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Frauen und Macht

Wie gehen Frauen mit Macht um? Zehn mächtige Frauen aus Wirtschaft, Politik, Kirche und Medien berichten aus ihrer Erfahrung mit der Macht und geben Tipps für aufstrebende Frauen.

Maybrit Illner

Maybrit Illner ist Journalistin und moderiert seit 1999 die politische Talkshow "Berlin Mitte" im ZDF. Die 40-Jährige hat gerade ein Buch zum Thema "Frauen an der Macht" veröffentlicht, in dem einflussreiche Frauen von ihren Erfahrungen mit der Macht berichten.

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"Macht heißt Verantwortung tragen, egal, ob’s schief geht oder nicht. Im Erfolgsfall wird man mit einem Glücksgefühl honoriert, wenn man vernünftige Ideen durchgesetzt, eine gute Sache vorantreibt, Menschen hilft. Verantwortung hat man auch für den Misserfolg, mit dem man schon mal allein bleiben kann. Macht ist kein Wert an sich und per se auch kein Vergnügen. Es kommt – wie bei Beton – darauf an, was man daraus macht: eine Mauer oder eine Sprungschanze.

Ich sitze ja als Journalistin nicht an den Schalthebeln der Macht. Ich beobachte die Mächtigen bei ihrer Arbeit und habe das Privileg und den Auftrag, sie zu kritisieren. Das ist mein Beruf, und da will ich anständige Arbeit abliefern. In Hollywood gibt es den schönen Satz: 'Der Film ist der Boss!' Das gilt auch für 'Berlin Mitte'. Die Sendung ist der Boss! Das wissen aber bei uns auch alle. Deshalb werde ich nicht schreiend durchs Studio stampfen - wie Napoleon durch den Schlamm von Waterloo. Ich bettele ja nicht darum, mich lächerlich zu machen. Und: Ich nehme berufliche Kritik grundsätzlich nicht persönlich. Ist das typisch Frau? Keine Ahnung.

An alle Frauen, die eine Führungsposition erreichen wollen: Gehen Sie los und suchen Sie sich die richtigen Partner! Und damit meine ich nicht nur den Mann an ihrer Seite, sondern auch die passenden Leute in den Hierarchien. Ohne Verbündete hat man schlechte Karten. Und: Frauen sollten sich nicht kirre machen lassen. Es gibt genug Skrupel und Sorgen, mit denen wir uns gern selbst blockieren. Etwa: Beruflicher Erfolg geht immer zu Lasten der Familie. Oder: Männer bieten Frauen eh nur Positionen an, in denen man nur verlieren kann. Oder: Auf dem Weg in die Chefetage muss man über Leichen gehen; da bleibe ich lieber Heizer. Das sind alles Steine, die sich Frauen gern in den Weg legen. Um dann darüber zu stolpern und sagen zu können: Siehste, wir sind eben doch benachteiligt!"

Margot Käßmann

Margot Käßmann ist Landesbischöfin von Hannover, der größten Landeskirche Deutschlands. Die 47-jährige promovierte Theologin ist Mutter von vier Kindern.

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"Frauen sind im Umgang mit Macht sensibler. Männer haben Macht und agieren dann mächtig, von oben. Frauen 'fremdeln' mit der Macht, wie Andrea Fischer das einmal ausgedrückt hat. Sie entschuldigen sich oft geradezu dafür und sind dann unklar in den Botschaften und reagieren bei Kritik allzu leicht persönlich verletzt. Positiv dabei ist: Frauen hören auf Rat, lassen sich auf Prozesse ein, leiten nicht pyramiden-, sondern netzförmig.

Macht kann einsam machen, Kritik wird dann hinter dem Rücken geübt und nicht offen ins Gesicht gesagt. Positiv ist, wenn ich Macht nutzen kann, um etwas in meinem Sinne zu beeinflussen, zu gestalten. Mir ist wichtig, dass Menschen, die Macht haben, sie rechenschaftspflichtig ausüben, um die Verantwortung wissen.

Frauen auf dem Weg in einflussreiche Positionen sollten sich einen kleinen vertrauten Kreis suchen, in dem Konflikte, Ängste, Ziele ganz offen besprochen werden können. So eine Feed-back-Runde hilft, eigene Positionen zu klären und dann auch klar und transparent zu agieren. Und sie hilft, den eigenen Humor zu bewahren, die Leichtigkeit des Seins nicht zu verlieren."

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist FDP-Bundestagsabgeordnete und war von 1992 bis 1996 Bundesjustizministerin. Die 54-Jährige ist studierte Juristin.

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"Macht bedeutet Verantwortung. Macht bedeutet für Frauen die Chance, gute Frauen zu fördern. Das ist positiv. Wer sich in eine Machtposition begibt, muss sich auch behaupten können. Das bedeutet, sich der öffentlichen Beurteilung zu stellen, Angriffe auszuhalten und mit Kritik umgehen zu können. Das ist nicht immer leicht.

Das Sprichwort 'Alles, was Frauen tun, müssen sie doppelt so gut machen wie die Männer' hat seinen wahren Hintergrund. Die Widerstände gegen eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Machtpositionen liegen sowohl in institutionellen Regelungen, die überdacht und überarbeitet werden müssen, bei festgefahrenen Strukturen und auch bei subjektiven Vorbehalten gegenüber Frauen.

Aber bei allen Widerständen: Erfolg macht Spaß! Es ist inzwischen selbstverständlich, dass die hohen Ämter dieser Republik nicht mehr den Herren der Schöpfung vorbehalten sind. Frauen in Machtpositionen sollten deshalb andere Frauen zur Macht ermuntern.

Politische Macht auszuüben bedeutet für mich persönlich, verantwortungsbewusst für Menschen bessere Rahmenbedingungen zur eigenen Lebensgestaltung mit schaffen zu können. Macht hilft, sich für möglichst viel Freiraum für möglichst viele Menschen einsetzen zu können.

Frauen streben in ihrer Mehrheit nicht nach oben, weil sie Lust auf Macht haben. Sie haben ein sehr differenziertes Verhältnis zur Macht. Sie wollen etwas 'Sinnvolles tun', 'interessante Arbeit' leisten, sich auszeichnen in ihrem Beruf und nicht unbedingt nach Führung streben. Frauen sind sich ihrer Position sehr bewusst und verbinden so genannte 'männliche' Eigenschaften wie Durchsetzungskraft, Konfliktfähigkeit und strategische Fähigkeiten mit so genannten 'soft skills' wie Einfühlungsvermögen oder Teamgeist. Das ist eine hervorragende und wichtige Kombination!

Ich empfehle Frauen, sich ein Unterstützer-Netzwerk zu schaffen. Ein informelles Machtgeflecht mit Kontakten in verschiedene gesellschaftliche Bereiche ist sehr hilfreich. Frauen sollten ihre Karriere und ihr Familienleben planen. Das bedeutet auch: Arbeitsteilung in der Familie auf Augenhöhe. Gute Teamplayer sind gefragt. Es zählen Kompetenz und Persönlichkeit.

Der Weg zu mehr Eigenverantwortung und Professionalität führt immer über die richtige Ausbildung und Förderung. Neben Führungsqualitäten müssen also auch Durchsetzungsvermögen, Konfliktbewältigung und Strategien zur Netzwerkbildung trainiert werden. Frauen scheuen sich, offen um Macht zu kämpfen, stehen Seilschaften und Vitamin-B-Verbindungen eher skeptischer gegenüber. Aber genau diese sind wichtige Bausteine auf dem Weg zu Macht und Einfluss."

Maria Kathmann

Maria Kathmann ist stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrats. Außerdem ist die 55-Jährige im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaft Bundes (DGB) tätig.

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"Ich glaube nicht, dass Frauen deshalb mit Macht anders umgehen als Männer - 'nur' weil sie Frauen sind. Der Umgang mit Macht und die Gestaltung der 'machtvollen' Position hängt meines Erachtens in erster Linie von der Persönlichkeitsstruktur der jeweiligen Person ab. Fachliche Qualifikation, soziale Kompetenz, kooperative Führungsstil, Macht teilen im Team, als Team Ziele entwickeln und durchsetzen, alles allein entscheiden, Macht mit Herrschaft verwechseln... das sind beispielhafte Merkmale, an denen unterschiedlicher Umgang mit Macht erkennbar ist - nicht das Merkmal Geschlecht. Die Form der Machtausübung wird aber durchaus geschlechtsspezifisch bewertet: Wenn Frauen Machtpositionen übernehmen oder übernehmen wollen, ist das ihr gutes Recht und zunächst einmal 'nur' ein Beitrag zur Vollendung der Demokratie.

Wenn Frauen Führungsfunktionen anstreben, sollten sie offensiv dieses Ziel verfolgen, sich nicht 'verstecken'. Kompetent sach- und fachorientiert zu denken, zu handeln und zu argumentieren sind wichtige Voraussetzungen. Dabei darf frau aber nicht ihr Ziel aus den Augen verlieren und sollte entsprechend strategisch handeln. Vernetzung mit anderen kann nicht schaden, und je nach Organisation und anzustrebendem Amt kann auch eine Vernetzung mit Männern sinnvoll sein.

Positiv an Macht ist, dass Gestaltungskraft im besten Sinne entwickelt werden kann. Als Vertreterin von Frauenverbänden kann ich sagen, dass ich die Interessen von Frauen, so vielfältig sie auch sein mögen, in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einbringen kann – mit mehr oder weniger Erfolg. Negativ ist, wenn Macht missbraucht wird und zur Ausübung von Herrschaft - auch der über Menschen - verkommt."

Dr. Christine Bortenlänger

Dr. Christine Bortenlänger ist Geschäftsführerin der Börse München. Die 38-Jährige absolvierte eine Ausbildung zur Bankkauffrau sowie ein BWL-Studium und hat einen 16-jährigen Sohn.

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"Grundsätzlich gehe ich mit Macht nicht anders um als Männer, die ich als gute Führungskräfte bezeichne und die mir als Vorbild dienten und dienen. Macht verpflichtet zu viel Verantwortung! Mit Macht heißt es behutsam umzugehen. Macht muss man nicht demonstrieren, wenn man gute Argumente hat.

An Macht positiv sind ganz klar die großen Gestaltungsmöglichkeiten. Für mich ist nichts negativ an Macht, außer vielleicht gelegentlich eine schlaflose Stunde, wenn große Themen anstehen...

Frauen sind im Topmanagement immer noch untervertreten. Das liegt an verschiedenen Dingen: z. B. an fehlenden Ganztagsbetreuungskonzepten für Familien von Führungskräften, an fehlender gesellschaftlicher Akzeptanz, an nicht ausreichendem Mut von Frauen, an oft immer noch unterschiedlich hohem Einkommen von Mann und Frau in gleicher Position, an fehlenden Vorbildern/ Rollenmodellen für Mädchen und junge Frauen.

Frauen, die eine einflussreiche Position anstreben, sollten die Sache ganz natürlich angehen. Und beruflich das verwirklichen, was wirklich Spaß macht. Dann gelingt es, das Umfeld mitzureißen und zu überzeugen. Ich selbst hatte nie Schwierigkeiten, in meiner Rolle als Führungskraft akzeptiert zu werden, weder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch von Vorgesetzen. Ich habe keine 'gläserne Decke' und kein Mobbing erlebt."

Dr. Ursula von der Leyen

Dr. Ursula von der Leyen trat 1990 in die CDU ein, als ihr Vater, der frühere niedersächsische CDU-Ministerpräsident Ernst Albrecht, die Landtagswahl verlor. Heute ist die 46-Jährige Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Ursula von der Leyen studierte Medizin, ist Mutter von sieben Kindern und Mitglied in Angela Merkels Kompetenzteam.

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"Mein Credo ist, dass die Menschen, die Macht haben, sich täglich neu über ihre eigenen Grundhaltungen bewusst werden. Mit Klugheit und Weisheit sich um die Erkenntnis bemühen, was richtig, also menschen- und sachgerecht ist. Mir ist es wichtig, das Richtige dann auch mit Mut und Standfestigkeit in der richtigen Art und Weise zu tun - das gelingt natürlich nicht immer. Aber das Ziel dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.

Positiv an Macht ist die Möglichkeit, die eigene Welt mitzugestalten und Dinge wirklich zu ändern. Das bedeutet oft harte Arbeit, denn eine Veränderung muss nicht nur durchgesetzt werden, sondern sie muss sich dann auch in der Wirklichkeit als besser erweisen. Negativ an Macht ist die Tatsache, dass die Gefahr groß ist, nicht mehr auf den Rat anderer zu hören und damit betriebsblind zu werden.

Weise ausgeführte Macht ist kaum spürbar, sie wirkt durch gute Ergebnisse, nicht durch Anordnungen. Eine zentrale Aufgabe, Herausforderung und auch Kunst für Menschen, denen über einen längeren Zeitraum Macht anvertraut ist, besteht darin, demütig zu bleiben und sich jeden Tag klar zu machen, dass kein Mensch den 'Stein der Weisen' für sich allein besitzt, sondern wir alle nur mit Wasser kochen.

Frauen gehen stiller und unauffälliger mit Macht um als die Männer. Weibliche Eigenschaften werden in klassischen Männerpositionen (das sind in Deutschland nun mal mehr als anderswo die Führungspositionen) oft negativ belegt: 'Sie ist nicht voll einsetzbar, weil sie Kinder hat. Sie setzt sich nicht durch, weil sie nie auf den Tisch haut. Sie hat diese Position ja nur erreicht, weil sie so gut oder so schlecht aussieht...'

Ich rate Frauen: Kehren Sie den Spieß um. Ihre weiblichen Eigenschaften sind Ihr Plus, Sie müssen diese aber in sich entdecken und selbstbewusst an die Oberfläche tragen. Denn: Frauen, die Beruf und Familie managen, haben außergewöhnliche Führungsqualitäten. Sie sind belastbar, sie beherrschen Multitasking perfekt, sie sind Organisationstalente, sie sind flexibel, sich jederzeit auf wechselnde Situationen einzustellen, sie sind kommunikations- und teamfähig.

Mein Rat: Versuchen Sie niemals, ein zweitklassiger Mann zu werden, Sie sind eine erstklassige Frau."

Maria Jepsen

Maria Jepsen wurde 1992 zur weltweit ersten evangelisch-lutherischen Bischöfin gewählt und durchbrach damit eine über 2000-jährige Tradition. Bischöfin Jepsen ist heute 60 Jahre alt.

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"Das Diktatorische liegt mir sehr fern. Starre Hierarchien haben in einer evangelischen Kirche keinen Platz. Wir setzen eher auf Gemeinschaftsentscheidungen und Basisbeteiligung bei allen richtunggebenden Entscheidungen. Ich sehe meine Macht als Auftrag, mit anderen und für andere etwas zu bewegen oder zu verhindern, suche den Dialog gerade mit denen, die andere Positionen vertreten, und sehe es nicht als Niederlage an, wenn meine eingebrachte Meinung nicht durchkommt.

Macht kann schnell und (un-)heimlich sein. Macht kann missbraucht werden. Macht kann einsam machen und menschenfeindlich und zynisch. Die Geschichte ist voller Beispiele dafür.

Macht kann allerdings befruchtend mit anderen geteilt werden, transparent sein und damit eine Hilfe für gute Veränderungen und mehr gemeinsam getragene Verantwortung. Dann kann sie Lust machen und zu risikobereitem Handeln anstacheln.

Frauen auf dem Weg nach oben rate ich, sich nicht zu verbiegen, um irgendeine Position zu erreichen, sondern so zu bleiben, wie man/frau ist, mit allen Ecken und Kanten. Und es sollte vorher sehr wohl bedacht werden, dass Personen in Führungspositionen im privat-persönlichen Leben manche Abstriche zu machen haben, zumindest im (frei-)zeitlichen Bereich."

Dr. Heike Maria Kunstmann

Dr. Heike Maria Kunstmann ist Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Die 39-Jährige ist Diplom-Kauffrau und seit April 2005 im Amt.

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"Macht hat zwei Seiten, die sich nicht voneinander trennen lassen. Wer Macht hat, kann gestalten, aber für diese Gestaltungsfreiheit trägt er auch das Risiko der Fehlentscheidungen. Wer Macht hat, übernimmt Verantwortung, Tag für Tag und 24 Stunden. Diese Verantwortung bindet aber Lebensenergie und -zeit. Wichtig ist, dass man ein exzellentes Team schafft, auf das man sich verlassen kann: 'You cannot lean on somebody, who does not offer resistance.'

Mein Führungsstil ist das Ergebnis langjähriger Erfahrungen, die ich aus Theorie und Praxis mit zahlreichen Führungskräften im vor allem internationalen Umfeld gewinnen konnte. Führung ist gut, wenn sie authentisch zu der Person passt, die sie ausübt. Wenn ich glaubhaft sein will, wenn ich also für eine Organisation 'das Licht halten will', dann müssen mir die Mitarbeiter vertrauen können. Hysterisches Geschrei oder autoritäres Gehabe würde mir persönlich niemand abnehmen. Ich bevorzuge eine klare Sprache, die Probleme nicht liegen lässt, sondern aufgreift und schlicht löst. Ich kenne auch Männer, die so vorgehen. Hier geschlechterspezifische Trends herauszuarbeiten, überlasse ich gerne den Professoren.

Frauen, die eine Führungsposition anstreben, rate ich Folgendes: Die Start-Entscheidung für den Karriereweg sollte bewusst und realistisch getroffen werden. Man muss sich klar darüber werden, was dieser Schritt bedeutet: weniger Zeit für Familie, Freunde, Freizeit und persönliche Interessen. Und man muss die Einsamkeit vertragen können, die oft mit Macht einhergeht. Da Frauen meist auch die private Lebenssphäre managen müssen, müssen sie noch effizienter sein als Männer mit Disziplin, Ordnung, Zähigkeit und einer klaren Zieldefinition. Frauen haben besondere Stärken, die sie gut ausspielen können. Dazu gehört, zuhören und schweigen zu können, sowie richtig mit Emotionalität umzugehen."

Dr. Efstratia Zafeiriou

Dr. Efstratia Zafeiriou leitet die Marktforschung der Audi AG. Die 36-jährige promovierte Maschinenbau-Ingenieurin ist außerdem im Vorstand des Deutschen Ingenieurinnen Bundes (dib) tätig.

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"Ich glaube schon, dass es Unterschiede im Umgang mit Macht zwischen Frauen und Männern gibt. Männern ist die Ausübung von Macht eher vertraut und sie nehmen sie auch leichter und konsequenter an.

Die Stärke der Frauen liegt aus meiner Sicht darin, dass sie Macht mit emotionaler Intelligenz verbinden können und vielfach ihre Verhandlungspartner mit dieser Kombination überraschen und damit sehr erfolgreich sind. Ich kann mich subtiler durchsetzen, ich beobachte vieles und vor allem achte ich auf die Nachhaltigkeit meiner Entscheidungen. Dies geschieht dadurch, dass ich respektvoll mit Menschen und ihren Meinungen umgehe, ihnen zuhöre, Konflikte offen anspreche und damit für eine bessere Arbeitsatmosphäre und auch -ergebnisse sorge.

Macht bedeutet Entscheidungspartizipation. Dies bedeutet wiederum Freiheit. Negativ dabei ist, dass man nie ganz 'frei' ist, was wiederum positiv sein kann, wenn die Führungskräfte, die man 'vor sich' hat, weitsichtig und entscheidungswillig sind.

Das einzige was Frauen, vor allem in Deutschland fehlt: Mut! Alles andere haben wir im Überfluss: Emotionale Intelligenz, Belastbarkeit, Durchhaltevermögen, Sprachen, Interesse für andere Kulturen, Kommunikations- und Organisationstalente."

Gudrun Hock

Gudrun Hock ist Düsseldorfs Bürgermeisterin und studierte Volkswirtin. Die 47-Jährige ist seit 2004 im Amt.

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"Eine Frau, die führt, wird als Regelverletzung erlebt. Jede Führungsfrau löst eine erhebliche Unruhe und Verhaltensunsicherheit bei Männern aus. Männer scheinen bestrebt zu sein, diese Unsicherheit abzuwehren, und Macht und Privilegien an denjenigen weiterzugeben, der 'dazu passt'.

Die Anforderungen an den neuen, pro-sozialen Führungsstil decken sich zum großen Teil mit den Merkmalen des so genannten weiblichen Führungsstils. Frauen in der Politik werden oft als vermeintlich 'kritische Negation des Bestehenden' verstanden. Sie werden gebraucht, wenn 'Not am Mann ist' - siehe Merkel. Frauen werden mit Werten wie Transparenz, Emotionalität und Bindung verbunden. Gleichzeitig wird unterstellt, dass sich 'Vieldimensionalität, Flexibilität, soziale Kompetenz...' quasi von selbst entwickelten. Diese Fähigkeiten müssen sich aber Frauen wie Männer erarbeiten. Vielleicht jedoch haben Frauen einen Sozialisationsvorsprung, weil sie von klein auf zu Expertinnen menschlicher Beziehungen (zum Beispiel im Puppenspiel, im Freundinnenaustausch usw.) gemacht werden.

Zweifelsohne ist positiv an Macht, dass sie die Voraussetzung dafür ist einzugreifen, vor allem etwas zu gestalten, ein inhaltliches Ziel umzusetzen. Die negative Seite ist, dass viele von der Macht korrumpiert werden, sich von Eitelkeiten leiten lassen oder Macht missbrauche, um sich selbst ein Denkmal zu setzen und andere zu beherrschen. Die Macht der Verhältnisse kann auch dazu beitragen, dass man gute Ziele aus den Augen verliert. Macht macht manchmal einsam.

Realitätssinn, Selbstkritik und die Fähigkeit, ständig mit anderen im kritischen Dialog zu stehen sind Tugenden, die verhindern, sich von den negativen Seiten und Automatismen der Macht einfangen zu lassen.

Frauen, die eine Machtposition erreichen wollen, sollten sich auf Zwickmühlen und widersprüchliche Erwartungen einstellen: Einerseits wird erwartet, dass der weibliche Führungsstil innovativ wirkt, andererseits wird angenommen, dass Frauen zur Führung nicht geeignet sind.

Mein Rat: Vernetzen Sie sich. Frauennetzwerke sind inhaltlich nützlich! Machen Sie gezielt auf sich aufmerksam. Viele Männer in hohen Positionen sehen ganz selbstverständlich 'den neuen Mann', sind Förderer anderer Männer und können sich die Frau als potenzielle Machtträgerin und Nachfolgerin kaum vorstellen. Ihre Suche richtet sich dementsprechend nach dem 'Ähnlichkeitsprinzip'. Sie müssen also 'Sehhilfen' anbieten und Selbstmanagement betreiben. Und: Setzen Sie sich dem Thema Frauen und Macht bzw. Führung auseinander. Denn häufig wird das Verständnis gepflegt, Frauen hätten eine 'Macht-Distanz', und sie 'trauten sich zu wenig zu'."

Eva Weber

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