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Geisterglaube und Séancen: Ein Besuch bei Spiritualisten

Geisterglaube und Séancen: Ein Besuch bei Spiritualisten
© Shutterstock/Tom Tom
In England blüht der Geisterglaube, für viele Briten ist er sogar Religion. In ihren Gottesdiensten sprechen sie mit Verstorbenen. Alles Humbug? Meike Dinklage war zu Besuch bei den Spiritualisten.

Ein Medium stellt den Kontakt zum Jenseits her

Es gibt Leute, die denken, dass einer wie David Smith in einem Sarg schläft. Nicht, weil er aussieht wie ein Geist, auch wenn Smith, 57, mit seinem schütteren Haar und der schlaksigen Figur nicht eben wie das blühende Leben wirkt. Sondern weil er selbst Geister sieht. Was in England, zumindest in Teilen der Bevölkerung, nicht allzu ungewöhnlich ist; bei jenen Briten, die in ihrer Kirche nicht zu Gott beten, sondern einem Medium zuhören, das mit Toten spricht.

David Smith lebt in Congleton, eine Kleinstadt 50 Kilometer südlich von Manchester. Er ist Fahrlehrer, verheiratet und Vater zweier Kinder; ein ganz normaler, aufgeschlossener Mann, der, wie rund 100.000 Engländer, den Kontakt mit dem Jenseits zum zentralen Element seines Glaubens gemacht hat.

Rund 300 spiritualistische Kirchen gibt es im Land, und in Congleton in der Grafschaft Cheshire steht eine von ihnen: ein unscheinbarer Backsteinbau aus den 20er-Jahren mit gepflastertem Vorplatz und grünen Fensterläden, mehr Kapelle als Kirche. "Spiritualist Church" steht auf dem Schild an der Park Road Nr. 15, die Gottesdienstzeiten sind darauf vermerkt und der Hinweis, dass "mediale Einzelsitzungen auf Anfrage" möglich sind.

"Geister haben Humor", sagt Smith

Smith lenkt seinen Fahrschulwagen durch den Congletoner Feierabendverkehr, er ist unterwegs zur Kirche, wo an diesem Abend wie an jedem Donnerstag in einer "Demonstration" - so nennen die Spiritualisten ihren Gottesdienst - Botschaften aus dem Jenseits übermitteln werden.

Er selbst hat erst spät zu den Geistern gefunden, oder vielmehr fanden sie ihn. Er war 50, als Carol, eine ältere Dame, ein paar Fahrstunden zur Auffrischung bei ihm nahm. Sie fuhren über eine Landstraße, vorbei am Örtchen Gawsworth, als sie über einem See Dunst entdeckten, dabei war es ein trockener, warmer Tag. "Verwunschen, oder?", sagte Smith und erzählte seiner Kundin vom Geist der Lady Mary Fitton, einer Hofdame von Elizabeth I., die sich dort angeblich zuweilen zeige. Carol fragte, ob er an so etwas glaube – an Geister, Erscheinungen. Wenn ja, dann verstehe sie das gut, sie sei nämlich ein Medium.

David Smith nennt das seinen Wow-Moment, die Tür in eine völlig neue Welt. "Sie wusste viel über die Toten, die mich umgeben. Und über meinen Sohn, der als Kind Krebs gehabt hatte und wie durch ein Wunder überlebt hat. Dabei hatte ich ihr nichts davon erzählt", sagt er. Von da an sah er immer öfter Zeichen, sie tauchten plötzlich im Alltag auf; kleine Spielereien wie eine Schere, die stumpf war und plötzlich wieder schnitt, oder Kopfhörer, die verschwanden und sich in der Garage wiederfanden. Smith sagt, Geister hätten Humor.

Es gibt keinen Altar, keine Kreuze, kein Taufbecken in der Kirche von Congleton, nur dunkles Holz, einen roten Läufer zwischen den Bankreihen, eine Tapete mit vergilbter Schmuckbordüre. Es wirkt, als habe ein jenseitiger Wind alles fortgeweht, was den Kontakt zwischen den Welten stören könnte.

Etwa 30 Leute sind zum Gottesdienst gekommen, Gläubige und Neugierige, alle aus der Gegend, viele Frauen sind darunter. Sie nehmen auf den kalten Kirchenbänken Platz, Mützen auf dem Kopf, die Mäntel tief über die Knie gezogen – die Gemeinde hat nur neun aktive Mitglieder und wenig Geld und heizt entsprechend sparsam.

Die meisten hoffen, etwas von ihren Verstorbenen zu erfahren

Manche der Besucher haben ähnliche Erfahrungen wie David Smith. Die meisten hoffen, etwas von ihren Verstorbenen zu erfahren. Oder, wenn sich für sie niemand melden sollte, zumindest einen interessanten Abend zu verleben. Drei Pfund kostet der Eintritt. Die Kirchgänger unterhalten sich lautstark, als wäre es ein ganz normaler Gemeindeabend, nur eben mit Toten.

Der Spiritualismus entwickelte sich Mitte des 19. Jahrhunderts, die grundlegenden Schriften verfasste Andrew Jackson Davis, ein Schusterjunge an der US-Ostküste, der in Trance ganze Bücher zur Kommunikation von Geistern und Menschen diktierte.

Séancen, Klopf-Kontakte und Tischerücken kamen danach in Mode. In Deutschland fasste der Glaube nie Fuß, dazu war die katholische Kirche zu einflussreich. Unerklärliche Manifestationen gelten für sie als teuflisch. Schon im 15. Jahrhundert erklärte der Papst alle, die mit Geistern kommunizierten oder es zumindest vorgaben, zu Hexen oder Teufelsanbetern.

In England dagegen wehrten die Kirchen den Geistglauben weniger rigoros ab. Erzählt man seiner Banknachbarin in der Kirche in Congleton, dass es zu Hause keine vergleichbaren Veranstaltungen gibt, erntet man ungläubiges Staunen. "Wenn ihr keine solchen Kirchen habt", sagt sie, "haltet ihr die Demonstrationen dann in Hallen ab?"

Fast jedes Krankenhaus beschäftigt Geistheiler

Medien aber gibt es auch in Deutschland. Karin Huber, 53, helle Locken, kobaltblauer Mantel, die in einem Hinterzimmer der Kirche auf ihren Auftritt wartet, ist eines. "Eine Ehre" sei es, sagt sie, in ein Land eingeladen zu sein, das einen so viel selbstverständlicheren Umgang mit Spiritualität hat; nicht nur traditionell in seinen Gothic Novels oder mit seinen Spukschlössern, sondern auch ganz pragmatisch im Alltag - fast jedes englische Krankenhaus beschäftigt Geistheiler, die die Patienten ermutigen, an ihre Selbstheilungskräfte zu glauben.

Karin Huber war mehrfach in englischen Spiritualisten-Gemeinden, "um Praxis zu bekommen, das geht ja bei uns nicht", und weil sie an ihrer Zulassung als Medium durch die Spiritualists' National Union, die Dachorganisation der spiritualistischen Kirchen in England, arbeitet.

Dafür muss sie 50 Demonstrationen und Predigten nachweisen. 2010 hat sie eine Ausbildung am Londoner Arthur-Findlay-Institut für Medialität und paranormale Wissenschaften begonnen, zu Hause in Frankfurt führt sie eine eigene Praxis für Jenseitskontakte und Trauerbewältigung. Weil sie eher der bodenständige, rationale Typ ist und ihre Arbeit am liebsten ganz von Räucherstäbchen und Mystik entrümpeln würde, betreibt sie zum Ausgleich eine Seifenmanufaktur, die sie vor ein paar Jahren als Start-up gegründet hat. "Was Handfestes", sagt sie und lacht.

Spiritualismus gilt in England als eine Mischung aus Religion, Philosophie und Wissenschaft

Derzeit, sagt sie, finde ein Zeitenwechsel im englischen Spiritualismus statt. Die jüngeren Medien seien allesamt gut ausgebildet, viele wie sie Absolventen des Findlay-Instituts. "Für mich war die intensive Auseinandersetzung mit meinen Fähigkeiten ein Befreiungsschlag, ich habe gelernt, die Wahrnehmungen, die ich jahrelang hatte, zu kanalisieren - komisch", sagt sie, "viele Leute wünschen sich, medial veranlagt zu sein, aber ich wollte es einfach nur abstellen." Schon als Kind habe sie seltsame Dinge gesehen, sie aber aus Angst verdrängt.

Dann, mit Ende 30, seien die Visionen zurückgekommen. Sie erinnert sich an eine Autobahnfahrt, auf der vor ihr plötzlich eine Frau in einem lila Kleid und mit Schlapphut auftauchte und sie zur Vollbremsung zwang, fast hätte sie einen Unfall gebaut. "Das war meine Erweckung, ab da wusste ich, dass ich anfangen musste, etwas zu unternehmen."

Spiritualismus gilt in England als eine Mischung aus Religion, Philosophie und Wissenschaft, neben der "Demonstration" gehören Predigten zum wöchentlichen Programm der Kirchen - Vorträge und Diskussionen über die philosophischen und ethischen Aspekte des Geistglaubens.

Das Jenseits ist ein "Ort bedingungsloser Liebe"

Grundlage der Lehre sind die "sieben Prinzipien", die das britische Medium Emma Hardinge Britten 1871 empfing. Dazu zählt - neben dem Bekenntnis zu universellen Werten wie Nächstenliebe, Gewaltfreiheit und Respekt für die Schöpfung - der Glaube, dass die Ewigkeit nicht mit dem Tod beginnt, sondern wir dauerhaft in ihr leben, weshalb der Tod die Seele unberührt lässt. Er läutert sie nur, reinigt sie. "Das Jenseits ist ein Ort bedingungsloser Liebe", sagt Karin Huber. "Die Seelen gehen in dieser Liebe auf, und in diesem Zustand wenden sie sich an uns. Das Motiv dafür ist immer Liebe. Deshalb ist jeder Jenseitskontakt positiv - eine Seele, die noch voller Wut ist, dringt nicht durch."

David Smith, der in der Gemeinde für das Organisatorische zuständig ist, schiebt eine CD in seinen Laptop, Pop und Balladen aus den 80ern, die eine Stimmung wie auf einem Gemeindefest erzeugen. Die Besucher reden lautstark gegen die Musik an, niemand ist allein gekommen, man kennt sich untereinander. Es gibt auch eine Orgel, aber weil niemand sie spielen kann, steht sie abgedeckt an der Wand.

Im Gemeindesaal gleich hinter dem Kirchenraum sitzt Terry Gibson, 71, an einem langen Tisch und betrachtet die darauf ausgebreiteten Baupläne der Kirche. Er trägt einen abgewetzten karierten Mantel und kann ohne Handstock nicht gehen. Sein Atem geht rasselnd, er leidet an einem Lungenemphysem und bekommt kaum Luft, und würde er sich nicht hin und wieder über die alten Zeichnungen beugen, könnte man zweifeln, in welcher der beiden Welten er sich bewegt.

Terry sieht die Toten überall

Terry und seine Frau Joan Gibson, 71, sind seit 40 Jahren Mitglieder der Gemeinde, Joan ist selbst Medium, doch wenn Terry sich umsieht in seiner Kirche, dann sieht auch er die Toten, in den Kirchenbänken, auf den Gängen, überall. Das überwältigt ihn, immer noch, er hat Tränen in den Augen, wenn er davon spricht. Die Botschaften, die er bekommt, leitet er an Joan weiter, "ich bin ihr Telefon", sagt er.

Karin Huber bekommt kein Geld für ihren Auftritt an diesem Abend, auch Flug und Unterkunft zahlt sie selbst, aber die Helfer der Gemeinde umsorgen sie aufmerksam, bringen Gebäck und Käse-Gurken-Weißbrotsandwiches ohne Rinde.

Eine von ihnen ist Petra, 49, die dem grauen Wetter mit Make-up, Hippie-Fransenjacke und buntem Band im Haar trotzt. Sie kam vor einem guten Jahr aus Neugier zu einem Gottesdienst, kurz zuvor war ihr Bruder gestorben. "Ich wusste sofort, hier gehöre ich hin", sagt sie, "es ist heilsam zu spüren, dass mein Bruder noch irgendwo ist." Sie geht heimlich in die Kirche, ihre Familie hält Geistglauben für Hokuspokus, "und ich habe keine Lust, über Glaubenssachen zu streiten."

Die Verstorbenen sind liebevolle Lebensbegleiter

Viele in der Gemeinde sagen, dass die Erfahrung von Krankheit und Verlust sie hergeführt habe. In einer Welt, die Trauer und Tod verdrängt, ist diese Kirche ein Ort, an dem man sich intensiv damit beschäftigen kann. Tote sind hier keine heimsuchenden Geister, die Schuldgefühle wecken, sondern liebvolle Lebensbegleiter.

Auch bei Linda, 50, war das so, sie ist seit 27 Jahren in der Gemeinde aktiv, ihr Freund war damals überraschend gestorben. Seither, sagt sie, habe sie mehrfach Kontakt zu ihm gehabt. Sie lacht bei der Frage, ob es denn nach 27 Jahren noch Neuigkeiten gebe. "Es gibt immer neue Entwicklungen", sagt sie. Und es sei auch schön zuzusehen, wie andere Menschen bei einer Demonstration Trost finden.

Dann holt sie Fotos aus der Tasche ihres Mantels, eines zeigt ein Gemeindemitglied im Gespräch mit einem Medium, eines die Fenster der Kirche, aufgenommen während Renovierungsarbeiten. Lichtreflexe, die aussehen wie Seifenblasen, sind darauf zu sehen, Linda ist sich sicher, dass es sogenannte Orbs sind, optische Manifestationen spiritueller Energie - Geister. Viele der Anwesenden zeigen Karin Huber im Verlauf des Abends ähnliche Aufnahmen, wie Beweise für das Unbeweisbare, als wäre das Medium eine Autorität, die ihre Echtheit bestätigen könnte.

David Smith regelt die Musik herunter, dann tritt Karin Huber an das Pult, auf dem Tisch davor steht eine Packung Kleenex, falls einem Zuhörer die Tränen kommen. Sie dankt Gott in einem kurzen Gebet, dass er das Dies- und Jenseits zusammenbringt. Dann ertönt der Bette-Midler-Song "Wind Beneath My Wings", den Karin Huber für diesen Abend ausgesucht hat, die Gemeinde hört andächtig zu, während Huber in einer kurzen Meditation versinkt, um sich für den ersten Kontakt bereit zu machen.

Später sagt sie, es seien Energien, die sie spürt, oft seien sie sehr emotional, so stark, dass sie aufpassen müsse, dass sie sie nicht mitreißen. Sie geht dabei nicht in Trance, eher ist sie in einem hochelektrisierten Zustand. Während sie die Botschaften wahrnimmt, gestikuliert sie mit den Armen, dreht sich manchmal, als sei der Sender in manchen Positionen besser zu empfangen. Sie redet schnell, hektischer als im Alltag. "Für den Geist ist es ein hoher Aufwand, er muss eine Energie absenken, um mich auf meiner Frequenz zu treffen."

Sie sagt, dass sie spüren kann, wo im Raum sich der Adressat einer Botschaft befindet, aber nicht, wer genau gemeint ist. Deshalb bittet sie im Jenseits um möglichst konkrete Aussagen. Das wirkt bizarr, denn es sind oft Banalitäten - eine besondere Kette, die Art, eine Teetasse zu halten, ein Spruch -, mit denen nur einer der Zuhörer etwas anfangen kann. Reicht das nicht, präzisiert Karin Huber weiter - aus Mitgefühl für den Geist, wie sie sagt, "denn wenn er es auf sich nimmt, zu mir durchzukommen, dann möchte ich ihn nicht enttäuschen". Oft spricht sie den Geist während der Demonstration direkt an, macht ihm Mut: "Ich bin absolut bei dir, danke, dass du mit mir arbeitest."

Der Kontakt darf maximal 7 Minuten dauern

Sieben Minuten, so ist es festgelegt, soll ein Jenseitskontakt maximal dauern. Karin Huber schafft sechs an diesem Abend. Als Erste meldet sich eine verstorbene alte Dame, "eine Mutter", sagt Huber. "Sie sagt, sie war arm, sie hatte mehr als ein Kind, ihre Kinder haben viele Umwege im Leben genommen. Aber kurz vor ihrem Tod haben sie die Rollen gewechselt, es hat ihr gutgetan, mit ihrer Tochter noch Ausflüge zu machen." Eine Frau mittleren Alters meldet sich, "ist sie Ihre Mutter?", fragt Huber nach, die Frau nickt. "Sie hat ein ansteckendes Lachen und eine laute Stimme, stimmt das für Sie?" Wieder nickt die Frau. "Die Mutter sagt, sie hatte große Angst zu gehen, aber durch Ihre Fürsorge konnte sie friedlich sterben. Sie ist immer bei Ihnen. Jetzt zeigt sie mir einen Teller, ein Porzellanservice, Sie sollen es benutzen, weil sie stolz darauf war." – "Okay, ich benutze es", sagt die Frau lächelnd und mit Tränen in den Augen.

Karin Huber kennt diesen Trost-Moment aus ihrer Praxis in Frankfurt. Viele der Menschen kommen zu Einzelsitzungen zu ihr, weil sie einen Verlust erlitten haben. Sie sagt ihnen dann, dass sie keine Therapeutin ist, und stellt nur einen Jenseitskontakt her, wenn der Todesfall länger als ein halbes Jahr zurückliegt und der Angehörige aus der akuten Trauerphase heraus ist. Stellt sie fest, dass sich jemand in seiner Trauer verliert, gibt sie ihm die Adresse einer professionellen Beratung.

Ein junger Mann, eine beste Freundin, ein Vater melden sich im Verlauf des Abends in Congleton, nicht immer fühlt sich gleich jemand im Raum angesprochen, einmal setzt Karin Huber sechsmal mit neuen Informationen nach, bis eine Frau die Hinweise deuten kann. Niemand hinterfragt, ob nicht manche Nachrichten so allgemein sind, dass sie auf viele passen könnten. Und ob nicht manches Wiedererkennen vor allem vom Wunsch getragen ist, sich im eigenen Geistglauben bestätigt zu fühlen.

Worin liegt die Kraft dieses Glaubens?

Nur darin, dass es heilend ist zu ahnen, dass es ein ewiges Seelenleben gibt? Aber was genau bedeutet diese Botschaft für die Lebenden?

David Smith sagt, der Spiritualismus habe ihn Selbstliebe gelehrt. "In vielen Glaubensrichtungen müssen sich die Menschen erst beweisen. Aber wir starten bereits von einem Punkt, an dem wir uns wertvoll fühlen können."

Karin Huber sagt, für sie sei der Spiritualismus weniger Religion als Lebensanschauung und eine Haltung zu den grundlegenden Dingen des Lebens. Diskutiert man mit den Menschen in Congleton intensiver über den Kern ihres Glaubens, winken sie irgendwann ab und sagen: "That's philosophy" - Auslegungssache; und was wie eine Ausrede klingt, ist eigentlich eine hochmoderne Art, Glauben zu praktizieren: Man bastelt sich seine Bedeutung selbst zusammen, man glaubt individuell, so, wie es für das eigene Leben passt.

Aber vielleicht ist es auch ganz einfach, man muss an diesem Abend nur den Botschaften, die Karin Huber vermittelt, genau zuhören. Da ist dieser Mann, den sie als "einen Vater" vorstellt; er huste, habe lange Zeit Rückenprobleme gehabt und gehe gebeugt. Er habe in seinem Leben viel mit Holz gearbeitet, und er sei gut organisiert gewesen, habe viele Aktenordner besessen. Eine Frau meldet sich und nickt. "Er spricht von Fußball, war das wichtig bei Ihnen?" – "Ja". –"Er wird jetzt sehr emotional, sagt, dass er stolz ist auf Sie. Und er spricht Ihren Haarschnitt an, ob er neu ist? Er sagt, er sieht gut aus." Die Frau zieht die Mütze vom Kopf und lächelt. Dann sagt Karin Huber: "Jetzt sagt er, er applaudiert Ihnen für Ihr Leben."

Vielleicht ist das die Antwort. Und es geht auch hier, wie in jedem Glauben, einfach um die Hoffnung, geliebt zu werden.

Autorin Meike Dinklage hat inzwischen eine besondere Beziehung zum Geist der Lady Mary Fitton. Als sie die Passage über sie schrieb, stürzte ihr Rechner ab, auf eine Art, wie er noch nie abgestürzt ist – er wurde schlagartig schwarz und schickte ein helles Licht hinterher. Sie verstand das als Zeichen, dringend die IT anzurufen.

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Ein Artikel aus der BRIGITTE 09/17 <br />Text: Meike Dinklage

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