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Kinderehen in Deutschland: Wie wirksam ist das neue Gesetz?

2016 waren in Deutschland Hunderte Kinder unter 14 Jahren verheiratet. Was hat das "Gesetz gegen Kinderehe" gebracht?

Kinderehen sind weltweit, aber auch in Deutschland furchtbare Realität. Insgesamt waren 2016 in Deutschland knapp 1500 Minderjährige als verheiratet registriert - darunter deutlich mehr Mädchen als Jungen. 361 von ihnen waren jünger als 14 Jahre. Die hohe Zahl von Kinderehen in Deutschland erklärte sich durch den Zuzug geflüchteter Menschen.

Am häufigsten betroffen sind syrische Mädchen

Knapp die Hälfte der verheirateten Minderjährigen stammte aus Syrien. Am zweithäufigsten waren afghanische Kinder und Jugendliche betroffen, gefolgt von Irakern, Bulgaren, Polen, Rumänen und Griechen.

Glücklicherweise sind die Zahlen inzwischen deutlich gesunken: Laut Ausländerzentralregister leben zurzeit nur noch rund 300 verheiratete Minderjährige in Deutschland.

Ein Grund: Der Rückgang der Kinderehen sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die Ehepartner seit 2016 älter geworden und seitdem deutlich weniger Flüchtlinge gekommen seien, so das Bundesjustizministerium.

Wie wirkungsvoll ist das neue Gesetz gegen Kinderehe?

Möglicherweise zeigt auch das „Gesetz gegen Kinderehe“ Wirkung. Seit Juli 2017 sind Eheschließungen Minderjähriger in Deutschland verboten. Ehen, die im Alter zwischen 16 und 18 Jahren geschlossen wurde, werden durch richterlichen Beschluss aufgehoben. Nur in besonderen Härtefällen kann davon abgesehen werden. Hat einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Heirat das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet, ist die Ehe automatisch unwirksam.

Zuvor waren auch Eheschließungen ab dem 16. Lebensjahr erlaubt, wenn einer der beiden Partner volljährig war. Im Ausland geschlossene Ehen wurden vom Staat anerkannt, so lange keiner der Partner jünger als 14 Jahre alt war.

Bei der Umsetzung scheint es zu hapern

Auffällig ist allerdings, dass trotz des neuen Gesetzes nur sehr wenige Fälle vor Gericht gelandet sind. Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von „Terre des Femmes“ wundert sich außerdem: „Wie kann es sein, dass zum Beispiel in Berlin innerhalb der letzten zwölf Monate nur drei Fälle von Frühehen vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten festgestellt worden sind? 2016 waren laut Sozialverwaltung noch rund 100 verheiratete minderjährige Frauen registriert.“

Die Organisation kritisiert, dass der Aufbau der Strukturen zur Umsetzung des Gesetzes nur schleppend vorangeht. „Wir fordern, dass Handlungsleitfäden für die zuständigen Behörden entwickelt werden, um einheitliche Standards sicherzustellen, die den Betroffenen bestmögliche Unterstützung gewährleisten", sagt Stolle. „Nur so verhindern wir, dass das Gesetz zur Makulatur verkommt."

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