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Gender-Verbot in Bayern Die Angst der Männer wächst

Genderverbot in Bayern
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagt Nein zum Gendern
© Rolf Poss / imago images
Bayerns Kabinett hat die Gendersprache verboten: Ab 1. April darf sie in der Verwaltung und an Schulen nicht mehr verwendet werden. Das Verbot zeigt einmal mehr: Das Patriarchat bröckelt.

Sie haben es wahr gemacht: Was Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor gut drei Monaten angekündigt hatte, hat sein Kabinett nun beschlossen: In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden darf ab 1. April schriftlich nicht mehr gegendert werden. 

Gendersternchen ("Bürger*innen"), Binnenmajuskel (LehrerInnen"), Doppelpunkt ("Politiker:innen") und Gendergap ("Ärzt_innen") werden damit unzulässig. Das gilt unter anderem für offizielle Schreiben, Websites von Behörden und Schulen, Elternbriefe und Schulbücher. Wer sich nicht daran hält, muss mit Konsequenzen rechnen. Zwar sind Formulierungen wie "Lehrer und Lehrerinnen" nach wie vor erlaubt, allerdings schließen diese non-binäre Menschen aus.

Sprache ist immer ideologisch

Mit dem Verbot der Genderzeichen will die Bayerische Staatsregierung den Gebrauch "ideologiegetriebener" Sprache im dienstlichen Schriftverkehr unterbinden. Doch ist unsere Sprache nicht ohnehin ideologisch getrieben? Wenn sie Frauen und non-binäre Menschen unsichtbar macht und so tut, als gäbe es nur Männer? Ärzte und Piloten, Schriftsteller und Sozialarbeiter? Frauen wird nur dann sprachliche Sichtbarkeit gewährt, solange sie "Mutter", "Krankenschwester" oder "Putzfrau" sind. Mehr Ideologie geht kaum.

Beim Genderverbot geht es laut Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) aber auch darum, "die Diskursräume in einer liberalen offenen Gesellschaft tatsächlich offenzuhalten und nicht weiter zu verdrängen". Doch Diskursräume offenzuhalten, indem man sie beschneidet, ist schlicht paradox. 

"Die Grünen sind eine Verbotspartei" – und die CSU?

Ausgerechnet Ministerpräsident Markus Söder, der nicht müde wird, die Grünen als "Verbotspartei" zu diskreditieren, die uns alles Schöne im Leben wegnehmen will (Fleisch, Autos, Ponyreiten), lässt eine gendergerechtere Sprache verbieten. Wie so oft ließ er uns im vergangenen Sommer wissen, warum er die Partei nicht mag: "Die Grünen sind eine Verbotspartei", schrieb er auf Instagram. Außerdem fehle ihnen das "Bayern-Gen", was immer das auch sein soll.

Mit diesem Narrativ spielt der Ministerpräsident der AfD in die Hände, die sich schon lange auf die Grünen eingeschossen hat und ein Genderverbot fordert. Nun hat die Sprachpolizei der CSU dafür gesorgt, dass Menschen nicht mehr schreiben dürfen, wie sie wollen. 

Das bayerische Trauerspiel hat auch eine gute Botschaft

Was würde Bayern verlieren, wenn man Beamt:innen und Schüler:innen weiterhin erlaubte, zu gendern? Genauso wie Menschen selbst entscheiden dürfen, ob sie Fleisch essen oder Boliden fahren, auch wenn die Summe ihrer Entscheidungen negative Folgen für die gesamte Menschheit hat? Solange man niemandem schadet, sollte man in einer "liberalen, offenen Gesellschaft" doch eigentlich tun und lassen können, was man will. 

Ich selbst halte wenig davon, das Gendern gesetzlich zu erzwingen. Das Thema ist es nicht wert, den gesellschaftlichen Unfrieden zu befeuern, der Menschen in die Arme demokratiefeindlicher Parteien treibt. Und wir haben dringendere Probleme wie Klimawandel, Kriegsgefahr und Rechtsradikalismus zu bewältigen. Das Gendern aber unter Androhung von "Konsequenzen" zu verbieten, zeugt von Schwäche. Und das ist die gute Botschaft dieses bayerischen Trauerspiels: Es zeigt, dass die Herrschaft der Männer bröckelt. Wer Verbote braucht, um seine Macht zu zementieren, um den ist es nicht gut bestellt. 

Brigitte

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