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IGLU-Studie Immer weniger Kinder in Deutschland können richtig lesen

Ein Junge liest konzentriert in einem Buch
© S.Kobold / Adobe Stock
Die Lesekompetenz von Schüler:innen der vierten Klasse wird immer schlechter. Das zeigen Daten einer aktuellen Studie, die sich alle fünf Jahre mit der Lage in Schulen beschäftigt. Die Maßnahmen der vergangenen Jahrzehnte hätten laut den Forschenden kaum Wirkung gezeigt.

Rund ein Viertel der Grundschüler:innen erreichte keine ausreichende Lesekompetenz. So das Ergebnis der aktuellen Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU), die zuletzt 2021 stattfand. Im Vergleich zum Jahr 2001 sei die Fähigkeit bei den Kindern deutlich gesunken. Die mittlere Lesekompetenz sei in den vierten Klassen in Deutschland mit 524 Punkten im internationalen Vergleich zwar im Mittelfeld, verglichen mit der Ausgangserhebung 2001 (539 Punkte) und allen weiteren Erhebungen (2006: 548, 2011: 541, 2016: 537 Punkte) sei die mittlere Leistung aber signifikant gesunken.

Ungleichheiten werden in Schulen größer

Das Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Technischen Universität Dortmund erläutert, dass pandemiebedingte Beeinträchtigungen und die sich verändernde Schüler:innenschaft Gründe für den Leistungsabfall sein könnten. Sie seien aber nicht die einzigen Faktoren. In einer Pressemitteilung erklärt die geschäftsführende Direktorin des Instituts, Nele McElvany, "dass der Trend absinkender Schülerleistungen bereits seit 2006 besteht und die problematische Entwicklung in unserem Bildungssystem in den letzten Jahren durch diese Aspekte nur verstärkt wurde".

Mangelhaftes Schulsystem geht zu Lasten der Kinder

Das Schulsystem zeigt nicht nur im Lesebereich Defizite auf. Laut Nele McElvany hätten sich "Bildungserfolg sowie Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit in Deutschland" kaum verbessert und ergriffene Maßnahmen keine ausreichende Wirkung gezeigt. Ein anhaltendes Problem seien soziale Disparitäten. Kinder aus Arbeiterfamilien würden benachteiligt. "Auch bei gleicher Lesekompetenz und gleichen kognitiven Grundfähigkeiten hat ein Kind aus einer (Fach)Arbeiterfamilie eine 2,5 Mal geringere Chance auf eine Gymnasialpräferenz seiner Lehrkraft als ein Kind mit Eltern in der Oberen Dienstklasse (z.B. führende Angestellte und höhere Beamte)", so der Bericht. Migrationsbezogene Leistungsdisparitäten seien im Vergleich zum Jahr 2001 nicht geringer geworden. Dabei würden andere Länder des internationalen Vergleichs zeigen, dass es keinen starken Zusammenhang zwischen familiärer Herkunft und schulischem Erfolg geben müsse.

Deutschland braucht mehr Leseminuten

Im internationalen Vergleich wird in deutschen Schulen seltener gelesen als in anderen Ländern. Im internationalen Durchschnitt fallen rund 200 Minuten pro Woche für Leseaktivitäten im Unterricht an. In Deutschland gerade einmal 141 Minuten. "In Bezug auf die substanziellen Bildungsungleichheiten zeigt IGLU, dass sich in den letzten 20 Jahren in Deutschland praktisch nichts verändert hat", so McElvany. "Das hat hohe Kosten für die betroffenen Individuen, für unsere Gesellschaft und unser Land und darf nicht weiter so bleiben."

In den Schulen müsse den Kindern mehr Raum fürs Lesen eingeräumt werden. So sieht es auch Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD). In der Hansestadt hätte man in den Grundschulen eingeführt, dass die Kinder 20 Minuten mehr pro Tag lesen – zusätzlich zum normalen Unterricht. Damit sei Hamburg im Vergleich der Bundesländer vom 14. Platz auf den dritten Platz hoch gerückt. Bereits kleine Leseeinheiten können also bereits zu Erfolgen führen. Interessierte Eltern oder Fachkräfte können sich beispielsweise bei der Stiftung Lesen informieren, die im Bereich der Leseförderung viele Möglichkeiten anbieten. Viele lokale Angebote helfen ebenfalls dabei, Kindern bessere Lesefähigkeiten zu ermöglichen.

Zur Studie: Deutschland nahm bereits zum fünften Mal an der repräsentativen Erhebung teil. Bei der Erhebung zur nun ausgewerteten IGLU 2021 waren insgesamt 4.611 Schüler:innen aus 252 vierten Klassen sowie ihre Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen beteiligt. International waren es rund 400.000 Schülerinnen und Schüler aus 65 Staaten und Regionen.

Verwendete Quellen: ifs.ep.tu-dortmund.de, idw-online.de, ndr.de, stiftunglesen.de

lkl Brigitte

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