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Maria Furtwängler: "Missbraucht mit 11 Jahren? Das darf nicht sein!"

Die Schauspielerin Maria Furtwängler spricht über ihren Einsatz für sexuell missbrauchte Mädchen auf den Philippinen und ihr soziales Engagement.
Macht sich stark für missbrauchte Mädchen: Schauspielerin Maria Furtwängler
Macht sich stark für missbrauchte Mädchen: Schauspielerin Maria Furtwängler
© World Vision

Maria Furtwängler, Sie sind Ärztin, Schauspielerin, aber seit kurzem auch Kilimandscharo-Besteigerin. Wie kam es dazu?

Maria Furtwängler: Ehrlich gesagt war das eine Schnapsidee von meinem ältesten Bruder Felix. Unser Großvater war vor ziemlich genau 100 Jahren dort oben - als Erster mit Skiern. Deshalb wurde dort ein Gletscher nach ihm benannt. Wir sind rauf, einschließlich meiner Mutter, meinen Kindern, Brüdern und Nichten. Das war ein tolles Erlebnis.

Also eine echte Familientour nach Afrika. Mit Ihrer Tochter sind auch häufig auf den Philippinen unterwegs. Was treibt Sie in dieses Land?

Ich denke, es kam dadurch, dass ich auf Cebu (Anm.: eine philippinische Insel) gesehen habe, wie die "German Doctors" Kindern helfen, die auf der Müllkippe leben. Später ging meine Tochter in ein Straßenkind-Projekt auf Mindanao. Irgendwie entstand da diese Liebe zu dem Land und auch die Idee, das "Malisa Home" zu gründen.

"Malisa" steht für ...?

Maria und Elisabeth. Meine Tochter nennt sich Lisa und wir wählten eine Kombination aus unseren Namen.

"Das Thema Missbrauch von Mädchen bewegt uns sehr"

Wann ging das los?

Wir haben vor fünf Jahren damit angefangen. Ich habe gemerkt, dass in die Ambulanz von Cagayan de Oro (Anm.: Stadt auf Mindanao) immer wieder Mädchen kamen, zehn- oder elfjährig, mit sexuell übertragbaren Krankheiten. Da sagt man sich natürlich: elfjährig? Das darf nicht sein! Meine Tochter und mich bewegt das Thema Missbrauch von Mädchen, Menschenhandel und Zwangsprostitution sehr. Wir wollten ein Heim gründen, wo wir diesen Mädchen eine Chance auf eine menschenwürdige Zukunft geben.

Mit "Thrive", dem gemeinsamen Projekt von "Malisa Home" und dem Kinderhilfswerk World Vision, sollen auch mehr Menschen vorbeugend erreicht werden. Was steht hinter dieser Idee?

Mehr dort aufzuklären, wo offensichtlich noch viel Ahnungslosigkeit herrscht. Ich habe mir die Arbeit von World Vision angeschaut und bin sehr beeindruckt, auch von der Herangehensweise. Zusammen zu eruieren, wie man das Problem am besten angehen kann und die Communitys wirklich mit einzubeziehen. Das hat mich sehr überzeugt. Das Schönste ist doch, die Energien zu bündeln. "Malisa Home" hat den Kerngedanken, Mädchen zu helfen, die schon Opfer von Missbrauch geworden sind, und das mit World Vision zu kombinieren, ist die Idee unseres gemeinsamen Projekts. Davon verspreche ich mir sehr viel. Ich habe große Hoffnung, dass das mit World Vision zusammen wirklich klappen könnte, und wir viele, viele Familien und Kinder erreichen.

Bei den vielen Besuchen, die Sie schon auf den Philippinen gemacht haben: Was war die berührendste Begegnung?

Vielleicht die Begegnung mit Christine, einem sehr aufgeweckten 14-jährigen Mädchen. Eine entfernte Verwandte versprach den Eltern einen tollen Job für ihre hübsche Tochter in der Stadt. Sie wurde in einen Bus gesetzt und sollte in der Stadt in einer Karaoke-Bar bedienen. Noch am gleichen Abend sagte der Besitzer: "Du schuldest mir Geld für das Busticket und für das Zimmer, das du ab jetzt bewohnst, also musst Du mir zu Diensten sein". Sie wurde vergewaltigt - im Laufe der Zeit nicht nur von ihm, sondern noch von vielen anderen Besuchern der Bar. Christine konnten wir helfen und haben sie ins Malisa Home geholt, ihr dort die Schule ermöglicht und für psychologische Betreuung gesorgt. Es dauert lange, bis so etwas wie Vertrauen wieder wachsen kann.

"Für Dinge, die einem wichtig sind, hat man immer Zeit"

Ein bewegendes Schicksal ...

Ja. Und das kann vielen Mädchen erspart bleiben. Wir wollten präventiv handeln. Denn das Problem liegt oft in der Unwissenheit und Gutgläubigkeit vieler Eltern; vor allem im ländlichen Bereich. Sie glauben denen, die ihren Kindern eine Ausbildung oder einen Job in der Stadt versprechen - dabei sind das Menschenhändler und Kinderfänger. Darüber wollen wir aufklären.

Wie schafft man es, die Zeit für so ein soziales und ehrenamtliches Engagement aufzubringen?

Zeit ist ja immer eine Frage der Einteilung und der Prioritäten. Frauen und Mädchen zu helfen, nicht in eine Situation der sexuellen Ausbeutung zu kommen bzw. wenn dem so ist, zu helfen, liegt mir einfach extrem am Herzen. Ich denke, für Dinge, die einem wichtig sind, hat man immer Zeit.

Das Interview führte Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender von World Vision für das World Vision Magazin.

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