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Sinkende Geburtenzahlen: Mensch, Kinder!

Kinderkriegen ist für deutsche Frauen so unattraktiv geworden wie nie zuvor. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie zu den sinkenden Geburtenzahlen. BRIGITTE-Mitarbeiterin Merle Wuttke kann das Jammern über die Umstände nicht mehr hören und fordert: Denkt nicht so viel nach, macht einfach!
"Hoher gesellschaftlicher Erwartungsdruck" und "schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf" sind laut der Studie die Hauptgründe, die Frauen vom Kinderkiegen abhalten
"Hoher gesellschaftlicher Erwartungsdruck" und "schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf" sind laut der Studie die Hauptgründe, die Frauen vom Kinderkiegen abhalten
© Fotograf/photocase.com

Was passt so gut zusammen wie Daniela Katzenberger und der Nobelpreis? Deutsche und Kinder. Sagen zumindest die Zahlen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, das in einer aktuellen Studie die Gründe für den weiterhin ausbleibenden Babyboom in der Republik erklärt. Wobei man sagen muss: Neu sind diese Gründe nicht. Es geht – mal wieder – um die Angst seiner Karriere ein Bein zu stellen, wenn man auf einmal einen Kinderwagen schiebt. Um die Sorge als Rabenmutter abgestempelt zu werden, weil man es doch wagt, als Mutter eines Kleinkindes zu arbeiten und – es geht um Geld bzw. um die Angst, sich ins finanzielle Abseits zu manövrieren, sobald man das Gästezimmer ins Kinderzimmer verwandelt.

Ganz ehrlich: Ich kann's nicht mehr hören. Und ich glaub's auch nicht mehr. Ja, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in Deutschland schwierig. Ja, Kinder kosten Geld, Zeit und Nerven. Und ja, ja, ja, hierzulande muss noch eine Menge gesellschaftspolitisches Umdenken in den Köpfen stattfinden, damit Kinder und Väter, die länger als zwei Monate zu Hause bleiben und Mütter, die Vollzeit arbeiten wie selbstverständlich zur Gemeinschaft gehören. Aber nur weil eine Sache mit Unwägbarkeiten verbunden ist, hält mich das doch nicht davon ab, sie nicht zu tun! No risk, no fun. Ich kann auch heute Nachmittag vom Bus überfahren werden.

Ich habe eher den Eindruck, dass es unter potenziellen Müttern und Vätern ein ungeschriebenes Gesetz gibt: Erst muss die persönliche To-do-Liste abgearbeitet werden (Job, Eigentum, Weltreise, jahrelange Zweisamkeit), dann setzt man – vielleicht - ein Kind in die Welt. Wenn alles stimmt. Meine Güte, es stimmt doch nie alles. Und dann diese gern kolportierte Mär vom Leben "vor" und "nach" den Kindern, wobei das Danach meist schlecht davon kommt und das Davor ziemlich verklärt wird. Blödsinn. Es gibt entweder ein Leben mit oder ohne Kinder, und entweder man will dieses Leben oder man will es nicht. Und wenn man es will, sollte man es sich nehmen. Jetzt. Sofort. Ohne ständig darüber nachzudenken, ob die Wohnung vielleicht zu klein sein könnte, man sich nach der Geburt den Zweitwagen nicht mehr leisten kann, ob die Beziehung bestehen bleibt oder was der Vorgesetzte über pünktliches Kommen und Gehen denkt. Ist doch wurscht. Im Leben ist nie das Eine ohne das Andere zu haben. Ich hätte heute nicht drei Kinder, wenn ich mir jedes Mal Gedanken darüber gemacht hätte, ob ich meinen und den Ansprüchen anderer gerecht werde.

Warum verkopft man eine Lebensform, die fast überall im Rest der Welt gesellschaftlicher Normalzustand ist? Familie ist keine Jahrhundertprüfung, auf die man sich so lang vorbereiten kann, bis man sich reif genug fühlt. Das ist man sowieso nie. Ich lebe lieber unperfekt, mit wenig Zeit und manchmal schwachen Nerven. Dafür muss ich mir aber auch nicht den Kopf über Dinge zerbrechen, die der Bauch ganz gut selbst entscheiden kann.

Text: Merle Wuttke

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