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Meilenstein-Grundsatzurteil Frauen dürfen nicht weniger verdienen, weil Männer besser "verhandeln"

Jemand hält zwei unterschiedliche Stapel Geld in die Höhe.
© Andrey Popov / Adobe Stock
Der Mann habe einfach besser verhandelt, so die Begründung eines Metallunternehmens in Meißen bei Dresden, um die Unterschiede der Gehälter zwischen Mann und Frau zu rechtfertigen. Ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts weist diese Argumentation jetzt zurück: Gleicher Lohn hängt nicht vom Verhandlungsgeschick ab.

Bei der Einstellung das gleiche Gehalt – egal ob Mann oder Frau, das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Diese Regelung gelte auch dann, wenn ein männlicher Bewerber durch Verhandlungsgeschick ein höheres Gehalt durchsetzt. Eine weibliche Bewerberin dürfe in ihrem neuen Job dann nicht schlechter bezahlt werden. Eine ungleiche Bezahlung weise sonst auf eine verbotene Diskriminierung aufgrund des Geschlechts hin.

Frau erhält bei gleicher Qualifikation 1.000 Euro weniger Gehalt

Bei der aktuellen Klage geht es immerhin um 1.000 Euro weniger Gehalt. Geklagt hatte die Mitarbeiterin Susanne Dumas eines Metallunternehmens in Meißen bei Dresden. Zu Beginn ihres Arbeitsverhältnisses im März 2017 wurden ihr 3.500 Euro monatlich in der Probezeit geboten. Ab November sollte zusätzlich eine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt werden. Zwar willigte sie ein, stellte jedoch später fest, dass zwei männliche Kollegen deutlich höhere Gehälter hatten als sie. Einer der beiden wurde nur drei Monate vor ihr eingestellt – auf der gleichen Position –, verdiente in der Probezeit aber rund 1.000 Euro mehr.

Trotz der Einführung eines Tarifvertrages betrug der Gehaltsunterschied noch immer etwa 500 Euro. Die 44-Jährige forderte ihren Arbeitgeber auf, die Löhne anzupassen und ihr einen Lohnnachschlag zu zahlen. Dies verweigerte der Arbeitgeber und rechtfertigte: Der Mann habe einfach besseres Verhandlungsgeschick gezeigt. Es hätten beide zunächst das gleiche Angebot erhalten. Ihr Kollege habe einfach mehr verlangt, bevor er den Vertrag unterschrieb. Zudem hätte er eine Leitungskraft ersetzen sollen. Mit der Berufung auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit hatte das Unternehmen in den Vorinstanzen (Arbeits- und Landesarbeitsgericht in Sachsen) noch Erfolg.

Bundesarbeitsgericht kippt Urteil vorheriger Instanzen

Die Argumentation scheiterte vor dem Bundesarbeitsgericht. Der 44-jährigen Klägerin wurden 14.500 Euro zugesprochen, zusätzlich zu einer Diskriminierungsentschädigung in Höhe von 2.000 Euro. "Ich denke vor allem an meine Töchter und an alle Frauen in Deutschland und bin so froh über diesen Meilenstein", sagt Dumas nach der Verhandlung.

Der Arbeitgeber habe "die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt", sagte die Vorsitzende Anja Schlewing. Eine gehaltliche Benachteiligung wegen des Geschlechts kann ab jetzt vom Arbeitgeber nicht mehr durch besseres Verhandlungsgeschick gerechtfertigt werden. Genauso ist eine perspektivische Möglichkeit eines Leitungsjobs kein Argument, so Schlewing.

Bei diesem Urteil handelt es sich um eine sogenannte Grundsatzentscheidung. Dies sind Urteile oder Beschlüsse oberer oder oberster Gerichte, die Rechtsfragen von grundsätzlichem Interesse erstmals klären.

Verwendete Quellen: tagesschau.de, freiheitsrechte.org, deutschlandfunk.de

slr Brigitte

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