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Japan Keine bunte Unterwäsche, kurze Strümpfe oder Pferdeschwänze: Die strengen Vorschriften an Japans Schulen

Japans Schulen und ihre strengen Regeln: 3 japanische Schülerinnen sitzen in der Klasse und schauen in die Kamera
© milatas / Shutterstock
An japanischen Schulen gelten drankonische Regeln. Schülerinnen dürfen etwa nicht ihre Haare zum Zopf binden, da ihr Nacken ihre männlichen Klassenkameraden "sexuell erregen" könnte.

Japanische Schulen sind berüchtigt für ihre strengen Vorschriften bezüglich der Kleiderordnung ihrer Schüler:innen. Die Länge ihrer Strümpfe, die Farbe ihrer Unterwäsche, die Form ihrer Augenbrauen – all das ist geregelt. Eine andere Vorschrift ist aber nicht nur besonders absurd, sondern sexistisch und steht immer wieder in der Kritik.

Dem ehemaligen Mittelschullehrer Motoki Sugiyama zufolge dürfen Schülerinnen keinen Pferdeschwanz tragen, weil ihr entblößter Nacken die männliche Schüler "sexuell erregen" könnte. So hätte ihm gegenüber eine Schulverwaltung die Vorschrift begründet.

"Die Schüler haben keine andere Wahl, als sie zu akzeptieren"

"Sie sind besorgt, dass die Jungen die Mädchen anstarren, was auch der Grund dafür ist, dass nur weiße Unterwäsche getragen werden darf", sagte Sugiyama gegenüber "Vice". Damit bezieht er sich auf die Regel an den meisten Schulen, dass Mädchen nur weiße Unterwäsche zu tragen dürfen, damit diese nicht durch die Uniform zu sehen ist.

"Ich habe diese Regeln immer kritisiert, aber weil es so wenig Kritik gibt und sie so normal geworden sind, haben die Schüler keine andere Wahl, als sie zu akzeptieren", sagte er.

Kleidervorschriften sollen Mobbing eindämmen

Sugiyama unterrichtete elf Jahre lang an fünf verschiedenen Schulen etwa 150 Kilometer südlich von Tokio. An all diesen Schulen waren zum Pferdeschwanz gebundene Haare verboten. Auf TikTok macht der ehemalige Lehrer Videos über das japanische Bildungssystem. Er fordert die Schulen dazu auf, jene veralteten und sexistischen Vorschriften aufzuheben, da sie der Selbstverwirklichung der Kinder im Weg stehen würde.

Um Mobbing und Gewalt an den Schulen einzudämmen, wurde das japanische Bildungssystem seit den 1870er Jahren wiederholt reformiert – und die Regeln zunehmend restriktiver. Was genau verboten werde, sei von Schule zu Schule unterschiedlich, aber der gewünschte Effekt sei derselbe: Konformität, sagt Asao Naito, außerordentlicher Professor für Soziologie an der Meiji-Universität.

"Sexualität wird zu etwas, das kontrolliert werden kann"

Als Naito vor etwa 40 Jahren selbst zur Schule ging, wurden lange Röcke von sogenannten "Sukeban" (straffällige Mädchen) getragen. "Aus diesem Grund wurden lange Röcke verboten und kürzer gemacht", sagt er. Mittlerweile soll jene Kleiderordnung aber wieder gekippt werden: "Jetzt erlauben die Schulen keine kurzen Röcke und machen sie länger."

Dass Schulen in Japan derart strenge Vorschriften pflegen, bewertet Naito kritisch. "Sexualität wird nicht zu etwas, das dem Individuum gehört, sondern zu einer Sache, die kontrolliert werden kann", sagt er.

Schulen halten an ihren Vorschriften fest

Die japanische Regierung Japans fordert daher Schulen auf, ihre Regeln zu ändern. Jedoch sollen viele Schulen Aufforderungen, die nicht rechtsverbindlich oder an Sanktionen geknüpft seien, ignorieren, sagt der ehemalige Lehrer Sugiyama.

Manche Schulen sollen sich aber daran gehalten haben. Ein Sprecher der Hosoyamada Junior High School in Kagoshima sagte "Vice", dass die Schule nach Beschwerden im vergangenen Jahr ihre Kleidungsvorschriften für Schüler:innen geändert habe. Pferdeschwänze und Zöpfe seien zwar immer noch verboten, aber die Unterwäsche müsse nicht mehr weiß sein. Sie dürfe auch grau, schwarz oder dunkelblau sein.

Quellen: "Vice", "TikTok Motoki Sugiyama"

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei Stern.de

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