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Glücklich ohne Kind?

Es ist keineswegs so, dass sie Kinder nicht mögen. Aber sie haben sich einfach anders entschieden, und sie stehen absolut zu ihrem Entschluss. Hier berichten fünf Frauen über ihre Beweggründe, keine Kinder zu haben.

"Will ich überhaupt für einen anderen Menschen verantwortlich sein?"

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So wie ich jetzt organisiert bin - vor einem Jahr habe ich mich selbständig gemacht -, kann ich mir kein Leben mit Kind vorstellen. Denn hätte ich eins, wollte ich die ersten drei bis vier Jahre ganz intensiv mit ihm sein. In einem geborgenen und behüteten Umfeld, denn Kinder haben Anspruch auf Zuwendung, und das ist anstrengend. Ich weiß nicht, ob ich dieser Rolle gerecht werden könnte. Und wollte: Ich sehe die Frage "Baby - ja oder nein" nicht mehr so spielerisch wie etwa mit Ende zwanzig. Da hatte ich null Drang, mich fortzupflanzen, und es gab in dieser Zeit auch gar keinen passenden Partner. Aber wenn es passiert wäre, ja, dann wäre es eben passiert. Jetzt, mit 39, drängt es mich immer noch wenig, für Nachwuchs meine gesamte Lebensplanung über den Haufen zu schmeißen. Und ich frage mich: Will ich überhaupt für einen anderen Menschen 20 Jahre lang verantwortlich sein? Bin ich der Typ dafür? Meine Freiheit ist mir schon sehr wichtig, und die Vorstellung, mit meinem Kind allein zu Hause zu sitzen, finde ich eher unheimlich. Ich hätte Angst, den Anschluss an die Erwachsenenwelt zu verlieren. Trotzdem: Ich sage in meinem Leben nie nie. Vielleicht kriegen ich und mein Partner in den nächsten Jahren doch noch Lust auf ein Baby, vielleicht kann ich mir plötzlich vorstellen, meinen Job zu reduzieren. Aber das ist eher unwahrscheinlich.

"Hätte ich den richtigen Partner, könnte ich mir auch ein Baby vorstellen"

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Ich glaube, ich habe nicht die Muße für ein Kind. Und auch nicht für einen Mann. Jedenfalls jetzt nicht. Ich bin ein "music-addict". Mich treibt die Suche nach dem Hit, und die Szene ist ein hartes Geschäft. Es kommt nur auf die richtigen Kontakte an; um die zu knüpfen, muss ich ständig unter Leuten sein. Das ginge mit einem Baby nicht. Hätte ich allerdings einen Partner, der mir den Rücken freihalten würde, dann sähe mein Lebensentwurf anders aus. Hätte, hätte - jetzt, in der Realität gehört ein Kind nicht zu mir. Aber Familie und Musik verbinden, das wäre wirklich mein Traum. Denn ich liebe Kinder total. Doch ohne einen Erzeuger, bei dem ich nicht das Gefühl habe, in einem Jahr ist die Beziehung eh wieder futsch, kann ich mir keine Babyproduktion vorstellen. Da bin ich konservativ. Ich glaube, viele Männer haben Angst vor mir, wirklich: weder geschieden noch verheiratet noch mit Anhang; manchmal frage ich mich schon, welches Rollenbild diese Typen mit sich rumschleppen. Denn bin ich mit meinem dreijährigen süßen Neffen unterwegs, werde ich ständig angebaggert.

"Ein Kind passt eigentlich nie - aber passe ich zu einem Kind?"

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Für mich stellt sich nicht die Frage, ob ein Kind in meinen eng mit dem Beruf verbundenen Lebensentwurf passt. Da passt es nie, auch jetzt nicht. Aber einrichten könnte ich es, wenn ich wirklich wollte. Meine große Frage ist: Passe ich überhaupt zu einem Kind? Bin ich reif dafür, souverän und weise genug, relativ gelassen mit anzusehen, was aus einem genetischen Mix, meinem Kind, wird? Das vielleicht zu einem Anti-Entwurf der eigenen Vorstellung gerät? Ich glaube nicht, dass ich immer ruhig zugucken könnte, wenn mein Kind auf dem Weg wäre, auch problematische Erfahrungen zu machen. Ein Architekturbüro leiten, ein Haus bauen, da habe ich keine Skrupel. Weil ich ungefähr ahne, was mich erwartet. Für fast alles im Leben gibt es eine Art Führerschein, nur nicht dafür, ein Kind glücklich zu machen. Ich hätte Angst vor dem Scheitern. Andere sehen das nicht so - warum nicht mal zur süßen Abwechslung ein Baby produzieren, ist doch bei vielen die Devise. Die finde ich ziemlich egoistisch und romantisierend.

"Man kann kein halbes Kind haben, man muss sich entscheiden"

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Mit zwanzig habe ich lange darüber nachgedacht, ob ich überhaupt jemals Kinder haben will. Nein, war meine Erkenntnis, du hast kein Interesse am Umgang mit ihnen, besonders wenn sie noch sehr klein sind und nicht richtig ansprechbar. Hättest du ein Baby, wäre es aus purer Konvention. Das Pflegerische an der Geschichte, diese ganze frühe Entwicklungsstufe - das reizt mich nicht. Und ich habe es bis heute nicht bereut, vermisse nichts. Für mich war es nie ein Opfer, nie ein Verzicht, kein Kind zu haben. Ich habe einen anspruchsvollen Beruf und hätte mir nicht vorstellen können, für eine längere Phase auszusetzen. Meine Lebensumstände wegen eines Babys völlig neu organisieren - nein. In den 70er Jahren waren wir in Studentinnen-Kreisen ratlos, wie Frauen Nachwuchs und Job vereinbaren sollten. Es waren ja noch nicht mal hinreichend Halbtagskindergartenplätze vorhanden, geschweige denn Ganztageseinrichtungen und Krippenplätze für Säuglinge. Wir gründeten eine Frauengruppe, die sich den Kopf über diese Probleme zerbrach, wobei mir immer klar war, dass ich selbst ohne Anhang bleiben wollte. Später hatte ich darüber mit meinem damaligen Partner große Diskussionen. Er wünschte sich ein Kind, sah aber dann ein, dass ich nicht der Typ dafür bin. Man kann eben kein halbes Kind haben, man muss sich entscheiden. Mit meiner Entscheidung bin ich immer im Reinen geblieben.

"Der Sinn des Lebens besteht für mich nicht darin, ein Kind zu haben"

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Was macht eigentlich Sinn im Leben? Ich glaube, dass der Wunsch nach einem Baby oft für eine Flucht in vermeintlich Sinnvolles steht. Aus der Faulheit heraus, nicht über sich selbst nachdenken zu wollen (was schwierig und interessant zugleich ist), wird ganz schön viel Nachwuchs gezeugt. Ich für meinen Teil kann sehr gut ohne ihn existieren. So, wie ich in und mit meinem Leben beschäftigt bin, brauche ich kein Kind als Hilfsmittel. Da ist genug los mit mir, mit Freunden und Bekannten, aber ich bin sehr gern auch allein. Kein Kinder-Remmidemmi stört mich - überhaupt Remmidemmi, da steh ich nicht drauf. Genug los sein heißt für mich, Muße für sich und andere zu haben. Kinder können natürlich den eigenen Horizont erweitern, aber diese Sicht der Dinge hab ich an mir selbst erlebt und nicht vergessen. Jetzt interessieren mich Erwachsene einfach mehr, und für die spüre ich nie diese Verantwortung, wie ich sie für ein Kind hätte, das erst mal abhängig von mir wäre. Bloß nicht.

Protokolle: Harriet Wolff Fotos: Martin Wagenhahn, Monika Schürle (3)

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