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Pflege-Auszubildender im Interview "Mein Respekt für den Beruf hat sich nochmal gesteigert"

Pfleger und Patient
© zinkevych / Adobe Stock
Der Pflegeberuf: stressig, schlecht bezahlt, blöde Schichtarbeit? Eigentlich nicht, findet Haley Hartig, 23, der eine Generalistik-Ausbildung in der Pflege macht. Im Interview erklärt er, was junge Menschen dazu bewegt, in die Pflege zu gehen, welche Herausforderungen er meistert und was er sich für die Zukunft wünscht.

BRIGITTE: Dein Beruf hat nicht den besten Ruf. Warum hast du dich trotzdem für eine Ausbildung in der Pflege entschieden?
Haley: Für mich war es wichtig, etwas mit Menschen zu machen. Ein Job am Schreibtisch, bei dem ich kaum mit anderen interagiere und die meiste Zeit sitze, wäre nichts für mich. Selbstverständlich hatte ich auch das Bedürfnis, Menschen zu helfen und meinen Teil zum großen Ganzen beizutragen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag während deiner Ausbildung aus? 
Das ist ganz unterschiedlich. Da ich eine Generalistik-Ausbildung mache, hatte ich schon Einsätze in der Altenpflege und im Krankenhaus. Die Aufgaben und der Alltag hängen sehr vom Schwerpunkt der jeweiligen Station ab, da sich die Krankheiten und Behandlungen stark unterscheiden. Und es gibt natürlich Unterschiede, je nachdem in welcher Schicht man arbeitet. Früh- und Spätschicht unterscheiden sich nicht drastisch, aber die Nachtschicht ist schon was anderes, weil man ja eigentlich seinen Schlaf braucht.

Welche Herausforderungen erlebst du in deinem Beruf? 
Man muss immer aufmerksam sein, den Überblick bewahren und patientenbezogen denken, um die bestmögliche Pflege garantieren zu können. Da kommt schon mal Stress auf. Aktuell ist für mich jedoch die größte Herausforderung, die große Menge an Wissen, die mir in der Ausbildung vermittelt wird, zu bewältigen.

Gibt es denn Hilfsangebote, damit ihr lernt, mit dem Stress gut umzugehen?
Ja, uns wird schon in der Ausbildung gezeigt, wie wir mit Druck umgehen können. Mögliche Stresssituationen werden durchgesprochen und Kommunikationstechniken gelehrt, wie man Dinge mit den Kolleg:innen aufarbeiten kann. Es gibt auch Angebote von den Ausbilder:innen, um sich auszusprechen.

Kommt es im Umgang mit deinen Patient:innen auch mal zu Konflikten, weil sie sich von einem 23-Jährigen nichts sagen lassen wollten?
Da kann ich glücklicherweise sagen, dass die meisten Patient:innen einen respektvollen Umgang mit mir pflegen. Wir arbeiten ja auf ein gemeinsames Ziel hin: die Genesung. 

Was war deine lehrreichste oder auch erinnerungswürdigste Erfahrung bisher?
Mein Einsatz auf der Intensivstation war für mich sehr prägend. Der Alltag dort war durch den kritischen Zustand der Patient:innen ein ganz anderer und auch das Level an Verantwortung war höher. Daher ist mir diese Zeit besonders in Erinnerung geblieben.

Hat sich denn deine Meinung über die Pflege im Laufe der Ausbildung eigentlich verändert?
Mein Respekt für den Beruf hat sich definitiv nochmal gesteigert. Die Verantwortung, die wir Pflegekräfte übernehmen, ist deutlich größer als man das als Außenstehender vielleicht annimmt.

Spricht das eher dafür oder dagegen, dass du anderen Menschen empfehlen würdest, ebenfalls in die Pflege zu gehen?
Das muss jede:r für sich selbst entscheiden. Ich kann aber jeder:m nur raten, der sich keinen Beruf am Schreibtisch wünscht und gerne Kontakt mit Menschen hat, sich den Arbeitsbereich Pflege zumindest einmal anzuschauen. Persönlich kann ich sagen: Die Arbeit und das Gefühl, einem Menschen wirklich geholfen zu haben, kann definitiv erfüllend sein.

Das klingt wirklich schön. Und doch interessiert mich noch deine Meinung zu einigen Vorurteilen, die man immer wieder hört. Erstens: Die Pflege ist nur etwas für Frauen.
Meiner Meinung nach ist dieses Vorurteil längst überholt. Natürlich ist das Berufsfeld von Frauen dominiert, aber auf jeder Station steht den männlichen Patienten meist mindestens ein männlicher Pfleger gegenüber.

Pflege heißt: ständige Überstunden und kaum Freizeit.
Diesen Eindruck hatte ich bisher nicht. Fairerweise muss ich aber sagen, dass wir Auszubildenden natürlich keine Überstunden machen dürfen oder sollen.

Schichtarbeit, schlechte Bezahlung, psychische Belastung: Der Beruf ist mit Familie nicht vereinbar. 
Das kann ich nicht zu einhundert Prozent bestätigen oder verneinen. Als Auszubildender kann ich aber sagen, dass erstens die Bezahlung nicht so schlecht ist, wie man sich das vielleicht als außenstehende Person denkt, und dass zweitens die Arbeit die Freizeit nicht komplett verschlingt. Ich kann mein soziales Leben in gesundem Maße gestalten.

Als letztes darfst du noch "Wünsch dir was" spielen. Welche Wünsche hast du im Bezug auf die Pflege?
Es wäre schön, wenn wir mehr Menschen für den Beruf gewinnen könnten. Je mehr wir sind, desto leichter wird der Berufsalltag für alle Beteiligten. Auch für die Patient:innen wäre es natürlich von Vorteil, mehr Pfleger:innen zu haben, an die sie sich mit seinen Bedürfnissen wenden können. 

Brigitte

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