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Israel: Zipi Livni triumphiert

Sie hat es geschafft. Zipi Livni ist die neue Vorsitzende der israelischen Kadima-Partei. Auch wenn ihr Sieg äußerst knapp ausfiel, ist die bisherige Außenministerin Zipi Livni die aussichtsreichste Kandidatin für die Nachfolge von Ehud Olmert im Premierminister-Amt. BRIGITTE.de-Bloggerin Viktoria Schult hat die spannende Wahlnacht in Jerusalem verfolgt.

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Die Israelis sind Nachrichten-Junkies. In einem so spannungsreichen Land - kein Wunder. Morgens werden zumindest die Schlagzeilen der Zeitungen gelesen, tagsüber verfolgt man das Neuste am Radio oder online, abends schauen sich die Leute eine der meist einstündigen Nachrichtensendungen im Fernsehen an. Interessant sind für die Menschen hier nicht nur die Warnungen vor möglichen Selbstmordattentaten oder der neuste Stand der Verhandlungen mit den Palästinensern - besonders intensiv wird auch der Polit-Zirkus und das Geschacher der Politiker um die wichtigsten Posten verfolgt.

Und so war der Wahl-Krimi in der vergangenen Nacht um den Vorsitz in der Kadima-Partei ganz nach israelischem Geschmack. Am Ende siegte die Favoritin: Zipi Livni. Aber deutlich knapper als in den Prognosen vorhergesagt. Schnell kann es in Israel gehen, von ganz oben nach ganz unten, man denke an die Vergewaltigungsvorwürfe gegen den ehemaligen Präsidenten Katzav. Aber es geht eben auch andersherum fix - von unten nach oben.

Zipi Livni ist jetzt ganz oben, viele Israelis finden das gut, weil die Polit-Seiteneinsteigerin, die lange als Anwältin gearbeitet hat, großes Vertrauen in der Bevölkerung genießt und als unverbraucht und nicht korrupt gilt. Pluspunkte hat Zipi Livni nun sicher auch die einstige Kritik an ihrem Parteifreund und bisherigen Chef Olmert eingebracht, den sie nach dem desaströsen Untersuchungsbericht zum Libanonfeldzug direkt zum Rücktritt aufforderte. Das haben viele Leute hier als aufrichtig und konsequent bewertet.

Die 50-Jährige ist ein neues, frisches Gesicht in der politischen Landschaft und zudem eine Frau - vielleicht auch ein Grund für Zipi Livnis Popularität, denn die Konkurrenz ist männlich und altbekannt: Männer wie Netanjahu und Barak, die ebenfalls gerne Ehud Olmert im Amt des Premiers beerben würden, sorgen bei vielen Israelis nicht gerade für Begeisterungsstürme - beide waren bereits Regierungschefs und ihre Amtszeit ist bei den meisten hier nicht unbedingt in positiver Erinnerung geblieben.

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Zipi Livni hat aber nicht nur den Newcomer-Bonus, sie gilt auch als pragmatisch und kompetent. Seit Annapolis ist die Juristin und ehemalige Mossad-Mitarbeiterin die Chefverhandlerin mit der palästinesischen Autonomiebehörde und sie hat zuletzt das Amt der Außenministerin bekleidet - als 2. Frau in Israel nach Golda Meir. Nun steht Zipi Livni - ebenfalls als 2. Frau nach Golda Meir - der Weg ins Regierungsamt nahezu offen. Wenn es der Mutter von zwei erwachsenen Söhnen gelingt, eine tragfähige Koalition zu schmieden, dann lautet schon bald die neuste Nachricht aus Israel: Zipi Livni ist Premierministerin.

Text: Viktoria Schult Foto: Imago

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