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Gerhard Amendt: "Schafft die Frauenhäuser ab"

Der bekannte Bremer Soziologe Gerhard Amendt sorgt mal wieder für Wirbel. Just zu dem Moment, da der Bundestag über die Finanzierung der Frauenhäuser diskutiert, fordert er deren Schließung.

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BRIGITTE.de: 20 000 Frauen suchen jedes Jahr Schutz in einem deutschen Frauenhaus, weil sie von ihrem Partner misshandelt werden. Sie plädieren nun für die Abschaffung der Frauenhäuser. Wo sollen die Frauen denn dann hin?

Gerhard Amendt: Ich glaube, wir brauchen Familienhäuser – Einrichtungen, die der Gewalt in Familien in allen Erscheinungsformen erfolgreich begegnen können.

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BRIGITTE.de: Sie meinen also ernsthaft, die Frau soll mit dem Partner, der sie prügelt oder vergewaltigt, zusammen Zuflucht suchen?

Gerhard Amendt: Wer auch immer geschlagen wird und wer auch immer schlägt, geht dort hin – auch die Kinder. Denn, wenn Mutter und Vater sich schlagen, schlagen sie auch ihre Kinder. Und wenn Kinder geschlagen werden, schlagen sie sich mit großer Wahrscheinlichkeit mit ihren Geschwistern oder in der Schule. Nur eine gezielte Auseinandersetzung mit Gewalt innerhalb der gesamten Familie kann diesen Kreislauf aufhalten.

BRIGITTE.de: Mehr Beratung und Unterstützung muss her - völlig einverstanden. Aber das ist nicht Aufgabe der Frauenhäuser – sie sollen Frauen und Kinder, die unter Gewalt leiden, erst mal nur Schutz bieten.

Gerhard Amendt: Warum sagen Sie Frauen und Kinder?

BRIGITTE.de: Weil sie in den allermeisten Fällen die Opfer von Gewalt sind.

Gerhard Amendt: Für diese Behauptung werden sie keine wissenschaftlichen Beweise finden. Und im Übrigen geht es doch nicht nur um das blaue Auge. Was viel länger schmerzt sind die Erniedrigungen, das Gefühl des Ausgeliefertseins und der Entwertung. Psychische Gewalt ist langfristig viel schädigender als körperliche Gewalt. Und körperliche Gewalt ist immer auch psychische Gewalt.

BRIGITTE.de: Fakt ist aber: Von einem Mann, der von seiner Frau brutal zusammengeschlagen wurde, hört man äußerst selten.

Gerhard Amendt: Das stimmt. Aber Beide machen beides. Nur, die Männer verschweigen die Gewalt ihrer Partnerin. Was Männer besonders zerstörerisch erleben, ist psychische Gewalt. Frauen kränken und reizen Männer mitunter bis aufs Blut! Manche Männer reagieren dann mit körperlicher Gewalt.

BRIGITTE.de: Sie behaupten also tatsächlich: Gewalt geht überwiegend von Frauen aus.

Gerhard Amendt: Ja, viele Studien, aber auch meine Forschung bestätigt das. Von 1800 Männern, die wir vom Institut für GESCHLECHTERFORSCHUNG befragt haben, sagten 30 Prozent, dass Gewalt während der Scheidung vorkam. Und dass davon wiederum 60 Prozent von der Partnerin ausgelöst wurde.

BRIGITTE.de: Und haben Sie auch die Gegenseite befragt, die dazu gehörenden Frauen?

Gerhard Amendt: Nein! Aber kennen Sie eine Studie über Männergewalt, in der auch die Männer befragt wurden? Nein, es gibt sie nämlich nicht! Nehmen wir die berüchtigte Studie vom Familienministerium, wonach jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens mindestens einmal Gewalt erfährt. Diese Zahl ist blanker Unsinn – aber der ist politisch gewollt! Studien, die Vergleiche möglich gemacht hätten, wurden nicht zugelassen.

BRIGITTE.de: Aber Misshandlungen an Frauen sind zigfach dokumentiert – in polizeilichen Akten, vor Gerichten... Wenn Männer derart unter gewalttätigen Frauen zu leiden hätten, müsste das doch auch irgendwo dokumentiert sein.

Gerhard Amendt: Vor den 70er Jahren gab es offiziell auch keine Gewalt gegen Frauen.

BRIGITTE.de: Genau. Das aufzudecken, war ein Verdienst der Frauenbewegung.

Gerhard Amendt: Das sehe ich auch so. Und jetzt haben wir dasselbe Problem bei Männern.

BRIGITTE.de: Dann müssen Sie jetzt eine Männerbewegung starten.

Gerhard Amendt: Die Debatten darüber gibt es ja bereits. Die Amerikaner haben untersucht, warum Frauen ihren Mann anzeigen, die Männer ihre Frau aber nicht. Männer sagen nichts, nehmen es hin, aus welchen Gründen auch immer. So lange sie aber für Gewalt, die ihnen selbst angetan wird, nicht sensibilisiert sind, solange werden sie auch nur schwer Gefühl für die Gewalt entwickeln, die sie selbst ausüben.

BRIGITTE.de: Auf die Forderung, dass es mehr Unterstützung für die Aufarbeitung von Gewaltproblemen geben muss, hatten wir uns ja schon geeinigt. Aber Sie gehen ja sogar noch weiter, sagen, Frauenhäuser schüren Männerhass...

Gerhard Amendt: Genau, denn die Verteuflung der Männer, oft aus Hass und Enttäuschung geboren, ist der Geburtsmakel des Frauenhausmodells. Ich habe das auch schon Mal Verdammungsfeminismus genannt.

BRIGITTE.de: Mit wie vielen Frauen, die in Frauenhäusern oft sehr belastende Arbeit leisten, haben Sie denn gesprochen?

Gerhard Amendt: Wissenschaftler haben viele Informationsquellen. Und genau die Informationsquellen haben mich auch in den 80er Jahren dazu veranlasst gegen heftigen Widerstand für die Eröffnung des Bremer Frauenhauses zu plädieren. Das große Problem bei den Mitarbeiterinnen in Frauenhäusern ist, dass sie die Frauen, die zu ihnen kommen, als hilflose Opfer betrachten.

BRIGITTE.de: Sie behaupten, die Sozialpädagoginnen, die meist in den Frauenhäuser angestellt sind, verbreiten eine "unheilvolle Ideologie". Warum sollten sie?

Gerhard Amendt: Das gibt ihnen ein Gefühl moralischer Überlegenheit, narzisstische Hochgefühle.

BRIGITTE.de: Das hieße ja, die Frauen benutzen ihre Arbeit für eine Art Selbstbefriedigung?

Gerhard Amendt: Genau das ist das Problem. Es ist typisch für das Helfersyndrom, dass Menschen Hilfe, die sie selbst in Anspruch nehmen müssten, anderen ziemlich ungefragt überstülpen. Hier zu den Bedingungen, dass der Feind von Frauen der Mann sei. Dabei kümmert es sie herzlich wenig, ob die anderen Frauen das ebenso sehen, geschweige denn, ob das ihnen hilft.

BRIGITTE.de: Die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser wollen also gar nicht wirklich helfen?

Gerhard Amendt: Doch, aber sie haben ein Bild von den Opfern, das sie selbst nicht aufgeben wollen - eine hartnäckige politisierte Variante des Helfersyndroms. Nehmen Sie doch nur die große Zahl der Frauen, die immer wieder zurück ins Frauenhaus kommen. Dass heißt doch, das etwas ganz Entscheidendes nicht stattgefunden hat. Deshalb fordere ich Familienzentren mit kompetenten Mitarbeitern. Dort sollen Männer, Frauen und Kinder, die vor familiärer Gewalt fliehen, sofort die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Es gibt ja schon sehr gute kommunale Beratungsstellen. Aber haben Sie mal versucht, dort einen Termin zu bekommen? Diesen Mangel muss man politisch bekämpfen. Das andere ist, welche Konzeption Familien mit Gewaltkonflikten am besten hilft. Familienberatungsstellen sind mit kompetenten Mitarbeitern besetzt, die Zusatzausbildungen haben. Das ist notwendig, aber die Mitarbeiterinnen in Frauenhäusern, sind überwiegend nicht dazu qualifiziert. Gerade in den autonomen Frauenhäusern qualifiziert ein politisches Feindbild über Männer mehr als eine gute Ausbildung. So etwas steht guter Arbeit im Wege. Man kann doch nicht einfach nur so daher reden mit Menschen, die mitten in einem großen Konflikt stecken. Deshalb sollten Familienberatungsstellen diese Aufgabe Schritt für Schritt übernehmen.

BRIGITTE.de: Und was machen Sie mit denen, die nicht zu Gesprächen bereit sind? Man kann ja niemanden zwingen, an solchen Treffen teilzunehmen.

Gerhard Amendt: So ist es. Über Beschämendes zu reden fällt Frauen wie Männern und Kindern schwer. Aber die Kunst professioneller Organisationen besteht ja gerade darin, Klienten zum gemeinsamen Gespräch darüber zu befähigen. Denn Schuldgefühle haben alle Schlagenden und dafür suchen sie Entlastung. Das ist bekannt! Und wer sich dem entzieht, der wird vom Gesetz zur Rechenschaft gezogen. Aber man muss allen Familienmitgliedern mit Gewaltproblemen einen ganzheitlichen Weg anbieten. In der schweren Krise muss ihnen ein erfolgsversprechendes Angebote gemacht werden. Denn wer immer schlägt: Frau oder Mann, Mutter oder Vater, es macht alle unglücklich.

BRIGITTE.de: Die Frauenhaus-Koordinierungsstelle hat Ihnen ja nun ein Gespräch mit erfahrenen Mitarbeiterinnen angeboten. Nehmen Sie das an?

Gerhard Amendt: Sicher! Ich bin bereit mit jedem zu reden, der seine Arbeit auf Familienhäuser umstellen möchte. Ich sehe das als große Zukunftsaufgabe für Arbeiterwohlfahrt, Diakonie, Caritas und Kommunen. Solche Gespräche habe ich bereits in den 80er Jahren geführt, als es darum ging, das Konzept des ambulanten Schwangerschaftsabbruchs der Pro Familie Bremen, deren Leiter ich damals war, zu verallgemeinern. Es geht um erfolgreiche Hilfen für Familien mit Gewaltproblemen. Und nur um das!

BRIGITTE.de: Ich denke, Sie sollten das Gespräch auf jeden Fall führen. Aber ich bin nicht sicher, ob das Angebot weiter gilt, wenn Sie sagen, Sie reden mit jedem, der seine Arbeit auf Familienhäuser umstellen will. Gerade das wollen die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser mit Sicherheit nicht. Aus gutem Grund.

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