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Nach Grapsch-Attacke: 19-Jährige schreibt Clubbesitzern – und stellt eine ganze Stadt auf den Kopf

Jena: Junge Menschen tanzen in einem Club
© Pressmaster / Shutterstock
In Jena hat eine 19-Jährige das Nachtleben revolutioniert: Mit einem Brief an die Clubbesitzer hat sie Grapsch-Attacken und Belästigung ein Ende bereitet. Und wir so: Häh?!

Alina Sonnenfeld fand sexuelle Belästigung schon nervig, da gab es noch nicht mal #Metoo. Immer dieses Gegrapsche, Angetanze und Getue – als wäre sie nur dazu da, aufgerissen zu werden. So macht Feiern einfach keinen Spaß! 

Anstatt sich aufzuregen oder gar Zuhause zu bleiben, wandte sich die Abiturientin – über deren Geschichte jetzt "Krautreporter" berichtet hat – an diejenigen, die erstens etwas bewegen können und zweitens ein Interesse daran haben, dass die Leute ausgehen und eine gute Zeit haben: Die Clubbesitzer. 

"Liebe alternative Clubs in Jena,

ich hab euch eigentlich ganz schön gern. [...] Bei euch würde ich mich wohlig wie zuhause fühlen – wäre da nicht diese eine Sache. 

Es darf nicht sein, dass sechzehnjährige Mädchen, die das erste Mal mit Muttizettel ausgehen, von hinten angetanzt, angefasst und ohne ihr Zutun geküsst werden und denken, dass das normal ist. Ist es nämlich nicht. Das ist scheiße."

Ein Brief, 3 Partner in Crime und 4 konkrete Maßnahmen

An zunächst zehn Clubbesitzer schickte die damals 19-Jährige im Januar 2017 diesen Brief. Als die darauf extrem positiv reagierten, stellte ihn Sonnenfeld auch der Lokalpresse zur Verfügung – und schon war der rollende Stein nicht mehr zu stoppen. 

Nach Clubbesitzern und Presse boten auch Kulturamt und Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Unterstützung an. Geld, Seminare, Vorträge, Gesprächsrunden – als hätte Jena nur auf eine Gelegenheit gewartet, um endlich das Problem "sexuelle Belästigung" anzugehen – lange bevor die Welt jemals von #Metoo gehört hatte, wohlgemerkt!

Mit vereinten Kräften wurden letztlich vier einfache Maßnahmen umgesetzt, die Sonnefeld in ihrem Brief vorschlägt. So sollten Clubbesitzer:

  • ... Plakate aufhängen, um das Bewusstsein für sexuelle Belästigung zu schärfen
  • ... Anlaufstellen für Betroffene einrichten
  • ... öffentlich klarmachen, dass in ihren Räumen anständig und gleichberechtigt miteinander umgegangen wird
  • ... eine Atmosphäre schaffen, in der niemand wegen seines Geschlechts, seiner Herkunft oder Religion diskriminiert oder ausgegrenzt wird

Klingt verdächtig einfach – doch in Jena hat's was gebracht! Da feiern die Leute jetzt friedlicher und befreiter miteinander. Offenbar muss man gar nicht immer gleich über abstrakte, weltweite Gesellschaftsphänomene nachdenken, um etwas zu verändern. Das Leben spielt sich nun mal in den konkreten, kleinen, banalen Alltagssituationen ab, und da kann ein einfaches Plakat schon den Unterschied machen.

Gegenüber Christian Gesellmann von "Krautreporter" erklärte das Martin Dauel, Clubbesitzer vom Kassablanca, so: "Betroffene fühlen sich anders wahrgenommen, wenn sie merken, dass sich der Laden schon mal damit [mit sexueller Belästigung] auseinandergesetzt hat. Und auch potenzielle Täter kriegen mit, dass hier ein bisschen genauer hingeguckt wird."

Leuchtet irgendwie ein. Muss sich jetzt nur noch rumsprechen. Dann könnte das Beispiel Jena ja vielleicht auch in anderen Städten Schule machen. 

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