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Hilfst Du anderen, hilfst Du Dir

Soziales Jahr für alle? Super Idee, meint BRIGITTE-Redakteurin Silke Baumgarten.

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Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt ganz unbeliebt mache: Ich finde, jeder junge Mensch sollte ein soziales Jahr einplanen. Da bin ich tatsächlich mal mit Roland Koch einer Meinung. Anders als der konservative Politiker denke ich allerdings, dass nicht nur Bedürftigen in der Gesellschaft damit geholfen wäre, sondern vor allem auch uns selbst.

Ein Freund von mir war 17, als er seine Kfz-Lehre anfing. Er liebte es, an Autos rumzuschrauben, der eigene Wagen funkelte und dröhnte, er träumte von einer eigenen Werkstatt und dachte: Das ist mein Leben. Dann musste er den Ersatzdienst antreten und landete - weil er sich zu spät kümmerte - in einer Sondereinrichtung. Lauter Kinder mit unterschiedlichsten Behinderungen wollten gefüttert, bespielt, gewickelt, gefördert werden. Heute ist er hochzufriedener Physiotherapeut, spezialisiert auf behinderte Kinder, hat seine eigene Praxis, schraubt immer noch an seinem Auto rum – aber gern auch an Rollstühlen. Ohne diese Zwangseinlage in seinem Leben, hätte Rolf diese Seite nie an sich entdeckt.

Mag sein, dass einige Leute gleich wissen, was sie nach der Schule machen wollen. Aber viele eiern erst mal rum, jobben auf einer Farm in Neuseeland, hangeln sich mit Aushilfsjobs durch oder fangen irgendwas an zu studieren und schmeißen nach ein paar Semestern hin. Diesen Leuten wäre mit der klaren Ansage "Ein Jahr brauchen wir Dich" geradezu geholfen – danach haben sich vielleicht Perspektiven oder Präferenzen verschoben. Den anderen, die nach der Schule gleich durchstarten wollen, kann die Auseinandersetzung mit Alten, Kranken, Behinderten auch nicht schaden. Das Zeitargument gilt nicht: Was sind schon zwölf Monate, gemessen an den mindestens 40 Jahren, die heute alle im Job ackern dürfen. Andererseits können zwölf Monate aber sehr einprägsam sein und die Sicht auf Menschen, die eher am Rand der Gesellschaft leben, grundlegend verändern. Insofern wünsche ich mir, dass Kristina Schröder, Herr Guttenberg und das Kabinett den ganzen Murkse mit parallelen Angeboten für soziales Jahr/Bundeswehr/Zivildienst baldmöglichst beenden: ein Jahr für alle, selbstverständlich bezahlt und anerkannt.

Ja, für alle. Auch für junge Frauen. Wenn sie jetzt mit verpflichtet werden, finde ich das nur gerecht. Und vielleicht überlegt die ein oder andere nach einem Jahr im Krankenhaus noch mal, ob sie nicht lieber Medizin studieren sollte, statt Krankenschwester zu werden. Auch eine gute Idee.

Text: Silke Baumgarten

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