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Kita: Rechtsanspruch ade?

Kippt der Rechtsanspruch auf Kleinkind-Betreuung in der Kita ab 2013? Das wäre gesellschaftspolitisch der Supergau für die Merkel-Regierung. Die Kommunen drohen, stellen das Gesetz in Frage, legen täglich nach. Und die neue Familienministerin schweigt. Noch. Doch am Donnerstag muss sie erstmals seit Amtsantritt vor die Presse treten. Eigentlich zu einem anderen Thema. Egal - sie wird sich äußern müssen. Wir sind dabei.

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Die Lage war von Anfang an etwas kraus und unübersichtlich. Als die alte Familienministerin Ursula von der Leyen stolz den Ausbau der Kinderbetreuung verkündete, sprach sie einerseits von Rechtsanspruch und andererseits vom Ausbau der Betreuung für 35 Prozent aller Kleinkinder. Was denn nun? fragte man sich verwundert. Rechtsanspruch heißt doch, dass alle ein einklagbares Recht haben – wieso dann nur Plätze für 35 Prozent aller Kinder? Weil nur ein Drittel aller Eltern ihre Kinder ab dem ersten Lebensjahr betreuen lassen wollen, erklärte Ursula von der Leyen. In ihrer Logik waren 35 Prozent Angebot gleich 100 Prozent Nachfrage. Das war clever. Sehr clever. Denn nur so konnte sie ihre Idee durchbringen. Hätte sie den Bedarf und damit die Kosten gleich höher angesetzt, wäre das Gesetz wohl spätestens im Bundesrat gescheitert. Denn Länder und Kommunen müssen kräftig mitfinanzieren. 12 Milliarden sind veranschlagt, Bund, Länder und Kommunen tragen je ein Drittel.

Kinderbetreuung ist teuer. Gute Kinderbetreuung ist sehr teuer. Aber ohne sie geht es nicht mehr. Viele Frauen wollen, viele müssen arbeiten - auch wenn sie Mütter sind. Das hat von der Leyen erkannt und vehement vertreten. Dafür hat sie sich kräftigen Krach mit ihrer eigenen Partei und der Schwester aus Bayern eingebrockt. Das, und nicht das Elterngeld, war ihr größter politischer Coup. Und am Ende hat ihre gesamte Partei davon profitiert. "Wir bauen die Kinderbetreuung aus" – dies war das größte konkrete Versprechen das die CDU vor der Wahl abgab. Damit konnte sie punkten.

Jetzt schlagen die Kommunen Alarm. Viel mehr Eltern als bisher angenommen würden eine Kleinkindbetreuung in Anspruch nehmen wollen. Angesichts der Finanzkrise sei aber schon der bisher angepeilte Ausbau nicht zu leisten. Und Erzieherinnen gäbe es auch nicht genügend. Ergo: Der Bund müsse das Gesetz kippen oder finanziell noch mal kräftig nachlegen.

Ehrlich gesagt, mir als Steuerzahlerin ist es völlig wurschtepiepe, wer bezahlt - das ist föderales Monopoly. Hauptsache, der Rechtsanspruch bleibt. Da darf es kein Zurück geben. Sonst bleiben Frauen weiterhin zwischen Kind und Beruf auf der Strecke. Aber warum lassen die kommunalen Interessenvertreter gerade jetzt ihre Muskeln spielen? Das Gesetz wurde immerhin schon 2008 beraten und beschlossen, die Auswirkungen der Krise konnte man auch schon 2009 absehen.

Ich glaube, die neue Familienministerin soll getestet werden. Wie standfest ist sie? Kann sie das politische Erbe, das sie übernehmen musste, halten? Bei von der Leyen wusste bald jeder, der anderer Meinung war, dass er gegen eine lächelnde Wand rannte. Die unerfahrene Kristina Köhler könnte schneller wackeln – darauf setzen die kommunalen Verbände. Hoffentlich verschätzen sie sich. Donnerstag wissen wir mehr.

Foto: iStockphoto.com

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