Der neue "European Regional Obesity Report 2022" der WHO zeigt, dass 59 Prozent der Erwachsenen und nahezu jedes dritte Kind (29 Prozent der Jungen und 27 Prozent der Mädchen) übergewichtig oder adipös sind. Mit Ausnahme der Gesamtregion Amerika ist die Prävalenz von Adipositas bei Erwachsenen höher als in anderen Regionen. In Deutschland leiden 57 Prozent an Adipositas oder starkem Mehrgewicht. Während es bei den Frauen 49 Prozent betrifft, sind es bei den Männern sogar 65 Prozent.
Starkes Mehrgewicht und Adipositas können zu Gesundheitsproblemen führen
Starkes Mehrgewicht belastet den Körper, die Gelenke und die Wirbelsäule. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Herzinfarkte, für Diabetes-Typ-2 und verschiedene Krebsarten, für Nieren- und Leberbeschwerden, Atemwegserkrankungen, Rückenschmerzen und mentale Probleme steigt.
Wichtig dabei ist jedoch: Nicht jeder Mensch mit ein paar Kilos zu viel ist sofort krank oder stark gefährdet. Auch ein dicker Körper kann sportlich sein. Doch ab einem gewissen Maß – und ob da tatsächlich der Body-Mass-Index hilfreich ist, ist umstritten – wird es für die Gesundheit gefährlich. Unterschieden werden muss ebenfalls zwischen Mehrgewicht und Adipositas. Denn bei Letzterem handelt es sich um eine chronische Krankheit, deren gesundheitliche Folgen sich schleichend entwickeln.
Die Ursachen für Mehrgewicht sind vielfältig
Woher diese Tendenz zu starkem Mehrgewicht kommt, ist noch unklar. Die Ursachen sind vielfältig und überschneiden sich häufig. Die Diskussion, dass Mehrgewicht doch selbst verschuldet sei, ist jedoch zu einfach, um sie als Grundlage des Problems heranzuziehen. Denn: Jeder Mensch kann mehrgewichtig werden – manche schneller, manche können sich mehr erlauben.
Tatsächlich haben wir Menschen evolutionsbedingt schon einen Nachteil – der früher allerdings ein Vorteil war. Das menschliche Körperfett macht einen neunmal so großen Anteil unseres Körpers aus wie beispielsweise bei unseren nahen Verwandten, den Bonobos. In der Urzeit half es den Menschen, Hunger- und Durstphasen zu überstehen, heute tragen wie die Reserven sichtbar vor uns her.
Die Gesellschaft des Überflusses bedingt Mehrgewicht
Da wir unser Essen heute nicht mehr selbst jagen, sondern alles im Überfluss zur Verfügung steht, ist Mehrgewicht zu einer Zivilisationskrankheit geworden. Hinzu kommt, dass es Menschen gibt, die mit einem höheren Risiko zu Welt kommen, selbst mehrgewichtig zu werden. Unter anderem liegt es daran, ob die Eltern mehrgewichtig sind, die Mutter an Diabetes erkrankt war oder ist oder das Geburtsgewicht besonders hoch war. Ein unwiderrufliches Schicksal ist das jedoch nicht.
Ebenso können Stress, psychische Störungen und Krankheiten für das Mehrgewicht verantwortlich sein. Denn das Problem an gutem Essen: Es macht (kurzfristig) glücklich und kann für einige einen Rausch bedeuten. Vor allem kalorienreiche Nahrung hat eine solche Wirkung. Gerade in Verbindung mit psychischen Belastungen entsteht ein wahrer Teufelskreis – und in schlechten Momenten wird dann wieder zu den zuckerhaltigen Lebensmitteln gegriffen, weil sie einem kurzzeitig das Gefühl geben, das man sich so sehr wünscht: glücklich zu sein. Hinzu kommen natürlich noch äußere Faktoren wie das soziale Umfeld, die Ernährung per se, wird Sport getrieben und welchen Job führt man aus?
Es fehlt an individuellen Strategien im Kampf gegen die Pfunde
Um herauszufinden, warum ein Mensch dick ist, muss die ganz persönliche Lebensgeschichte beleuchtet werden, es gibt keine pauschale Antwort darauf. Zu beachten gilt, dass gerade bei starkem Mehrgewicht oder Adipositas Blitzdiäten nur bedingt helfen. Es müssen individuelle Pläne aus Ernährung, Bewegung und Verhalten gestaltet werden, die langfristig umsetzbar sind.
Im "European Regional Obesity Report 2022" stellt die WHO konkrete Konzepte auf, was von Seiten der Politik getan werden kann. Unter anderem würden Subventionen und Steuern an den richtigen Punkten helfen. Steuern beispielsweise bei zuckerhaltigen Getränken und Subventionen bei gesunden Nahrungsmitteln. Ein Werbeverbot gerade für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder richten, würde den Konsum runterschrauben. Gewichtskontrollen könnten Teil einer primären und allgemeinen Gesundheitsversorgung werden. Insgesamt müsste eine bessere Betreuung und Aufklärung im Laufe des Lebens der Kinder stattfinden sowie die Versorgung mit gesundem und vor allem bezahlbarem Essen an Schulen. Hinzu kommt die Möglichkeit, sich körperlich betätigen zu können, und generell Preise für gesunde Lebensmittel anzupassen.
Verwendete Quellen: quarks.de, Report "European Regional Obesity Report 2022", zeit.de