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Greta Gerwig Durch sie wird die Plastikpuppe Barbie zu einer starken Hauptrolle

Greta Gerwig und Margot Robbie.
Greta Gerwig gemeinsam mit Schauspielerin Margot Robbie.
© Gareth Cattermole / Getty Images
Come on, Barbie, let‘s go party! Kein Film wird dieses Jahr so gespannt erwartet wie "Barbie". Was auch daran liegt, dass Greta Gerwig das Drehbuch schrieb und Regie führte. Wer ist die Frau, die aus der Plastikpuppe eine Feministin macht?

"Wenn du Barbie liebst, ist dieser Film für dich", verspricht der Trailer in pinkfarbener Barbie-Schrift. Und gleich danach: "Wenn du Barbie hasst, ist dieser Film für dich." Und damit ist sofort alles auf den Punkt gebracht. Greta Gerwigs "Barbie", der am 20. Juli in die Kinos kommt, will alle Mädchen und Frauen (und auch die Jungs und die Männer) abholen, in denen die Puppe "mit Haaren, die zehnmal voluminöser sind als ihr Körper"(Gerwig) glückliche Kindheitserinnerungen auslöst. Und will sie einladen, sich in dieses wohlige Gefühl sinken zu lassen wie in ein duftendes, cremiges rosa Schaumbad.

Greta Gerwig, geboren 1983 in Kalifornien, ist Schauspielerin, Autorin, Regisseurin und Produzentin. "Barbie" ist ihre dritte Regiearbeit, die beiden vorherigen, "Lady Bird" und "Little Women", waren beide mehrfach oscarnominiert. Sie lebt mit ihrem Partner, dem Filmemacher Noah Baumbach, und den beiden gemeinsamen kleinen Söhnen in New York.
Greta Gerwig, geboren 1983 in Kalifornien, ist Schauspielerin, Autorin, Regisseurin und Produzentin. "Barbie" ist ihre dritte Regiearbeit, die beiden vorherigen, "Lady Bird" und "Little Women", waren beide mehrfach oscarnominiert. Sie lebt mit ihrem Partner, dem Filmemacher Noah Baumbach, und den beiden gemeinsamen kleinen Söhnen in New York.
© Hanna Lassen / Getty Images

Gleichzeitig wendet sich der Film an alle, die schon immer fanden, dass eine Plastikfigur mit Riesenbrüsten und Minitaille, hellhäutig und hellblond, die in rosa Cabrios rumdüst und Reitpferde ohne Ende hat, jawohl kaum das passende Spielzeug für moderne Mädchen ist, denen man ganz andere Träume mit auf den Lebensweg geben möchte.

Man liebt Barbie oder man hasst sie. In kaum jemandem löst die Puppe, die die US-Spielzeugfirma Mattel 1959 in einem schwarz-weißen Badeanzug auf den Markt brachte, keine Gefühle aus. Und kaum jemand versteht so einen total barbiespezifischen Gag wie den mit den hochhackigen Pantoffeln NICHT: Im Film wird Barbie von einer lebendigen Frau gespielt, nämlich Margot Robbie. Im Trailer sieht man Robbies nackte Füße in rosa Puschelpantöffelchen mit Stiletto-Absatz. Sie nimmt einen Fuß aus dem High Heel, setzt ihn auf den Boden – und bleibt auf den Zehen stehen. Mit dem zweiten Fuß: dasselbe. Denn, klar: Alle Plastikbarbiefüße der Welt stehen serienmäßig auf Zehenspitzen, weil sie dafür gemacht sind, immer in hochhackige Barbieschuhe geschoben zu werden. 

Barbies Welt: alles so schön pink hier.
Barbies Welt: alles so schön pink hier.
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Picture Alliance

Greta Gerwig: Gemeinsam mit ihrem Lebenspartner lässt sie Barbie zum Leben erwecken

Ob die Welt im Jahr 2023 einen Film über eine Plastikpuppe, ihre Plastikpuppenfreundinnen, ihren Plastikpuppen-Boyfriend und dessen Freunde, alle gespielt von echten Menschen, braucht? Easy: Wenn der Film von Greta Gerwig ist, dann brauchen wir den. Und zwar viel dringender, als wir ahnten. Weil er klug sein wird, und sehr lustig.

Um nicht über ihre eigene Garderobe nachdenken zu müssen, trug Gerwig während der Dreharbeiten zu "Barbie" nur Overalls.
Um nicht über ihre eigene Garderobe nachdenken zu müssen, trug Gerwig während der Dreharbeiten zu "Barbie" nur Overalls.
© Splash News / Action Press

2016 gab es Pläne, Comedian Amy Schumer die Hauptrolle spielen zu lassen, als unperfekte Puppe, die aus dem Barbieland geschmissen wird, weil sie nicht schön genug ist. Schumer fand das Drehbuch zu wenig feministisch und stieg aus. Die Schauspielerin Margot Robbie ("I, Tonya") kam als neue Barbie und auch als Produzentin an Bord. Sie engagierte Greta Gerwig und deren Lebenspartner Noah Baumbach, damit sie zusammen ein völlig neues Drehbuch schreiben. Spätestens seit Gerwig zugesagt hat, auch Regie zu führen, spielt die popkulturinteressierte Welt verrückt: Was wird das bloß für ein Film werden? "Was auch immer ihr erwartet, wir werden euch etwas völlig anderes geben", hat es Margot Robbie bündig zusammengefasst. Und Will Ferrell, auch einer der Darsteller, sagt: "Es ist eine Hommage UND eine Satire." (Der Film war bis Redaktionsschluss noch nicht zu sehen.)

Greta Gerwig und Noah Baumbach.
Greta Gerwig und Lebenspartner Noah Baumbach.
© Stephane Cardinale - Corbis / Getty Images

Aber wer ist nun diese Filmemacherin, die alle ausflippen lässt? Gerwig, die im August 40 wird, kannten viele lange nur als Schauspielerin. Sie verkörperte vollkommen einen so schrulligen wie liebenswerten, einen so neurotischen wie chaotischen Typ junger Frauen, die in der Welt mehr schlecht als recht zurechtkommen. Perfektioniert hat sie diesen Typus im wunderbaren Schwarz-Weiß Film "Frances Ha", dessen Drehbuch sie zusammen mit dem 14 Jahre älteren Filmemacher Baumbach geschrieben hat, heute Vater ihrer beiden kleinen Söhne.

Ihre Spezialität: Filme mit starken weiblichen Hauptrollen

Kennengelernt haben sich Gerwig und Baumbach, als sie 2009 unter seiner Regie im Film "Greenberg" spielte, mit Ben Stiller und Jennifer Jason Leigh, die damals noch mit Baumbach verheiratet war. Baumbachs und Leighs gemeinsamer Sohn wurde kurz vor dem Kinostart von "Greenberg" geboren, acht Monate später reichte Leigh die Scheidung ein. Diese Erfahrungen hat Noah Baumbach später in seinem Scheidungsfilm "Marriage Story" verarbeitet. 2012, bei der Premiere von "Frances Ha" – Co-Autorin und Hauptrolle: Greta Gerwig – traten er und Greta zum ersten Mal offiziell als Paar auf. Danach schrieben sie noch einen weiteren Film zusammen, und jetzt das "Barbie"-Skript. "Sie ist gut für mich", hat Greta Gerwig diese Liebes- und Arbeitsbeziehung beschrieben.

Mittlerweile ist sie selbst eine ungeheuer erfolgreiche Regisseurin, das Interesse an ihr übersteigt eher noch das an ihrem Lebensgefährten. 2018 kam ihr autobiografisch gefärbtes Regiedebüt "Lady Bird" ins deutsche Kino, einer der schönsten Filme übers Erwachsenwerden überhaupt. Er hat bereits alles, was Greta Gerwig heute zu einer der wichtigsten Stimmen im Kino macht: Sie guckt ganz genau hin und erzählt ihre Wahrheit angstfrei und ehrlich, auch wenn es wehtut (die unnötig belastete Beziehung zwischen dem Mädchen Lady Bird und ihrer Mutter ist so lebensecht wie schmerzhaft). Gleichzeitig hat sie eine riesige Liebe für ihre Figuren. Und immer feiert sie die Beziehungen zwischen Frauen – verwandtschaftliche, freundschaftliche, berufliche. Was in "Barbie" wieder ein Riesenthema sein wird. Überhaupt möchte Greta nur noch Filme über Frauen drehen: "Ich finde Frauen einfach interessanter", hat sie mal gesagt. "Außerdem wissen wir doch inzwischen ganz gut, was Männer machen. Ich frage mich bei männlich dominierten Filmen immer: Wie geht’s wohl der Ehefrau der Hauptfigur gerade?"

Für "Lady Bird" wurde Gerwig 2018 – so unglaublich das klingt – bei den Oscars als damals erst fünfte Frau in der Filmgeschichte für die beste Regie nominiert. Insgesamt war der Film sogar für fünf Oscars nominiert, bekommen hat er keinen. Zwei Jahre später wurde ihr nächster Film, ihr moderner Blick auf Louisa May Alcotts heiß geliebten Jugendroman "Little Women" (Gerwig: "Dort geht es ums Geld, ums wirtschaftliche Überleben!"), sogar noch für einen Oscar mehr nominiert – und stand in der Kategorie "Bester Film" in direkter Konkurrenz zu Noah Baumbachs "Marriage Story"! Sie haben damals beide für sich selbst gestimmt, hat Greta gestanden. Am Ende, sagt Baumbach, sei es vielleicht leichter gewesen, dass keine:r von beiden gewonnen hat.

Das möchte Greta Gerwig in Zukunft machen

Für "Barbie" hat das Paar nun gemeinsam eine bessere Puppenwelt erschaffen: Die Barbies im Film haben alle erdenklichen Hautfarben und Körperformen, die man im Spielzeugregal immer noch vergeblich sucht. Und sie haben Berufe: Ärztin, Pulitzerpreisträgerin, Star-Autorin, Anwältin, Physik-Nobelpreisträgerin, Präsidentin ... So ganz nebenbei wurde da eine pink-feministische Utopie fürs Barbieland entworfen, in der jedes Mädchen alles werden kann. Die Kens, also die Gefährten der Barbies, tauchen im Film zwar auch in vielen Hautschattierungen auf, aber sie alle sind "nur Ken": Plastik-Männer ohne Eigenschaften. Ein Witz, der im Internet schon viele Memes inspiriert hat. 

Aufbruch: Barbie (Margot Robbie) und Ken (Ryan Gosling) verlassen Barbieland und reisen in die Menschenwelt.
Aufbruch: Barbie (Margot Robbie) und Ken (Ryan Gosling) verlassen Barbieland und reisen in die Menschenwelt.
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Picture Alliance

Fundiertes Wissen zeigt sich darin, dass auch längst aus dem Programm genommene Barbie-Freunde wie das Paar Midge und Allan mitspielen (Midge gab es 2002 sogar kurz als schwangere Puppe!). Und dass Margot Robbie als Barbie ihre Haare zu genau so einem unrealistisch dicken Zopf flechten kann, wie das sonst nur bei den Puppen geht.

Der Film wird ein Hit werden, so viel ist sicher. Und dann? "Musicals stehen bei mir ganz hoch im Kurs", sagt Greta Gerwig. "Ich fände es toll, wenn in meiner Zukunft eins auf mich warten würde." Was dann sicher auch kein Musical wie alle anderen wäre.

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