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"Kirche, die wir kennen, muss sterben" Katholik darf nach Foto mit schwulem TV-Star nicht Priester werden

"Kirche, die wir kennen, muss sterben": Junger Mann der in der Bibel liest
© Wirestock Creators (Symbolbild) / Shutterstock
Henry Frömmichen hatte ein Foto mit einem schwulen Reality-TV-Star gepostet – deshalb darf der 21-Jährige nicht mehr katholischer Priester werden. Seiner Ansicht nach braucht die Kirche eine tiefgreifende Reform.

Es war eigentlich nur ein zufälliges Treffen: Vor der Münchner Theatinerkirche lief Henry Frömmichen dem Reality-TV-Star Alex Schäfer über den Weg. Schäfer ist aus der Sendung "Prince Charming" bekannt – einer Show, in der er einen Partner suchte. Frömmichen machte ein Foto mit dem Promi und postete es auf Instagram, wie er selbst in einem Video auf der Social-Media-Plattform berichtete. Das bedeutete für ihn das Ende seiner beruflichen Pläne. Denn Frömmichen wollte katholischer Priester werden – und ein Foto mit einem homosexuellen Fernsehstar ist für die Kirche offenbar nicht akzeptabel.

Schon Ende November war der 21-Jährige deshalb vom Münchner Priesterseminar St. Johannes der Täufer verwiesen worden. Aus der Begründung zitiert der BR: "Ihr Umgang mit sozialen Medien lässt erkennen, dass Sie derzeit nicht die für eine Ausbildung zum Priester geeigneten Voraussetzungen mitbringen." Durch seinen Rauswurf ist Frömmichen auch zu einer Art Symbolfigur für viele Probleme der Katholischen Kirche geworden: den Umgang mit dem Nachwuchs, die Position zu Homosexuellen, die Schwierigkeit, ihren Platz und ihre Aufgabe im 21. Jahrhundert zu finden.

Wegen Foto mit "Prince Charming": 21-Jähriger muss Priesterseminar verlassen

Für Frömmichen ist klar, dass die Kirche grundlegende Reformen braucht, um weiter bestehen und in der Gesellschaft eine relevante Rolle spielen zu können. "Ich möchte, dass sich die Kirche nicht jeden Tag selber belügt, weil sie einfach den Blick vor der Realität verschließt", sagte er zu SWR3. Und noch drastischer: "Diese Kirche, die wir jetzt kennen, muss sterben, damit etwas Neues entstehen kann."

Der 21-jährige Katholik ist selbst homosexuell. Bevor er an das Priesterseminar ging, hatte er eine dreijährige Beziehung mit einem Mann. Der Seminarleitung erzählte er das bei der Bewerbung allerdings nicht. Schließlich dürfen Homosexuelle in der Katholischen Kirche offiziell nicht Priester werden. Nach nur drei Monaten auf dem Seminar war für Frömmichen der Traum von einer Laufbahn als Geistlicher geplatzt – wegen des Fotos mit "Prince Charming". Der Leiter des Priesterseminars habe ihm in einem Gespräch vorgeworfen, er betreibe "Propaganda" für das Fernsehformat, sagt Frömmichen. "Ich wusste, dass dieses Foto provozieren könnte, aber ich habe nicht gedacht, dass ich einen Fehler, ein Verbrechen begehe", sagte Frömmichen der "Zeit". Er selbst habe die Sendung nie angeschaut, behauptet der junge Mann: "Um mich herum haben's dann alle gesehen, auch die im Priesterseminar, nur ich nicht."

Der Kirche wirft er "Falschheit und Doppelmoral" vor: "Sobald irgendetwas im Zusammenhang mit diesem Thema an die Öffentlichkeit geht, so wie jetzt beispielsweise dieses Bild, das ich hochgeladen habe, das ist auf Instagram, das ist öffentlich – und zack, wird man abgesägt. Aber solange nicht drüber gesprochen wird, ist alles in Ordnung."

Katholische Kirche lehnt Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren weiter ab

Der Vatikan hatte im März bestätigt, dass katholische Priester homosexuelle Paare nicht segnen dürfen. Die Entscheidung hatte für viel Protest auch innerhalb der Kirche gesorgt – so auch bei Henry Frömmichen. Als Konsequenz entschied er, seine Geschichte in den sozialen Medien öffentlich zu machen und so für Reformen zu kämpfen. Sein Ziel: "All denjenigen eine Stimme geben, die unter der Amtskirche leiden."

Mittlerweile arbeitet Frömmichen wieder in seinem alten Beruf als Bestatter. Trotz seiner Enttäuschung sind die Themen Gott und Kirche für ihn nach wie vor wichtig. "Ich stelle die Kirche auf Platz zwei, Gott ist auf Platz eins", sagte er SWR3. Was er in den vergangenen Monaten erlebt habe, habe eher zu einer noch intensiveren Gottesbeziehung geführt.

Quellen: Henry Frömmichen auf Instagram / BR / SWR 3 / "Zeit"

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf stern.de.

epp/stern

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