Anzeige

Warum diese Jungfrauen-Blutkapseln makaber und gleichzeitig notwendig sind

I-Virgin Blutkapsel für die Jungfräulichkeit: Symbolbild
© Lijphoto
Kapsel rein, Jungfrau sein – so könnte der Slogan für Blutkapseln wie "I-Virgin" heißen. Mit dem Produkt sollen Frauen für die Hochzeitsnacht ihre Jungfräulichkeit vortäuschen können. Klingt makaber, ist es auch – schlimmer ist aber, dass solche Kapseln überhaupt noch gebraucht werden.

Wie bereitet man sich auf seine Hochzeit vor? Kleid anziehen, Haare frisieren, Blutkapsel einführen. So oder so ähnlich wird sich die Marke "I-Virgin“ die Hochzeitsnachtvorbereitung wohl vorstellen. In Indien werden auf Amazon neuerdings kleine Packungen im rosafarbenen, floralen Design verkauft. In Schreibschrift steht "I-Virgin“ darauf. Hübsch sehen sie aus, keine Frage. Enthalten tun sie allerdings den Untergang der Emanzipation.

Verkauft werden sie als das Gegenteil: Die Kapseln von I-Virgin enthalten künstliches Blut, das in der Hochzeitsnacht das Reißen des Jungfernhäutchens imitieren soll. Weil Frauen vor der Ehe schließlich jungfräulich zu sein haben, versteht sich.

Blutkapseln sollen Jungfräulichkeit beweisen

Die Kapsel, gefüllt mit künstlichem Blutpulver, wird vaginal eingeführt. Mit der Zeit löst sie sich auf. Beim Geschlechtsakt, also wenn der Penis in die Nähe der Kapsel gerät, soll diese eine eine rote Flüssigkeit freigeben. Nach dem Sex sieht diese aus wie Blut – ein Zeichen des Triumphs für den Mann und dessen Familie. Dazu gibt es übrigens noch Straffungsgel, das die Vagina verengen soll. Mehr als ein Kopfschütteln fällt einem dazu gar nicht ein.

Was hierzulande nach einer absoluten Absurdität und weit weg von jeglicher Gleichberechtigung klingt, scheint in anderen Ländern Frauen sogar ein Stück Emanzipation zu schenken. Klingt absurd? Ist es auch. Leider aber eben auch Realität, wenn man die Perspektive wechselt und eine Frau sieht, die ihr Sexualleben nun selbst in der Hand haben und trotzdem heiraten kann, ohne sich vor Strafen zu fürchten.

In vielen Ländern ist der sogenannte "Charakter-Test“ noch immer aktuell. Die Jungfräulichkeit bestimmt in anderen Kulturen den 'Wert' einer Frau, das Jungfernhäutchen gilt als Symbol der Reinheit. Erst kürzlich geriet ein amerikanischer Rapper in die Medien, der seine Tochter aus diesem Grund zum Gynäkologen begleiten soll – um regelmäßig ihre Jungfräulichkeit zu überprüfen. Die "Zeit" berichtete noch vor zwei Jahren darüber, dass Frauen in Afghanistan ins Gefängnis wandern, wenn sie die Ehe nicht jungfräulich schließen. In manchen Ländern soll ein blutiges Laken nach der Hochzeitsnacht noch immer als Beweis der Jungfräulichkeit gefeiert werden.

Vielen Frauen mögen solche Blutkapseln das Leben also tatsächlich erleichtern. Trotzdem ist "I-Virgin“ letztendlich genau das Produkt, das sie nicht gebrauchen können. Denn es zahlt auf eine Wertevorstellung und ein Frauenbild ein, das zum einen veraltet, zum anderen vollends diskriminierend ist.

Warum wir Produkte wie "I-Virgin" trotzdem brauchen

Allgemein betrachtet scheint es dringend nötig zu sein, dass ein Produkt wie "I-Virgin“ auf den Markt kommt. Grund dafür sind zum einen die Reaktionen, die die Blutkapseln hervorruft, zum anderen die Nachfrage, die offensichtlich noch immer für ein solches Produkt besteht, sonst würden sie nicht existieren – worüber jedoch kaum jemand spricht.

Kapseln zum Vortäuschen der Jungfräulichkeit sind in westlichen Ländern, in denen das Vortäuschen des Orgasmus viel eher auf der Tagesordnung steht, absolut weltfremd. Doch genau das sind sie eben nicht, denn in genau dieser Welt, in der wir alle leben, gibt es noch immer Gesellschaften, in denen das Sexualleben einer Frau ein öffentlich diskutiertes Gut ist. Und auf diese Problematik muss aufmerksam gemacht werden – nicht durch falsche Blutkapseln, aber durch die Debatte, die sie ins Leben rufen.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel