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Kasha Nabagesera kämpft dafür, dass Frauen Frauen lieben dürfen

Kasha Nabagesera
© lev radin / Shutterstock
Kasha Nabagesera kämpft für die Rechte von Homosexuellen in Afrika. Sie ist die Gründerin von "Freedom and Roam in Uganda" und der Internetplattform Kuchu Times. "Nur wenn möglichst viele unser Leben kennenlernen, wird sich etwas ändern".

Kasha Nabagesera muss um ihr Leben fürchten

Wenn Kasha Nabagesera ihr Haus verlässt, achtet sie darauf, dass ihre Nachbarn sie nicht sehen. Nie zieht sie allein los, ständig prüft sie, ob ihr ein Verdächtiger folgt. Denn Kasha Nabagesera liebt Frauen und kämpft dafür, dass das auch andere Frauen dürfen.

In ihrer Heimat Uganda kann das tödlich sein. Gleichgeschlechtlicher Sex ist dort illegal, wie in 37 anderen afrikanischen Ländern auch, schon für den Versuch kann man ins Gefängnis kommen. Medien und fundamentalistische Prediger stacheln zur Lynchjustiz gegenüber Lesben, Schwulen, Bi-, Transsexuellen (LGBT) an. 2011 wurde ein Mitstreiter Nabageseras ermordet, nachdem eine Zeitung dazu aufgerufen hatte. Sie selbst wird seit Jahren bedroht.

"Klar habe ich Angst", sagt sie. "Aber ich bin auch stur. Also mache ich weiter."

Nabagesera verhinderte ein Gesetz, das lebenslange Haft für Homosexuelle vorsah

Ihr Mut hat die 37-Jährige zu einer der wichtigsten LGBT-Aktivistinnen Afrikas gemacht. In Ugandas Hauptstadt Kampala hat sie 2010 die erste Lesben-Bar eröffnet, 2012 die erste Gay Parade organisiert, 2014 das erste LGBT- Magazin gegründet. Und sie hat mit ihrer NGO "Freedom and Roam in Uganda" (Freiheit und Freizügigkeit) durch Proteste und eine Klage vor dem Verfassungsgericht ein Gesetz verhindert, das für Homosexuelle lebenslange Haft vorsah. 2015 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis.

Den Homosexuellen-Hass in Uganda befeuern vor allem evangelikale Prediger

Sie sitzt an diesem Mittag in der Lobby eines Berliner Hotels, eine schmale Frau mit langen Dreadlocks, gleich soll sie auf einer Veranstaltung über Religion und Hassrede sprechen. Denn Kasha Nabagesera ist überzeugt: Den Homosexuellen-Hass in Uganda befeuern vor allem evangelikale Prediger, gern in Liaison mit hochrangigen Politikern.

Schauergeschichten über Schwule, die Sex mit Kindern haben, lenken von politischen Versäumnissen ab. Die Verhaftung Oppositioneller lässt sich damit rechtfertigen.

Unterstützt würden die Prediger oft durch Evangelikale aus den USA und Europa, sagt sie. Das geplante Anti-Homosexuellen-Gesetz etwa sei von den Ideen des schwulenfeindlichen US-Predigers Scott Lively inspiriert gewesen. Mit ihren Freunden und einer amerikanischen NGO hat sie ihn in den USA vor Gericht gebracht. Der Fall wurde aus formalen Gründen abgelehnt, doch die Richter verurteilten die Hetze des Predigers scharf. Ein Riesenerfolg, findet Nabagesera: "Wir müssen die Mechanismen hinter dem Hass zeigen."

Auf ihrer Seite Kuchu Times erzählen LGBT-Menschen aus ganz Afrika ihre Geschichte

Bis sie erkannte, dass dieser Hass auch sie trifft, dauerte es 22 Jahre. "Meinen Eltern war es egal, dass ich für Frauen schwärmte." Dass sie gemobbt wurde, schob sie auf ihre aufsässige Art. Doch kurz nachdem das Verbot von Homosexualität auf Frauen ausgeweitet worden war, sollte sie von der Uni fliegen.

Erst als ihre Mutter im Beisein der Tochter die Uni-Leitung anflehte – "Kasha ist unheilbar lesbisch!" -, ließ man Gnade walten. So erfuhr Nabagesera, dass ihre Liebe zu Frauen illegal war. "Da war klar: Ich muss was tun."

2003 gründete sie "Freedom and Roam in Uganda". Deren Leitung hat sie nun abgegeben, um sich auf die Internetplattform Kuchu Times zu konzentrieren. Dort erzählen LGBT-Menschen aus ganz Afrika ihre Geschichte, fünf Millionen haben die Seite schon besucht.

Die besten Beiträge werden als Magazin jedes Jahr 15 000-fach heimlich in Bars und Läden ausgelegt. "Bombastic" lautet der Titel, wie der Hit des in Uganda beliebten Sängers Shaggy, daher sind sie meist schnell weg. "Nur wenn möglichst viele unser Leben kennenlernen, wird sich etwas ändern", sagt Nabagesera. Das sei gerade jetzt wichtig: Die Regierung habe begonnen, Teile des verhinderten Anti-Homosexuellen-Gesetzes in bereits bestehende Gesetze zu implementieren. "Wir müssen wachsam bleiben."

Kasha Nabagesera, 37, streitet in Uganda für die Rechte von LGBT. Die Tochter einer Programmiererin und eines Bankers studierte Rechnungswesen und Menschenrechte, ihren Kampf führte sie erst heimlich vom Büro der Mutter aus, weil die einen der damals raren privaten Internetanschlüsse Ugandas hatte. Mit ihrer Partnerin lebt sie in Kampala. Aus Angst vor Angriffen ist sie an ihrer Adresse unter falschem Namen gemeldet.

BRIGITTE

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