religion annahmen."

Diese Kulturkritik ist nicht neu. Was schreiben sie denn über die perfekte Frau?

Über die Rechte und Pflichten einer Frau dozieren die Verfasserinnen im zweiten Teil: "Ihr Schöpfer hat festgelegt, dass sie nicht mehr Verantwortung hat, als dass sie Frau ihres Mannes ist." Sie habe seinem Willen zu gehorchen, solle ihm Kinder gebären und den Nachwuchs aufziehen - hinter den schützenden Mauern ihres Heims: "Es ist immer wünschenswert für eine Frau, unsichtbar und verhüllt zu bleiben, um die Gesellschaft aus dem Verborgenen heraus zu unterstützen."

Und ab wann gilt man ihrer Ansicht nach als Frau? Schon sehr früh: "Es gilt als legitim für ein Mädchen im Alter von neun Jahren, zu heiraten. Die meisten reinen Mädchen heiraten mit 16 oder 17, wenn sie noch jung und aktiv sind."

Mit spätestens 17 Jahren findet das Leben von Frauen also nur noch im Haus ihres Mannes statt.

Nicht ganz, es gibt auch Ausnahmen im "Islamischen Staat": "Frauen können ausgehen, um der Gemeinschaft zu dienen" - etwa, um den Islam zu studieren oder als Ärztinnen oder Lehrerinnen zu arbeiten. Allerdings müssen sie sich dabei strikt an die Richtlinien der Scharia halten. Das islamische Recht fordert verhüllende Kleidung. Neben dem Dienst an der Gemeinschaft dürfen sich Frauen einer weiteren Aufgabe widmen: "Dschihad (Heiliger Krieg) - wenn der Feind ihr Land angreift."

Und wie soll dieser Kampf aussehen?

Das haben IS-Kämpferinnen in einem typischen Propaganda-Video der Terrororganisation erklärt: "Wir, die freien Frauen des Irak, richten diese Botschaft an die Ratten der grünen Zone in Bagdad. Und wir sagen ihnen: die Stunde der Erlösung ist gekommen, eure Ungerechtigkeit ist beendet und der Beginn der Revolution in Anbar ist nur das erste Anzeichen dafür, dass der Marsch auf Bagdad begonnen hat, um den Irak vor Eurer Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Korruption zu retten."

Kann der dritte Teil des Manifestes das noch toppen?

Jein. In der "Fallstudie" wird das Leben der Frauen im "Islamischen Staat", dem so genannten Kalifat, am Beispiel der Städte Mossul im Irak und Rakka in Syrien gezeigt. Natürlich ist dieses Leben besser und erfüllter als das Leben von Frauen in Europa oder in Saudi-Arabien. Über die Versklavung von Frauen oder die brutalen Morde an jenen, die gegen die IS-Gesetze verstoßen haben, verlieren die Verfasserinnen kein Wort.

Damit reiht sich die "Anleitung" in eine traurige Serie fundamentalistischer Schriften ...

Leider ja. Und das Schlimme ist, dass einige Passagen auch aus der Feder christlicher oder jüdischer Fundamentalisten stammen könnten. Menschenverachtende Gedanken verbreiten sich über Staats- und Religionsgrenzen hinweg.

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